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Blümels einziger Gegner: Blümel

Gernot Blümel nimmt die Gemeinderatswahl ein bisschen zu leicht.
Gernot Blümel nimmt die Gemeinderatswahl ein bisschen zu leicht. ©APA
Gastkommentar von Johannes Huber. Die ÖVP kann bei der Gemeinderatswahl nur gewinnen. Ihr Spitzenkandidat haut sich denn auch nicht wirklich ins Zeug.

So massive Veränderungen wie bei der Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober hat’s noch selten gegeben bei einem Urnengang in Österreich. Natürlich, sie hat noch nicht stattgefunden. Die Ausgangslage erlaubt es jedoch, das mit einer solchen Gewissheit zu sagen: Vor fünf Jahren hat die FPÖ mit Heinz-Christian Strache ganze 30,8 Prozent geholt. Strache stand damals am Höhepunkt seiner Macht; er konnte überzeugend als Bürgermeister-Kandidat antreten. Was seither passierte, ist bekannt. 30,8 Prozent sind heute unerreichbar für die Freiheitlichen. Das bestreiten sie selbst nicht einmal.

Wie schon bei der Nationalratswahl 2015 hat die neue Volkspartei beste Chancen, groß von der blauen Krise zu profitieren. Sie, die sich vor fünf Jahren mit gerade einmal 9,3 Prozent begnügen musste, könnte sich allein mit den Stimmen enttäuschter, ehemaliger FPÖ-Anhänger in Richtung 20 Prozent bewegen. ÖVP-Spitzenkandidat Gernot Blümel bietet sich diesen Leuten entsprechend an: In der Vergangenheit hätten die Freiheitlichen durchaus richtige Themen angesprochen, sagte er diese Woche in einem ZIB2-Interview, um hinzuzufügen, dass zur Umsetzung mittlerweile die neue Volkspartei bereitstehe.

Das ist ein absolut glaubwürdiges Angebot: Wer spricht 2020 Integrationsprobleme an? Und zwar hörbar und so, wie es vor allem auch langjährigen FPÖ-Wählern gefällt? Bundeskanzler Sebastian Kurz, Innenminister Karl Nehammer und Integrationsministerin Susanne Raab tun das, allesamt ÖVP. Sie zeigen auf Konflikte in Favoriten, suchen die Konfrontation mit der Türkei. Freiheitliche sind da vollkommen abgemeldet und Strache, der sich mit einer eigenen Liste verselbstständigt hat, ist es ebenfalls; er ist allein mit sich selbst und „Ibiza“ beschäftigt.

Bemerkenswert bei alledem ist jedoch, dass sich die ÖVP mit absehbaren Zugewinnen zufriedengibt und darauf verzichtet, aufs Ganze zu gehen und ein maximal Mögliches anzustreben: Gernot Blümel nimmt die Gemeinderatswahl ein bisschen zu leicht. Womit er sich selbst zu seinem einzigen Gegner macht. Konkret: In Zeiten der größten Krise nach dem Zweiten Weltkrieg tut er so, als könne man Finanzminister und nebenbei ernsthaft Spitzenkandidat in Wien sein. Das macht eine Funktion daraus, der er offenbar nicht mit Leib und Seele bekleidet. Zumal er darauf verzichtet, offensiv als Herausforderer von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) anzutreten – und außerdem zu verstehen gibt, dass er für einen bloßen Oppositionsjob auch wieder nicht ins Rathaus wechseln würde. Da bleibt wenig bis nichts. Andererseits: Es ist ein Luxusproblem, das sich die neue Volkspartei leistet. Was nebenbei zeigt, wie gut es ihr geht.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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