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Bagdad: Saddam-Prozess vertagt

Im ersten Prozess gegen Saddam Hussein hat der frühere irakische Präsident alle ihm zur Last gelegten Verbrechen abgestritten.Pressestimmen zum Prozess

„Ich sage, was ich schon gesagt habe: Ich bin unschuldig“, sagte Saddam Hussein am Mittwoch nach Verlesung der Anklage, die ihm und sieben Gefolgsleuten die Tötung von 143 Bewohnern des schiitischen Dorfes Dujail vorwirft. Saddam Hussein stellte sich dem Gericht als „Präsident des Irak“ vor und sagte, dass er das Gericht nicht anerkenne. Der Prozess wurde nach wenigen Stunden auf 28. November vertagt.

In Saddam Husseins Heimatstadt Tikrit demonstrierten zahlreiche Anhänger gegen den Prozess. In Dujail hingegen forderten dutzende Demonstranten die Todesstrafe. „Ich berufe mich auf das verfassungsgemäße Recht als Staatschef und weigere mich, zu antworten“, sagte Saddam Hussein zum Vorsitzenden Richter, dem Kurden Riskar Mohammed Amin. Er erkenne die Autorität der Richter nicht an.

Wortgefechte

Zwischen dem Richter und Saddam Hussein kam es mehrmals zu Wortgefechten. So wies Amin den Angeklagten an, zunächst keine längeren Erklärungen abzugeben und stattdessen lediglich seinen Namen zu Protokoll zu geben. Saddam Hussein verweigerte dies. Der Ex-Präsident war mit einem Exemplar des Koran in der Hand in den Gerichtssaal im ehemaligen Sitz seiner inzwischen verbotenen Baath-Partei getreten. In dunklem Anzug und weißem Hemd ohne Krawatte saß er in der vordersten von mehreren mit Gittern umgebenen Boxen.

Saddams sieben Mitangeklagte plädierten ebenfalls auf nicht schuldig. Wie der Ex-Präsident sind sie angeklagt, 143 Bewohner des Schiitendorfes Dujail nördlich von Bagdad getötet zu haben. Rund 600 Menschen aus dem Dorf waren laut Anklageschrift nach einem fehlgeschlagenen Attentat auf Saddam Hussein im Jahr 1982 in ein Geheimdienstgefängnis in Bagdad verschleppt worden. 143 kehrten nie mehr zurück. Von ihnen fehlt bis heute jede Spur. Bei einer Verurteilung droht Saddam Hussein und seinen Mitangeklagten die Todesstrafe.

Vertagung um sechs Wochen

Mit der Vertagung um knapp sechs Wochen auf den 28. November kam der Richter einem Antrag von Saddam Husseins Anwalt, Khalil el Dulaimi, in Teilen nach. Dieser hatte zuvor eine dreimonatige Verschiebung des Prozesses gefordert, um Zeit für das Studium der Gerichtsakten zu haben.

In Dujail forderten dutzende Einwohner bei einer Demonstration die Todesstrafe für Saddam Hussein. Sie hielten Bilder ihrer vermissten Angehörigen in die Höhe. „Tod für Saddam Hussein“ oder „Die Einwohner von Dujail fordern die Hinrichtung des Tyrannen“, war auf Spruchbändern zu lesen.

Demonstrationen

In Tikrit lösten US-Soldaten und irakische Polizisten die Demonstration von bewaffneten Anhängern des Ex-Präsidenten auf. Die Demonstranten feuerten Schüsse in die Luft ab. Sie trugen irakische Fahnen und erklärten ihre Bereitschaft, sich für Saddam Hussein zu opfern. Als die US-Soldaten und irakischen Polizisten ihrerseits in die Luft schossen, versammelten sich die Saddam-Getreuen vor der großen Moschee der Stadt.

Trotz der Ankündigung einer Gewaltwelle durch Saddam-Anhänger zum Prozessbeginn blieb die Lage im Irak relativ ruhig. Unbekannte feuerten zwei Mörsergranaten auf die „Grüne Zone“ in Bagdad ab, wo der Prozess stattfand. Dabei entstanden keine größeren Schäden, niemand wurde verletzt. Bei einem Bombenanschlag in der südirakischen Stadt Basra starb nach Regierungsangaben aus London ein britischer Soldat. In der Stadt Iskanderiya nördlich von Bagdad starb nach Armeeangaben ein US-Soldat bei der Explosion einer Bombe, zwei weitere wurden verletzt.

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