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Burgtheater: Hartmann im Kreuzfeuer der Kritik - nun auch aus der Schweiz

Scharf kritisiert: Burgtheater-Direktor Hartmann
Scharf kritisiert: Burgtheater-Direktor Hartmann ©APA
Matthias Hartmann, seines Zeichens Burgtheater-Direktor, der wegen eines Millionendefizits und nach einem Misstrauensvotum des Ensembles unter Druck steht, holt nun auch seine Vergangenheit in Zürich ein. Das Ungarische Nationaltheater sagte wegen der Vorwürfe ein geplantes Festival in Wien ab.
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Dass Hartmann das Schauspielhaus Zürich als Sanierungsfall übernommen und saniert habe, sei unwahr. Diese Darstellung von Hartmann entspricht laut der Kulturabteilung der Stadt nicht den Tatsachen, berichtet das Magazin “profil” in der aktuellen Ausgabe. Mehr noch, diese Behauptung sei eine “mutwillige Beleidigung”, wird der ehemalige Direktor der Kulturabteilung der Stadt Zürich, Jean-Pierre Hoby, zitiert.

Direktor schrieb Verluste

Hartmanns Vorgänger Andreas Spillmann hat die Spielzeit 2004/05 demnach mit einem Gewinn von 222.610 Schweizer Franken (182.150 Euro) abgeschlossen und die Reserven um 411.949 Franken (337.080 Euro) erhöht. Hartmann habe seine erste Spielzeit dagegen mit einem Verlust von 229.181 Franken (187.530 Euro) abgeschlossen, so Hoby.

Der Verlust wäre den Angaben zufolge weit höher ausgefallen, wenn unter Hartmanns Leitung nicht stille Reserven in der Höhe von 1,66 Mio. Franken aufgelöst worden wären, wenn die Rückstellungen nicht um 1,76 Mio. Franken abgebaut und die Abschreibungspraxis für die Immobilie “Schiffbau” nicht verändert worden wäre, erläutert Hoby gegenüber dem “profil”. Die Behauptung, Hartmann habe das Schauspielhaus sanieren müssen, hat für Hoby nur ein Ziel: “Andere zu erniedrigen, um sich selber zu erhöhen!”

Burgtheater Causa: Kritik an Hartmann

In der Schweiz wird die Causa jedenfalls aufmerksam und wenig freundlich beobachtet. Der “Tagesanzeiger” schrieb in einer “Analyse” vor wenigen Tagen, dass Hartmann auf das “finanzielle Desaster” im Burgtheater so reagiere, wie er in Krisensituationen immer reagiert habe – “mit minimalem Schuldbewusstsein und maximaler Schuldzuweisung. Es sind immer die anderen, die Mist gebaut haben: sein Vorgänger, seine engste Mitarbeiterin, die geizige Regierung, welche die Subventionen nicht erhöhen will.”

Dass sich Hartmann als Künstler geriert, der sich auf seine kaufmännische Abteilung verlassen können müsse, nehme dem 50-Jährigen jedenfalls kaum jemand ab, so die Zeitung.

“So fing es auch in Zürich an”

“Und auf einmal interessieren sich die Journalisten auch für seinen luxuriösen Lebensstil, für die teuren Premieren, für die Aufträge an seine Frau, seine Schwester und deren Mann. Hartmann dürfte das alles bekannt vorkommen. So fing es auch in Zürich an. Auch dort hielt sich der Direktor für unschuldig: als Opfer ‘antideutscher Ressentiments’.”

Schon bei Hartmanns Weggang aus Zürich fiel die Bilanz einst zwiespältig aus. Die Schweizer Nachrichtenagentur sda schrieb 2009, dass der Abschied “von einer Reihe unschöner Querelen um Geld und Stellenwert der (Theater-)Kunst” überschattet wurden. “Es gab den Streik des technischen Personals, gehässige Verlautbarungen und gegenseitige Beschuldigungen. In Wien (…) verspricht sich Hartmann ein anderes Klima als an der Limmat, wo man – so seine Einschätzung – das Theater als zwar angenehme, aber nicht so unabdingbare zentrale Institution betrachte. On verra.”

Ungarns Nationaltheater sagt Gastspiel ab

Das Ungarische Nationaltheater verzichtet indessen auf eine Teilnahme am für März geplanten “Ungarn-Festival” am Wiener Burgtheater. Das teilte Intendant Attila Vidnyanszky dem Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann in einem Brief mit. Wie die ungarische Nachrichtenagentur MTI am Sonntag zitiert, hätte Vidnyanszky als Gründe der Absage die “um das Burgtheater entstandene unsichere Lage” angeführt.

Der Intendant berief sich in seinem Brief auf Informationen aus Wien. “Wir lesen in den Medien, dass das von Ihnen geführte Theater bei einem Budget von 50 Millionen Euro 8,3 Millionen Euro Verluste anhäufte.”

Absage wegen der “unsicheren Lage”

Diese Nachrichten würden im Zusammenhang mit Hartmann weiter von “Veruntreuung, Datenfälschung, kreativer Buchhaltung, Überweisen von öffentlichen Geldern auf Privatkonten” und darüber berichten, dass “Sie Ihren Bruder und Schwager mit der Leitung des Jugend-Programms betrauten”. Vor diesem Hintergrund sei das Burgtheater “nicht der richtige Schauplatz, um hinsichtlich der Angelegenheiten eines anderen Landes die Vermittlerrolle zu spielen”.

Laut Vidnyanszky hätte sein Theater ursprünglich die Einladung des Burgtheaters nach Wien angenommen, obwohl dessen Direktor die Einladung des Ungarischen Nationaltheaters zu einem internationalen Theater-Festival nach Budapest im September 2013 abgelehnt hatte.

Vidnyanszky will Nationaltheater schützen

Als Grund wurde damals angeführt, der gute Ruf des Burgtheaters solle nicht benützt werden, “um den beschädigten Ruf der ungarischen Kulturpolitik zu reparieren”. Methode und Argumente der Ablehnung bezeichnete Vidnyanszky in seinem Brief als “außerordentlich beleidigend”.

Vidnyanszky wolle sein Theater und dessen Ensemble nun davor schützen, dass sie wegen der im Burgtheater und im österreichischen Theaterleben “tobenden Debatten, wegen Ereignissen mit Skandalgeruch zu irgendeinem Spielball werden”, begründete der Intendant die Absage, obwohl sich sein Ensemble lange auf “Johanna auf dem Scheiterhaufen” vorbereitet hatte, die den Angaben zufolge teuerste Vorstellung des Nationaltheaters.

(apa/red)

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