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Causa Burgtheater: Zweiter Tag im Hartmann-Prozess in Wien

Matthias Hartmann am Mittwoch im Gerichtssaal.
Matthias Hartmann am Mittwoch im Gerichtssaal. ©APA
Ex-Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann geht gerichtlich gegen seine Entlassung vor. Der zweite Prozesstag in Wien gestaltete sich inhaltlich zäh, aber dafür umso emotionaler. Hartmann platzte vor Gericht der Kragen, er schrie und gestikulierte wild bei seiner Einvernahme.
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Während am Vormittag im Gerichtssaal mühevoll Details zu Urkunden geklärt wurden, die trotz Aufforderung von Richterin Kristina Heissenberger nicht bar von Redundanzen waren, wurde am Nachmittag Hartmann, der eine Entschädigung fordert, einvernommen.

“Wir werden beginnen, das zu klären”

“Wir kreisen darum, dass er (Burgtheater-Anwalt Bernhard Hainz, Anm.) sagt, Hartmann war am System Stantejsky beteiligt, und Sie (Hartmann-Anwalt Georg Schima, Anm.) sagen Nein. Wir werden heute beginnen, das zu klären”, sagte die Richterin bereits am Vormittag, als die Vorwürfe in lautem Wortgefecht hin- und herflogen. Im Laufe des Verfahrens wurden etwa Honorarbelege vorgelegt, die Hartmann bisher noch nicht gekannt hatte, was Anwalt Schima sichtlich erregte, der in weiterer Folge gar so weit ging, die Prozessleitung Heissenbergers zu hinterfragen.

Hartmann platzte der Kragen

Hartmann selbst platzte am Vormittag einmal der Kragen, als ihm vorgeworfen wurde, er habe vom “System Stantejsky” gewusst und sei daran beteiligt gewesen. “So ein Schwachsinn!”, rief der Ex-Direktor, der ein andermal den Zeigefinger Richtung Ex-Holding-Chef Georg Springer erhob und zischte: “Nicht lügen! Nicht lügen!”. Konsequenterweise bat Hartmann nach der Mittagspause darum, dass Springer während seiner Einvernahme den Raum verlasse, was dieser auch tat.

Sätze wie “Wir wollen uns jetzt alle wieder beruhigen!”, “Sie wissen schon, dass wir das Verfahren irgendwie effizient führen müssen” oder “Um weitere Verzögerungen zu vermeiden, unterlassen Sie es bitte, zu unterbrechen” seitens der Vorsitzenden Heissenberger konnten die aufgeheizte Situation immer nur kurzfristig beruhigen.

Entlassung wird infrage gestellt

Die Hartmann-Anwälte stellten in ihren Vorbringen einmal mehr die Entlassung infrage, indem sie auf Interimsdirektorin Karin Bergmann verwiesen: “Für eine berechtigte Entlassung muss die Weiterbeschäftigung auch nur für kurze Zeit unzumutbar gewesen sein. Diese Unzumutbarkeit war offenbar nicht gegeben, wenn das Burgtheater Matthias Hartmann einerseits nicht ordnungsgemäße Versteuerung vorwirft und andererseits als Nachfolgerin mit Frau Bergmann jemanden bestellt, von der bekannt und eingestanden ist, dass sie bar bezogenes Vertretungshonorar nicht versteuerte.”

Auch die Transkripte von Aufsichtsratssitzungen sorgten für Unmut, diese hätten nicht an die Presse weitergegeben werden dürfen und hätten lediglich “der Stimmungsmache” gedient, so Hainz. Der Anwalt kündigte deshalb ein weiteres “gerichtliches Nachspiel” gegen Hartmann an. Die Weitergabe sei eine “Verletzung des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses”. Schima hielt dem entgegen, es müsse nicht zwangsläufig Hartmann gewesen sein, der die Unterlagen weitergab.

Seit 2006 Burgtheater-Direktor

Ausführlich wurde auch die Frage diskutiert, von wem Hartmann 2006 eigentlich bestellt wurde und wer dazu befugt gewesen sei, ihn wieder abzuberufen. Zum Burgtheater-Direktor sei er im Mai/Juni 2006 in Form einer “brieflichen Absichtserklärung” durch den damaligen Kunststaatssekretär Franz Morak (ÖVP) ernannt worden. Eine Ausfertigung seines Vertrags habe er “erst später bekommen. Das hat mich überrascht.” Die Gründe für die Beendigung seines Dienstverhältnisses habe er im Vertrag “gelesen und akzeptiert”. “So, wie ich das da gelesen habe” wäre zur Abberufung nur der Bundeskanzler berufen gewesen: “Das gibt einem schon eine gewisse Sicherheit.”

Seine Verlängerung durch die damalige Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ), die am 1. September 2014 in Kraft treten sollte, habe er “per Mail und dann per Boten durch Post bekommen”, so Hartmann weiter. Nach Auffassung von Hartmann hätte er erst ab Inkrafttreten seiner fünfjährigen Verlängerung im Herbst 2014 vom Kulturminister abberufen werden können. Für ihn ein weiteres Indiz, dass seine Entlassung nicht rechtens war.

Honorare wurden nicht versteuert

Ausführlich besprochen wurde auch noch Hartmanns Steuerschuld aufgrund seiner nicht versteuerten Vorbereitungshonorare, die als Entlassungsgrund geführt wird. Hartmann hatte einen Teil der 273.000 Euro in einem Depot der damaligen kaufmännischen Geschäftsführerin Silvia Stantejsky belassen, die damit verschiedene Buchungsvorgänge vorgenommen habe. Irgendwann habe er zu Stantejsky aber gesagt: “Mir raucht der Kopf vor lauter Zettelwerk”, woraufhin diese ein Dokument erstellt habe, in dem alles zusammengefasst werden sollte. Dieses Dokument konnte am Mittwoch nicht vorgelegt werden.

Warum er das Geld nicht versteuert habe, wollte Richterin Heissenberger wissen: “Ich habe mich gefreut, dass ich hier einmal in meinem Leben Geld anhäufe, ohne dass ich es gleich wieder ausgebe”, so Hartmann als Begründung, warum er das Geld bei Stantejsky nicht abgeholt habe. Es sei ein privater, freundschaftlicher Dienst Stantejskys gewesen, das Geld am Haus zu behalten. “Das kannst du später holen”, habe sie gesagt. Zudem habe sie ihm in weiterer Folge angeboten, auch als seine Steuerberaterin zu fungieren. Erst 2010 habe er einen eigenen Steuerberater aufgesucht, den ihm Stantejsky empfohlen habe. Über Versteuerung habe er sich keine Gedanken gemacht, da er den ganzen Betrag nicht abgehoben habe, sondern immer “in Tranchen” Teilbeträge erhalten habe – insgesamt 110.000 Euro, die er ebenfalls nicht versteuerte. “Es war mir dann schon klar, dass ich Nachlässigkeiten bereinigen muss.” Dies habe er auch dem Anwalt Thomas Angermair anvertraut, als er diesen einmal um eine – von Rudolf Scholten vermittelte – Rechtsberatung gebeten hatte.

Warum wurde Hartmann entlassen?

Über den Tag seiner Entlassung weiß Hartmann nur mehr wenig: “Ehrlich gesagt war ich so aufgeregt, dass ich es nicht verstanden habe”, erklärte er zu den insgesamt drei Entlassungsschreiben, die man ihm auf den Tisch gelegt habe. Man habe “mir nicht klar sagen können, warum ich entlassen werde”. Auf Anraten seines Anwalts habe er sich entschieden, “dagegen anzugehen”. Er halte die Entscheidung des Ministers “für ungerecht und falsch”.

Enttäuscht von Josef Ostermayer

Das Verhalten von Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) schien Hartmann nach wie vor im Magen zu liegen. “Es wäre ein Gebot der Fairness gewesen, wenn er mich gefragt hätte, ob die Vorwürfe gerechtfertigt sind”, hielt der Ex-Burgtheater-Direktor fest. Das sei unterblieben. Ostermayer habe ihm keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und ihn “gefeuert”. Unter dem Eindruck eines laut Hartmann gefälschten Belegs, demzufolge der geschasste Burg-Chef von Stantejsky im Juli 2009 233.000 Euro in bar erhalten habe, sei seine bis dahin durchaus freundschaftliche Beziehung zu Ostermayer “schlagartig vereist”, sagte Hartmann. Der getürkte Beleg habe dazu geführt, “dass ein Minister, der vor der Presse gut da stehen will, der die Öffentlichkeit sucht, von mir wegspringt, als hätte ich die Lepra”.

Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt

Die Einvernahme des Ex-Burgtheater-Direktors Matthias Hartmann war nach rund achtstündiger Befragung um 18.30 Uhr beendet. Um 18.45 Uhr wurde der langjährige Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, Georg Springer, in den Zeugenstand gebeten. Laut Richterin Kristina Heissenberger wird “open end” verhandelt, nach Springer soll am Mittwoch noch Ex-Kulturminister Rudolf Scholten vernommen werden. Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. (APA)

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