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Auch Herr Lehmann war mal Frank

Sven Regener, Sänger und Kopf der deutschen Kultband "Element of Crime", hat seine Trilogie über die Geschichte des "Herrn Lehmann" vollendet.

In “Der kleine Bruder” schickt Regener seinen Protagonisten durch das punkige Westberlin des kalten Krieges.

Das Dosenbier fliegt tief in Sven Regners jüngstem Roman. Und es fliegt auch Herrn Lehmann um die Ohren. Wir erinnern uns: Frank Lehmann versucht sich in Regeners erstem Roman durch das Leben, durch Berlin und durch sein Älterwerden als 30-something zu schlagen (“Herr Lehmann”), und Frank schlägt sich erfolgreich durch seinen Wehrdienst und eine Punk-WG in Bremen als knapp 20-Jähriger (“Neue Vahr Süd”). Was gleich darauf passiert, nämlich Franks Suche nach seinem großem Bruder, seine Fahrt zu diesem Zweck nach Berlin und seine ersten 48 Stunden im Westberlin der frühen Achtziger Jahre, davon erzählt “Der kleine Bruder”.

Und das nicht ganz ohne jene Deftigkeiten, die diese Zeit kennzeichneten. Im Westberlin des Sven Regener wimmelt es von Freaks, Punks, Verlierern, Rockern, Suchenden und Säufern, kurz: von Künstlern aller Art. Frank versucht zwischen den eigentümlichen Mitbewohnern der WG seines Bruders herauszufinden, wo eben der geblieben ist. Und findet einen Freund, einen Job und jede Menge Alkohol.

Zwischen den absurd komischen und manchmal schmerzlich realistischen Dialogen der Protagonisten zeichnet Regener das Bild jener Zeit, als der kalte Krieg Mitteleuropa fest im Griff hatte, die Punks in Deutschland, zumal in Westberlin, mit mehr oder weniger spektakulären Hausbesetzungen von sich reden machten und wo jeder, der es sich irgendwie leisten wollte, als Künstler zu reüssieren versuchte.

Das Beste am neuen Regener allerdings ist: Man kann ihn sich vorlesen lassen, und zwar vom Autor selbst. Das ist ein wenig so, als würde man mit Sven Regener im Kiez mal eben in die nächste Kneipe gehen und sich eine Geschichte erzählen lassen. Regener berlinert nicht – er kommt ja aus Bremen – sondern er nölt die Story mit sonorer Stimme hin, nicht ohne Höhen und Tiefen und nicht ohne dabei über sich selbst zu schmunzeln. Und das kann man hören.

7 von 10 Schultheiss (aus der Dose, versteht sich)! [st]

Als Extra: Audiokommentare zum Buch von Sven Regener höchstpersönlich!

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