AA

Ausbildungspflicht bis 18 soll ab Herbst kommen

Hundstorfer will Langzeitarbeitslosigkeit und Armut vorbeugen
Hundstorfer will Langzeitarbeitslosigkeit und Armut vorbeugen
Ab Herbst soll die Ausbildungspflicht bis zum Alter von 18 gesetzlich verankert werden. Das kündigte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am Freitag an. Der Gesetzesentwurf dazu stehe vor der Begutachtung - mit einem Nationalratsbeschluss sei bis April zu rechnen, hieß es in einer Aussendung. Sanktionen bei Nichterfüllung werde es aber erst ab dem Schuljahr 2017/2018 geben.


Für den Entwurf ist eine sechswöchige Begutachtungsfrist geplant, diese starte unmittelbar nach der Letztabstimmung mit dem Wirtschaftsministerium, hieß es aus dem Sozialministerium zur APA. Betroffen von der neuen Verpflichtung wären pro Jahr österreichweit ungefähr 5.000 Jugendliche, die nach der Erfüllung der neunjährigen Schulpflicht entweder eine Hilfstätigkeit aufnehmen, sich ganz aus dem Bildungs- bzw. Ausbildungssystem zurückziehen oder gar nicht am Arbeitsmarkt einsteigen.

“Diese Zahl ist viel zu hoch”, was auch für das Risiko gelte, ohne abgeschlossene Ausbildung langzeitarbeitslos zu werden und von Armut betroffen zu sein, erklärte Hundstorfer heute im “Ö1-Morgenjournal”. Die Ausbildungspflicht bis 18 solle “verhindern, dass Jugendliche sofort in der Sozialhilfe landen”. “Einen großen Beitrag zur Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit” sieht auch Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) in einer Aussendung.

Geht es nach einem vorerst informellen, der APA vorliegenden Gesetzesentwurf, müssten ab Herbst alle Jugendlichen unter 18 Jahren entweder eine weiterführende Schule, eine betriebliche bzw. überbetriebliche Lehrausbildung oder Maßnahmen der Ausbildungsvorbereitung wie etwa Produktionsschulen oder AMS-Qualifizierungen besuchen. Auch niederschwellige Maßnahmen wie eine stundenweise Beschäftigung mit dem Ziel der Vorbereitung auf eine weitere Ausbildung fallen darunter. Die Erziehungsberechtigten müssen dafür Sorge tragen, dass diese Vorgaben auch erfüllt werden.

Dass ein Jugendlicher unter 18 dann noch Hilfsarbeit verrichtet, wäre den Plänen zufolge nur noch eingeschränkt möglich. “Ausbildungsfreie Zeiträume von bis zu vier Monaten innerhalb von zwölf Kalendermonaten stellen keine Verletzung der Ausbildungspflicht dar”, heißt es in dem Vorentwurf, der insgesamt sechs verschiedene Gesetzesmaterien betrifft.

Wird diese Vorgabe verletzt, soll es in letzter Konsequenz auch Sanktionen geben: Nämlich dann, wenn Erziehungsberechtigte nachweislich keine Verantwortung übernehmen und Kontaktaufnahme und Unterstützungsangebote verweigern. Angelehnt an die Bestimmungen bei Schulpflichtverletzungen wären bei einem ersten Verstoß ab Herbst 2017 zwischen 100 und 500 Euro zu bezahlen. Dieser Betrag erhöht sich im Wiederholungsfall auf 200 bis 1.000 Euro.

Geplant ist die Einrichtung von Koordinierungsstellen in allen Bundesländern. Im ersten (Schul-)Jahr rechnet das Sozialministerium mit zusätzlichen Gesamtkosten von 22 Mio. Euro. Im Vollausbau ab 2019 werde man jährlich rund 80 Millionen Euro für die neue Ausbildungspflicht aufbringen.

Für die ÖVP gibt es bei dem von Hundstorfer angekündigten Gesetzesentwurf “noch mehrere offene Punkte” zu klären. Das geht aus einer Stellungnahme des ÖVP-geführten Wirtschaftsministeriums gegenüber dem Ö1-“Mittagsjournal” hervor. Prinzipiell stehe man den Plänen zur Ausbildungsverpflichtung für Jugendliche, die nach der Erfüllung der neunjährigen Schulpflicht entweder eine Hilfstätigkeit aufnehmen, sich ganz aus dem Bildungs- bzw. Ausbildungssystem zurückziehen oder nicht am Arbeitsmarkt einsteigen, “sehr positiv” gegenüber, so ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger.

Auch das als Spiegelministerium für die Endabstimmung des Entwurfs zuständige Wirtschaftsressort begrüßt die Vorschläge, verweist aber auf weiteren Verhandlungsbedarf. “Alleingänge zur eigenen Profilierung dienen der Sache nicht”, hießt es aus dem Ministerbüro in Richtung Hundstorfer.

Für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl riechen die Pläne “nach einem Geschäftsankurbelungsmodell für diverse Kursanbieter, einer reinen Beschäftigungstherapie für Jugendliche, die den Namen ‘Ausbildung’ nicht verdient, und nach einem weiteren ‘Goodie’ für Asylwerber, für das wieder einmal die Österreicher zahlen dürfen”.

Laut NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker kann eine Ausbildungspflicht “die Versäumnisse, welche Jahre zuvor in der Bildung passiert sind, nicht ausgleichen. Eine Ausbildungspflicht kann nicht dafür sorgen, dass alle Jugendlichen ordentlich lesen, schreiben und rechnen können. Dieser Vorschlag setzt zu spät an – und ist damit der falsche Weg”.

Der Leiter der Abteilung für Bildungspolitik der Wirtschaftskammer, Alfred Freundlinger, zeigte sich gegenüber Ö1 von Hundstorfers Vorstoß überrascht. Man sei davon ausgegangen, dass die Gespräche noch nicht abgeschlossen waren und werde daher “genau prüfen”, ob die Vereinbarungen eingehalten wurden.

  • VIENNA.AT
  • Politik
  • Ausbildungspflicht bis 18 soll ab Herbst kommen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen