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Bundesstaatsanwalt: Kurz kritisiert WKStA

WKStA lässt ÖVP nach Bundesstaatsanwalt rufen.
WKStA lässt ÖVP nach Bundesstaatsanwalt rufen. ©APA
Der Konflikt zwischen ÖVP und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat über Jahrzehnte Undenkbares möglich gemacht. Just die Volkspartei rief am Montag nach der Etablierung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hielt der WKStA "zahlreiche Verfehlungen" vor.
ÖVP stimmt Bundesstaatsanwalt zu

Genau diesen an der Spitze der Weisungskette hatte die ÖVP ihren roten und grünen Koalitionspartnern über viele Jahre verwehrt. Erfreut über die neue Wendung zeigten sich Staatsanwälte und Richter. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hielt der WKStA "zahlreiche Verfehlungen" vor.

Kurz sieht "dringenden Änderungsbedarf" bei WKStA

"Es hat so viele Verfehlungen gegeben, dass ich glaube, dass es dort dringenden Änderungsbedarf gibt", sagte Kurz bei einer Pressekonferenz nach Beratungen mit Experten zur Corona-Pandemie. Kurz führte alles aus, womit die Staatsanwaltschaft während der vergangenen Monate in die Schlagzeilen gekommen war: die rechtswidrige Hausdurchsuchung im BVT, eine Anzeige gegen eine Journalistin sowie gegenseitige Abhörungen und Anzeigen innerhalb der Beamtenschaft, womit auf den Dauerkonflikt zwischen WKStA und Oberstaatsanwaltschaft bzw. Sektionschef Christian Pilnacek angespielt wird. Zudem seien in den letzten Jahren von 40.000 Beschuldigten nur 400 überführt worden. "Damit war von 100 nur einer schuldig, 99 sind es nicht." Die zu Unrecht Beschuldigten seien aber oft in der Öffentlichkeit gestanden und ihre Karieren seien zerstört worden, so Kurz. Die ÖVP sei lange gegen diese Reform gewesen, habe nun aber ihre Meinung geändert.

Wie das Modell genau aussehen soll, ließ VP-Klubchef August Wöginger, der den Vorstoß lanciert hatte, noch offen. Er will sich an Deutschland und der Schweiz anlehnen. Davor soll es eine breite Experten-Debatte geben.

Angeschlagene Stimmung in der Koalition

Der schlechten Koalitionsstimmung entsprechend bemühten sich die Grünen umgehend, den Ruf nach dem Bundesstaatsanwalt als Ergebnis ihres Drucks darzustellen und in Richtung ÖVP zu hacken. In den Regierungsverhandlungen habe die ÖVP dieses Anliegen noch vehement blockiert, erinnerte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der aktuell in Vertretung von Alma Zadic (Grüne) die Justizagenden betreut. Klubobfrau Sigrid Maurer fand die Begründung der ÖVP für ihr Umdenken "äußerst durchsichtig", werde die ÖVP ja nicht müde, ihre neue Forderung mit Kritik an der WKStA zu verbinden.

Anlass für die ÖVP-Initiative sind wohl tatsächlich die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), die zuletzt trotz einer nicht allzu eindeutigen Verdachtslage zu einer Hausdurchsuchung beim Ressortchef geführt hatten.

Vereinigung der Staatsanwälte begrüst Ruf nach Bundesstaatsanwalt

Warum auch immer der Sinneswandel kam, die Vereinigung der Staatsanwälte nimmt sie freudig entgegen. Deren Vorsitzende Cornelia Koller pochte im APA-Gespräch auf einen großen Wurf, damit ein möglichst großes Vertrauen in die Position gegeben sei. Der Bundesstaatsanwalt solle von einer vom Bundespräsident eingesetzten Kommission bestellt werden und bis zur Pension im Amt bleiben. Die Vorsitzende der Richtervereinigung Sabine Matejka betonte gegenüber der APA, es brauche eine Regelung, dass bei der Ernennung nicht über Umwege wieder politischer Einfluss ausgeübt werden könne. Was die Person angeht, würde es Matejka begrüßen, wenn diese eine Befähigung für das Richteramt vorweisen könnte.

Reaktionen aus der Opposition

Die SPÖ verwies darauf, dass man schon seit über 20 Jahren einen Bundesstaatsanwalt fordere. Justizsprecherin Selma Yildirim will konkret einen vom Parlament gewählten, unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalt als Weisungsspitze gegenüber den staatsanwaltschaftlichen Behörden. Dieser soll auf eine Dauer von zwölf Jahren bestellt werden und nicht wiedergewählt werden können.

"Unabhängig und ÖVP, das passt nicht zusammen", meinte FPÖ-Klubchef Herbert Kickl in einer Aussendung. Wögingers Vorstoß sei daher der Sache nach eher eine gefährliche Drohung denn ein angeblicher Akt einer Justizreform.

Die NEOS reagierten abwartend bis spöttisch: "Wir sehen, was in diesem Land plötzlich möglich ist, wenn die ÖVP unter Druck gerät und von den laufenden Ermittlungen gegen Finanzminister Blümel ablenken will", meinte Justizsprecher Johannes Margreiter in einer Aussendung. In politisch brisanten Strafverfahren müsse jeder Fall von den Staatsanwaltschaften bis hinauf ins Ministerium berichtet werden. Aufgrund dessen sei es auch so wichtig, dass jeglicher Verdacht von Voreingenommenheit oder politischer Einflussnahme verhindert wird.

(APA/Red)

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