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Blümels Knacka****

Der heutige Gastkommentar von Johannes Huber.
Der heutige Gastkommentar von Johannes Huber. ©APA/HERBERT P. OCZERET
Gastkommentar von Johannes Huber. Die ÖVP und ihr Spitzenkandidat haben die Rechnung dafür erhalten, die Wiener Gemeinderatswahl nicht ganz ernst zu nehmen.

In der Vorrunde zur Wiener Gemeinderatswahl im Herbst machen es sich die Parteien eher nur selbst schwer: Bei der SPÖ geht es in den Bezirken drunter und drüber, bei der FPÖ hat sich Heinz-Christian Strache zu einer eigenen Liste verabschiedet und bei den Grünen steht die restriktive Flüchtlingspolitik, die sie auf Bundesebene mittragen, in einem glatten Widerspruch zu dem, was sie in der Vergangenheit vertreten haben.

Und die ÖVP? Sie wittert die Chance, erstmals seit 1945 einen nicht-roten Bürgermeister durchzusetzen. Zumindest der Zustand der Sozialdemokratie könnte das möglich machen. Die ÖVP selbst scheint sich der Sache jedoch zu sicher zu sein: Sie trägt jedenfalls nichts dazu bei.

Die türkise Devise lautet: Weil Sebastian Kurz an unserer Spitze steht, können wir nur gewinnen. Das ist jedoch ein Irrtum. Siehe Burgenland: Obwohl sich Kurz im dortigen Wahlkampf persönlich ins Zeug geworfen hat, hat es am Ende – bei bescheidenen Zugewinnen - nur für das zweitschlechteste ÖVP-Ergebnis der Geschichte gereicht. Ein Grund: In Wirklichkeit kandidierte nicht Kurz, sondern farblose „No Names“. Von den Wählern wurde das durchschaut; sie sind ja nicht dämlich.

Wie auch immer: Der ÖVP hätte das eine Lehre für Wien sein können. Ist es aber nur bedingt gewesen: Spitzenkandidat ist hier Gernot Blümel. Er ist relativ bekannt. Doch das war‘s dann auch schon wieder. Problem eins: Der 38-Jährige ist Finanzminister. Das ist kein Halbtags-, sondern ein Rund-um-die-Uhr-Job. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen es immer mehr Krisen zunehmend schwer machen, vernünftig zu budgetieren.

Anders ausgedrückt: Glaubwürdig um Wien kümmern kann sich Blümel nicht. Zumal er zu allem Überdruss auch noch offen lässt, nach der Gemeinderatswahl in die Kommunalpolitik zu wechseln. Sprich: Wer ihn wählt, weiß nicht, ob er ihn bekommt.

Auch sonst ist da nicht viel Fleisch am Knochen. Womit wir beim zweiten Problem angelangt wären. Unfreiwillig, aber doch ist die Substanzlosigkeit im Zusammenhang mit dem Auftritt von Life-Ball Organisator Gery Keszler auf dem türkisen Landesparteitag zum Ausdruck gebracht worden. Wobei die Idee ja einen gewissen Charme hatte: Keszler steht für Weltoffenheit und gegen Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), der den Life-Ball sterben ließ. Er ist aber auch unkontrolliert, wie man heute weiß: Blümel sei ihm bei seinem „Knackarsch“ lieber als Ludwig bei seinem „verschlagenen Schnitzelgesicht“, ließ er wissen. Klar, hinterher hat er sich dafür entschuldigt. Die derbe Wortwahl wird jedoch kaum in Vergessenheit geraten; eine Zeit lang wird sie vielmehr an der ÖVP picken bleiben.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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