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Asylwerber in Lehre: Altfälle sollen pragmatisch gelöst werden

In Zukunft sind laut ÖVP schnellere Asylverfahren notwendig.
In Zukunft sind laut ÖVP schnellere Asylverfahren notwendig. ©APA/HANS PUNZ
Für Asylwerber in einer Lehre, die einen negativen Bescheid bekommen, soll laut ÖVP-Chef Kurz eine "pragmatische Lösung" gefunden werden.

ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat sich in der Frage, ob in Lehre befindliche Asylwerber bei negativem Bescheid sofort abgeschoben werden sollen, am Mittwoch für eine "pragmatische Lösung" von Altfällen ausgesprochen. Er und Ex-ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck schlagen vor, dass der Asylbescheid bei etwa 900 Altfällen erst nach dem Ende der Lehrausbildung ausgestellt bzw. vollzogen wird.

Lehre könne trotz negativen Bescheid abgeschlossen werden

So könne die Lehre auf jeden Fall abgeschlossen werden, teilte die ÖVP am Mittwoch in einer schriftlichen Stellungnahme der APA mit. Sollte der Asylbescheid dann positiv ausfallen, könne der Asylwerber in Österreich bleiben. Im Falle eines negativen Bescheides müsse der Asylwerber das Land verlassen, könne jedoch mit einer abgeschlossenen Ausbildung in seinem Heimatland einen Beitrag zum Wiederaufbau seines Landes leisten, so die ÖVP.

ÖVP: Schnellere Asylverfahren notwendig

Weiters teilte die Volkspartei mit, dass in Zukunft schnellere Asylverfahren notwendig seien. Dadurch bestehe schon innerhalb kürzester Zeit Klarheit darüber, ob der betroffene Asylwerber bleiben kann oder nicht. Der Beginn einer Lehre soll in Zukunft überhaupt erst nach einem positiven Asylbescheid möglich sein.

Die Einführung der Möglichkeit, dass Asylwerber während des laufenden Verfahrens eine Lehre beginnen können, bezeichnete die ÖVP in der Aussendung als "Fehler der damaligen rot-schwarzen Bundesregierung". In der türkis-blauen Koalition hatte sich die ÖVP den Bestrebungen auch von einzelnen Vertretern der eigenen Partei für eine Lösung der in Lehre befindlichen Asylwerber widersetzt.

Stelzer und Wirtschaftsbund erfreut

Der Vorschlag von ÖVP-Chef Sebastian Kurz, derzeit in Lehre befindlichen Asylwerber auf jeden Fall einen Abschluss zu ermöglichen, ist vor allem in Oberösterreich positiv aufgenommen worden. Landeshauptmann und Parteikollege Thomas Stelzer freute sich über die neue Positionierung der Bundespartei. Auch der Wirtschaftsbund begrüßte den Vorstoß am Mittwoch in einer Aussendung.

"Von Beginn an habe ich auf eine Regelung mit Hausverstand gepocht und klargemacht, dass eine neue Regierung dafür sorgen soll, dass Asylwerber, die sich aktuell in einer Lehrausbildung in Österreich befinden, einen Lehrabschluss machen können", kommentierte Stelzer den Vorstoß von Kurz. Gerade für den Wirtschaftsstandort Oberösterreich, wo alle Unternehmen händeringend nach Mitarbeitern suchten, sei diese "Hausverstandslösung" zu begrüßen.

Stelzer: Asylrecht und Arbeitsmarktpolitik dürfen nicht vermischt werden

Allerdings, betonte Stelzer, müsse auch weiterhin das Prinzip gelten, "dass Asylrecht und Arbeitsmarktpolitik nicht vermischt werden dürfen". Generell brauche es gerade für den Wirtschafts- und Arbeitsplatzstandort Oberösterreich eine noch gezieltere Migrationspolitik für Fachkräfte. "Hier muss eine neue Regierung noch weitere Schritte setzen", so der Landeshauptmann.

Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sei es wichtig, dass Betriebe auf ihr bestehendes Personal bauen können, betonte Kurt Egger, Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes. Um Missständen vorzubeugen, brauche es rasche Entscheidungen, um schnell Klarheit zu haben und Unternehmern Planungssicherheit zu geben. Ziel müsse es nun auch sein, auch den derzeit 30.000 arbeitslosen Asylberechtigten in Beschäftigung zu bekommen.

Anschober will Lösung für "Tragödie der Abschiebung"

Oberösterreichs Grünen-Landesrat Rudi Anschober, der sich seit geraumer Zeit für Asylwerber in Lehre einsetzt, kommentierte in einer Aussendung den Vorschlag von Kurz zwar nicht direkt. In einem Schreiben an die Klubobleute der Nationalratsparteien appellierte er aber, für die nächste Nationalratssitzung im September einen möglichst breit getragenen Beschluss für eine Lösung der "Tragödie der Abschiebung" von gut integrierten Lehrlingen vorzubereiten und umzusetzen.

"Die heutigen Ankündigungen von Sebastian Kurz zeigen, dass die Mauer aus Unmenschlichkeit und Unvernunft langsam zu bröckeln beginnt und beharrliches Engagement für eine Lösung der Vernunft vielleicht doch eine Chance hat", schrieb Anschober in einer weiteren Aussendung zum Thema. Er lud die Parteien zu Gesprächen für einen Beschluss in der nächsten Nationalratssitzung ein.

Keine Freude bei der FPÖ über Kurz-Vorstoß

Die Freiheitlichen haben keine Freude mit dem Vorschlag von ÖVP-Chef Sebastian Kurz, derzeit in Lehre befindlichen Asylwerber auf jeden Fall einen Abschluss zu ermöglichen. Asylmissbrauch werde damit Tür und Tor geöffnet, meinte der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl am Mittwoch. Er sieht in dem Vorstoß zudem "eine weitere Vorleistung auf eine schwarz-grüne Koalition".

"Damit ist die schwarz-grüne Katze aus dem Sack", befand Kickl in einer Aussendung. Es könne keine Rede mehr davon sein, dass Kurz den Kurs der Regierung fortsetzen wolle, meinte der frühere Innenminister, der während seiner Amtszeit maßgeblich die Abschiebung von in Lehre befindlichen Asylwerbern politisch vorangetrieben hatte. Wer rechtskräftig einen negativen Bescheid hat, habe das Land zu verlassen, bleibt Kickl bei seinem Standpunkt.

NEOS: Vorschlag von Kurz sei "purer Populismus"

Für die NEOS ist der Vorschlag von Kurz "purer Populismus". Für Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn braucht es stattdessen "eine klare Regelung mit wirklicher Sicherheit für die Asylwerbende und für die Unternehmer". Der Vorschlag der ÖVP löse hingegen kein Problem, "weder das, dass Asylverfahren schneller durchgeführt werden müssen, noch jenes, dass Asylwerbende raschen Zugang zum Arbeitsmarkt haben müssen".

(APA/Red)

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