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BAWAG wird ans Ausland gehen

&copy APA/Artinger
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Heute am Abend wird klar sein, wie viele ernsthafte Käufer für die BAWAG P.S.K. übrig geblieben sind. Nur eine Handvoll Bieter dürften übrig sein - alle aus dem Ausland.

Den milliardenschweren Spekulationsskandal, der den Verkauf der einstigen Arbeiterbank erzwungen hat, werden die Österreicher noch lange nicht vergessen. Der hoch verschuldete Noch-Eigentümer ÖGB muss weit mehr als 2 Milliarden Euro erlösen, um seinen dringendsten Verpflichtungen nachzukommen.

Der Verkauf der im heurigen Mai mit Bundesgarantie aufgefangenen Großbank soll den Eigentümer ÖGB nun selber vor der Pleite retten.

Über das Wochenende wurde noch an letzten Details für das Angebotsprocedere gefeilt. Erst am Montagabend steht für den mit dem Verkauf beauftragten Investmentberater Morgan Stanley fest, wie viele verbindliche Kaufangebote es zu Annahmeschluss gibt. Spätestens eine Woche darauf will man zumindest die Reihung in der Shortlist haben. Bei ausreichender Qualität sollen, wie international üblich, drei Finalisten gegeneinander antreten – nach Einzelgesprächen mit dem Verkäufer eine Auktion abwickeln.

Der ÖGB will zum kommenden Wochenende über die nächsten Schritte im Auswahlverfahren beraten. Fest steht, dass die Bank an ausländische Investoren geht. Nach der unverbindlichen Runde waren informell Offertpreise bis zu zweieinhalb Milliarden Euro genannt worden. Neben dem reinen Aktienkaufpreis braucht es jeweils auch Zusagen des Käufers, die Bank nach Erlöschen der 900-Millionen-Euro-Bundesgarantie zu rekapitalisieren.

Das Stechen dürfte sich zwischen namhaften zig-Milliarden-schweren US-Fonds abspielen, wie dem als Favorit gehandelte Cerberus (mit an Bord: Generali, Wüstenrot) oder auch Lone Star. Wenngleich die US-Fonds wiederum in der deutschen Allianz-Versicherung mit deren Tochter Dresdner Bank ihren strategisch stärksten Mitbewerber um Kunden und Vertrieb der BAWAG P.S.K. sehen.

Die Allianz ist seit vielen Jahren Versicherungspartner der BAWAG P.S.K. in Österreich und Osteuropa. Käme der zur Zeit in der Branche als aussichtsreich bewertete US-Hedgefonds Cerberus und dessen Konsortialpartner Generali zum Zug, wären bei der Allianz Einbußen beim Versicherungsvertrieb die Folge. Cerberus hat dem ÖGB für den Fall des Zuschlags ein „langfristiges“ Engagement versprochen. In ein paar Jahren könnte die BAWAG saniert an die Börse gebracht werden.

Ein österreichisches Offert wird es dem Vernehmen nach nicht geben. Nachdem sich bereits in den Startrunden Wiener Städtische, Erste Bank, Bank Austria und Volksbanken aus dem Rennen verabschiedet haben, dürfte sich mit Raiffeisen zuletzt auch der letzte rein inländische Bieter aus dem Spiel genommen haben. Von der Raiffeisen Zentralbank (RZB) gibt es dazu zwar weiter keinerlei Aussagen. Nach APA-Informationen gilt in der Branche ein bindendes BAWAG-Offert von Raiffeisen aber als ausgeschlossen. Auch von der entfernten französischen Raiffeisen-„Schwester“ Credit Agricole gibt es kein Angebot.

Neben dem US-Fonds Cerberus sollen nach bisherigen Informationen noch die Fonds JC Flowers, Apollo und Lone Star verbindlich bieten. Ein Allianz-Offert dürfte nach Informationen des „Kurier“ preislich zurückhaltend ausfallen. Bieten, aber nicht bis zum Letzten mitlizitieren dürfte, wie es zur APA heißt, auch die Bayerische Landesbank, die schon einmal an der BAWAG beteiligt war und die in der unverbindlichen Runde wieder geboten hat.

Das Investmenthaus Morgan Stanley, das laut ÖGB-Auftrag einen Maximalpreis einholen muss, möchte den Verkaufsprozess weiter vertraulich halten, nächste Woche die Offerte sichten und zugehörige Strategien abwägen. Mit ihren Empfehlungen gehen die Verkaufsberater dann in die höchsten ÖGB-Gremien.

Ängste vor Zerschlagung und großflächigem Personalabbau hatten in den Monaten vor dem Verkaufsfinale vor allem die BAWAG-Belegschaft geplagt. Dazu wäre es, wie es in der Finanzbranche heißt, vor allem aber dann gekommen, wäre ein Österreicher – namentlich Raiffeisen – zum Zug gekommen. Ob dem Käufer vorgegeben werden kann, die Bank nicht zu zerschlagen, soll in Vertragsgesprächen geklärt werden. Die großen US-Fonds haben in den letzten Wochen bei Gesprächen in Wien ein „Heuschrecken“-Image zu widerlegen versucht.

Der Verkauf der BAWAG wird nächstes Jahr über die Bühne gehen. Bankchef Ewald Nowotny selbst erwartet zwar das „Signing“, also die Vertragsunterzeichnung, eher noch für heuer, keinesfalls aber den Aktienübertrag, also das „Closing“. Demzufolge wird in jedem Fall die vom Bund gewährte 900-Millionen-Garantie für die Bank im heurigen Jahr 2006 aufrecht bleiben. Nur dank dieser Staatsgarantie hatte die von Milliarden-Altlasten und einem teuren US-Vergleich geplagte Gewerkschaftsbank heuer erst bilanzieren können.

Direkter Verkäufer der BAWAG ist primär die AVB Anteilsverwaltung, hinter den Zwischenholdings steht aber zu 100 Prozent der ÖGB. Zustimmen muss dem Verkauf auch das Finanzministerium, weil der Bund – der die BAWAG P.S.K. als „Hausbank“ nutzt – ja auch Garantiegeber ist. Kritisch beobachtet wird der Verkaufsprozess zudem von den Vertretern der amerikanischen Refco-Gläubiger. Mit diesen wurde beim Milliarden-Vergleich der BAWAG ausgemacht, dass sie beim Bank-Verkauf mitschneiden, also 30 Prozent von jener Verkaufssumme erhalten, die 1,8 Mrd. Euro übersteigt – gedeckelt ist die Summe für die Amerikaner aber mit 200 Mio. Dollar.

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