Am Montag wird im Wiener Straflandesgericht der Mordprozess gegen den 71-jährigen Samad A. fortgesetzt, der am 22. Juli 2010 in einem Wiener Innenstadt-Büro einen Mann erschossen und zwei weitere schwer verletzt hatte. Der Angeklagte, der Anfang 2010 bedingt aus einer langjährigen Haftstrafe entlassen worden war – er hatte in versicherungsbetrügerischer Absicht sein Haus anzünden lassen -, war zu einer “Aussprache” mit den drei ihm seit langem bekannten Männern erschienen. Er vermeinte, dass einer der drei ihm aus gemeinsamen Geschäften 250.000 Euro schuldete.
Verhandlungsauftakt zum Mordprozess im Juni
Nachdem sich die Männer um einen Konferenztisch gesetzt hatten, zog Samad A. eine Pistole und richtete laut Anklage einen 75-jährigen Mann regelrecht hin, indem er ihm zunächst in die Brust schoss. Dann ging er um den Tisch herum, “um sich eine bessere Schussposition zu verschaffen” (Anklageschrift), und feuerte dem Opfer ins Gesicht und in den Hals. Im Anschluss wandte er sich den anderen beiden zu, wobei er einen 58-Jährigen, der dreimal getroffen wurde, lebensgefährlich verletzte. Am Ende zielte er auf seinen Schuldner, wobei er dem 68-Jährigen laut Anklage einen Kopfschuss verpassen wollte. Das Projektil streifte aber nur den Kiefer, danach war das Magazin der Pistole leer. Der 71-Jährige hatte beim Verhandlungsauftakt zum Mordprozess im Juni erklärt, die Schüsse wären “unabsichtlich” losgegangen.
Angeklagter beantwortet keine Fragen
Im Prozess hatte sich Samad A. mit Erinnerungslücken verantwortet und erklärt, die Schüsse hätten sich unabsichtlich gelöst. Das stand in deutlichem Gegensatz zu seiner Verantwortung unmittelbar nach der Festnahme, als er den Polizisten erzählte, er habe auf drei Männer geschossen. Als er damit am Montagnachmittag im Zuge seiner ergänzenden Einvernahme konfrontiert wurde, ließ der 71-Jährige Dampf an. Diesbezügliche Fragen wollte er nicht mehr beantworten.
Der Angeklagte war erst im Jänner 2010 vorzeitig auf Bewährung aus einer fünfeinhalbjährigen Haftstrafe entlassen worden – er hatte in versicherungsbetrügerischer Absicht sein Haus in Niederösterreich anzünden lassen. 1986 war er wegen Drogenhandels in groß angelegtem Stil zu 14 Jahren verurteilt worden, wovon er immerhin zehn Jahre absaß. Er konnte nach seiner Entlassung deshalb nicht in seine Heimat abgeschoben werden, weil Suchtgifthändlern im Iran die Todesstrafe droht.
Seinem Ersuchen um vorzeitige bedingte Entlassung – regulär wäre er erst in der zweiten Jahreshälfte 2010 und damit zeitlich nach dem Blutbad im Büro in der Weihburggasse auf freien Fuß gekommen – , nachdem der Mann in seiner schriftlichen Eingabe versichert hatte, er sei “geläutert”, “werde nie wieder etwas machen” und bitte daher um “eine letzte Chance”.
(apa)