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Cheibani Wague: Prozess beginnt

Cheibani Wague |&copy APA
Cheibani Wague |&copy APA
Fast zwei Jahre nach dem Tod von Cheibani Wague startet nun der Prozess - sechs Polizisten und drei Sanitäter fixierten ihn minutenlang in Bauchlage, was laut Anklage zu Herz-Kreislauf-Versagen führte - Notarzt wird Untätigkeit vorgeworfen.

Sechs Polizisten, ein Notarzt, zwei Sanitäter und ein Sanitätsgehilfe müssen sich in diesem Zusammenhang ab kommendem Dienstag wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen im Straflandesgericht verantworten. Vorerst sind drei Verhandlungstage anberaumt. Im Falle von Schuldsprüchen drohen den zehn Beschuldigten bis zu drei Jahre Haft.

Cheibani Wague – ein gebürtiger Mauretanier, Student der Atomphysik, mit einer Wienerin verheiratet – hatte im so genannten Afrikadorf als Nachtwächter gearbeitet. Nach einer verbalen Auseinandersetzung mit seinem Chef rief dieser am 15. Juli 2003 die Polizei zu Hilfe: Der 33-jährige Wague soll heftig zu toben begonnen haben.

Atemnot führte zu Herz-Kreislauf-Versagen

Die folgende Amtshandlung, bei der Wague zu Boden gerungen wurde und mit einer Haldol-Spritze beruhigt werden sollte, überlebte der Schwarzafrikaner nicht: Laut Anklage geriet er auf Grund des behördlichen Vorgehens in schwere Atemnot, was schließlich zu einem Herz-Kreislauf-Versagen infolge akuten Sauerstoffmangels führte.

Staatsanwältin Sabine Rudas-Tschinkel benötigt in ihrem fünfeinhalb Seiten umfassenden Strafantrag zwei Seiten, um ihre Vorwürfe auf den Punkt zu bringen: Den Polizisten und den Sanitätern legt sie zur Last, dadurch fahrlässig Wagues Tod herbeigeführt zu haben, „dass sie Ä…Ü diesen, als er bereits mit am Rücken gefesselten Händen die Flucht zu ergreifen versuchte, zu Boden brachten und ihn sodann in Bauchlage zumindest fünf Minuten lang festhielten“.

Cheibani Wague hatte keine Chance

Wie dem Strafantrag zu entnehmen ist, hatte Wague keine Chance, sich aus seiner misslichen Lage zu befreien, die in einem Erlass des Innenministeriums an sich als unzulässig eingestuft wird: Zwei Polizisten drückten seinen Kopf zu Boden, ein dritter den Hand- und Schulterbereich. Ein weiterer Beamter fixierte Wague am Oberkörper und im Bereich der gefesselten Hände, „wobei er das linke Knie in den Rücken des Cheibani Wague presste“ (Strafantrag). Eine Polizistin hielt schließlich den rechten Oberschenkel umfasst, ein sechster Kollege den rechten Fußknöchel.

Die drei Sanitäter beteiligten sich laut Anklage insofern an der Amtshandlung, indem sie ebenfalls die Füße niederdrückten und so den Wehrlosen gemeinsam mit den Polizisten „zumindest während der ersten Minuten teilweise unter Einsatz des gesamten Körpergewichts und durch Versetzen von Faustschlägen durch einen nicht mehr feststellbaren Beamten am Boden in Bauchlage festhielten“.

Notarzt stand daneben und sagte nichts

Dem 57-jährigen Notarzt wirft die Staatsanwältin vor, dass er bei dem Einsatz „tatenlos daneben stand und es unterließ, die Polizeibeamten sowie auch die intervenierenden Sanitäter darauf aufmerksam zu machen, dass durch diese Art und Dauer der Fixierung die Gefahr des Todeseintritts bestehe“.

Sie geht davon aus, dass der erfahrende Notfallmediziner erkennen hätte müssen, „dass es sich beim Zustand des Cheibani Wague um eine tobende Psychose handelte, bei der die erwähnte, an sich gefährliche Art und Dauer der Fixierung die Wahrscheinlichkeit des Todeseintritts begünstigt“. Er hätte daher die Beamten auffordern müssen, „sofort von einer Fixierung dieser Art Abstand zu nehmen“.

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