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Bis 2050: Klimakrise kostet in Österreich bis zu 8,8 Mrd. Euro im Jahr

Der Klimawandel bringt auch finanzielle Risiken mit sich.
Der Klimawandel bringt auch finanzielle Risiken mit sich. ©APA/HANS KLAUS TECHT
Der Klimawandel macht sich auch in wachsenden Schadenskosten sichtbar. Österreich benötigt derzeit jährlich eine Milliarde Euro pro Jahr für Schäden.

Die immer extremeren Ausmaße des Klimawandels schlagen sich in wachsenden Schadenskosten nieder: Bereits jetzt kommt das Umweltbundesamt für Österreich auf eine Milliarde Euro pro Jahr. Bis 2050 könnten es 5 bis 8,8 Mrd. Euro im Jahr werden. In den Bilanzen vieler Unternehmen und vor allem von kreditgebenden Banken sind die Klimarisiken noch nicht wirklich angekommen.

Klimarisiken bei Banken derzeit unter dem Radar

In den heimischen Bankbilanzen schlummern wegen Wetterextremen und Umweltauflagen potenzielle neue Lasten - bei Agrarkrediten ebenso wie bei Zement- oder Stahlwerksdarlehen. Sehe man von Rückversicherern ab, werde das Klimarisiko in den Finanzhäusern unterschätzt. "Die Klimarisiken sind bei den Banken derzeit noch unter dem Radar", sagt Wolfgang Pointner von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB).

Die Nationalbank hat im Dezember eine Umfrage unter Finanzinstituten vorgelegt, bei der zwei Drittel der Befragten angaben, dass die Klimarisiken seit dem Pariser Klimaschutzabkommen an Bedeutung gewonnen hätten, aber nur weniger als ein Viertel gab an, bereits konkrete Maßnahmen gesetzt zu haben, wie diese Risiken gemessen oder gesteuert würden. Dabei sieht das bestehende Bankrecht vor, dass alle Quellen von Kreditrisiko, Marktrisiko oder Liquiditätsrisiko beobachtet sowie analysiert werden müssen: "Wenn ich Risiken des Klimawandels nicht berücksichtige, können meine ganzen Ertragserwartungen falsch sein." Investoren wollten wissen, wie hoch der risikobereinigte Ertrag ist.

Beim nächsten großen europaweiten Bankenstresstest werde die Europäische Zentralbank (EZB) auf Klimarisiken abstellen, sagte Pointner zur APA. Der Plan für diesen Klimastresstest wurde im Dezember vor Banken in der OeNB präsentiert. In den Niederlanden hat die dortige Nationalbank die Finanzwirtschaft des Landes mit Blick bereits auf Energiewende und CO2-Steuerfolgen hin abgeklopft.

Klimarisiken können schnell zu finanziellen Risiken werden

Klimarisiken könnten sehr schnell und auch sehr kurzfristig zu finanziellen Risiken werden - und sie treten nicht im Einzelfall auf, sondern zeitgleich und großräumig. An vorderster Front stehen unmittelbar wetter-exponierte Branchen wie Landwirtschaft (Stichwort: Ernteausfälle, Wasserverfügbarkeit) und Tourismus, denen Hitzeextreme, Trockenheit oder Hochwasser zu schaffen machen.

Beim Energieeinsatz geht es meist um "Transitionsrisiken": CO2-intensiven Branchen wie der Stahlindustrie (z.B. voestalpine), der Aluminium-, Baustoff- und Zementindustrie sowie Energieunternehmen (OMV etc.) und Transporteuren stünden durch die geplante CO2-Besteuerung, den kapitalintensiven Umstieg auf alternative Energien und Abschreibungen auf alte Verfahren und Infrastrukturen (Stranded Assets) samt neuem Verbraucherverhalten hohe Umstiegskosten bevor.

Der Bau von fremdfinanzierten Hotels und Wintersport-Tourismusanlagen auf 1.500 Metern kann dem Experten zufolge bei zunehmendem Schneemangel in faulen Krediten münden. Weil es sich in der Regel um viele Anlagen und viele Kredite in den Bankbüchern handelt, kann daraus schnell ein Klumpenrisiko für westösterreichische Banken werden.

Verschwinden Schnee bzw. Schneeschmelze und Gletscher, fehle das Wasser zudem für die Pump- und Speicherkraftwerke der E-Wirtschaft - und damit für Österreichs Ziele für erneuerbare Energie, sagt Pointner.

EU: Jährlich bis zu 260 Milliarden Euro für Klimaneutralität nötig

Bis zu 260 Milliarden Euro an zusätzlichen Investitionen sind in der EU pro Jahr nötig, um das Kommissionsziel der Klimaneutralität zu erreichen, also ab 2050 unterm Strich keine Treibhausgase mehr auszustoßen. Auf Österreich heruntergebrochen wären das rund 7 Milliarden Euro zusätzlich, die für die "Dekarbonisierung" dazukommen würden - private und öffentliche Ausgaben zusammengenommen. Im Umweltbundesamt drängt man auf einen "kurzem Bremsweg". Der Zeitfaktor sei kritisch. Entscheidend würden die kommenden zehn Jahre. Der Europäischen Investitionsbank (EIB) mit ihrer Mittelbeschaffung zum Top-Rating Triple-A wird eine neue Rolle als "Klimabank" zugeschrieben.

In Österreich arbeitet die Finanzmarktaufsicht (FMA) für das erste Quartal an einem Leitfaden für die von ihr beaufsichtigten Finanzinstitute. Es geht um Lenkungseffekte und risikoadäquate "Preise", auch über einen weitaus längeren Planungshorizont hinaus als für die nächsten Quartale.

Unternehmen sollen den Banken ihren spezifischen "CO2-Fußabdruck" vorrechnen können: So sollten Öl- und Gaskonzerne, die üblicherweise ihre Reserven der nächsten 30 bis 50 Jahre in ihren Bilanzen berücksichtigt hätten, auch die Folgen gegenrechnen, die der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen auf die nächsten 30 bis 50 Jahre für sie heißt. Damit ändern sich die Bewertungen. "Die Banken brauchen deutlich mehr Daten zur Hand", sagen die Fachleute von OeNB und FMA, die "materielle Nachhaltigkeitsrisiken" bewerten will. Historische Daten gibt es dazu freilich nicht.

In Bezug auf die Pläne der Regierung, den Banken für "grüne" Kredite weniger Eigenkapital abzuverlangen ("green supporting factor") ist Notenbank-Experte Pointner vorsichtig. Es werde auf die exakte Ausgestaltung ankommen, etwa ob die geringere Unterlegung mit Eigenkapital der Banken für grüne Kredite mit höheren Eigenmitteln für "braune" Kredite einhergeht. Das Eigenkapital müsse dem Risiko angemessen sein, "und für die Banken hat ein grüner Kredit nicht automatisch weniger Risiko".

(APA/Red)

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