Ein Orgelakkord dröhnte permanent durch das Burgtheater, eine Blaskapelle marschierte durch die Gänge und vor der Bühne nahm immer wieder die Junge Philharmonie Wien Platz. Und auch der übelerregend süßliche Geruch des Blutes und des Fleisches gemahnte beständig an die in den verschiedenen Teilen des Hauses ablaufenden Aktionen.
Nackte Menschen mit Gedärmen beladen
Nackte Menschen auf leinwandweißen Bahren wurden mit Gedärmen beladen über die Stiegen getragen und zu lebenden Bildern stilisiert. Kreuze und Lanzen lieferten die symbolbeladene Bildsprache des nonverbalen Theaters des Hermann Nitsch, der die Abläufe stumm, eingereifend nur mit seiner Trillerpfeife, beobachtete.
Mit gereckten Hälsen versuchte man Anfangs, Blicke zu erhaschen. Doch dann verstreute sich das Publikum (1.200 Karten waren aufgelegt und sofort verkauft worden) im ganzen Haus. Im Zuschauerraum war das Geschehen geruchsneutral gemütlich aus dem Theatersessel zu beobachten, während die nackten Akteure auf den ungeheizten Stiegen unter den Kadavern vor Kälte zitterten. Und hinterher versuchten die Putzfrauen, den Blutspuren am Parkett Herr zu werden.
Stier wurde ums Burgtheater getragen
Das nur grob umrissene Programm sah als Höhepunkt für 19.30 Uhr vor, dass ein (schon vorher in der Metzgerei) geschlachteter Stier um das Burgtheater getragen wird – vorbei am bunten Christkindlmarkt. Es ist das Aufeinandertreffen dieser unterschiedlichen Welten – Orgien Mysterien Theater, die altehrwürdige Burg und der Touristenkitsch – die der Aktion ihre spezielle Konotation gaben und auch den Blick auf das, was sonst in diesen heilgen Repräsentationskunsthallen gespielt wird, schärften.