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Arzt schickt BAWAG-Richterin auf Kur

Ehe der BAWAG-Prozess fortgesetzt wird, hat Richterin Claudia Bandion-Ortner eine "Auszeit" verordnet bekommen.

Auf dringendes Anraten ihres Arztes wird sich die BAWAG-Richterin in der kommenden Woche auf Kur begeben. Der weitere Verhandlungsplan ist dadurch aber nicht gefährdet. Der Prozess gegen den ehemaligen BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner und neun Mitangeklagte wird am 15. Jänner wieder aufgenommen und soll bereits im Februar finalisiert werden.

Richterin Bandion-Ortner leidet seit längerem an Diabetes. Die Verhandlungsführung im BAWAG-Prozess und der damit verbundene berufliche Stress dürften sich negativ auf ihre Gesundheit ausgewirkt haben: Ihre Zuckerwerte hatten sich zuletzt deutlich verschlechtert, so dass ihr Arzt ihr eine dreiwöchige Kur nahe gelegt haben soll.

Die Richterin musste jedoch in der verhandlungsfreien Zeit – der BAWAG-Prozess war am 28. November in eine Pause gegangen – umfangreiche Protokollberichtigungen vornehmen. Pro Verhandlungstag waren 100 bis 120 Seiten aufzuarbeiten und auf allfällige Schreibfehler, Unklarheiten und Aussparungen zu überprüfen, was bei bisher 54 Verhandlungstagen die Lektüre von mehreren tausend Seiten erforderlich machte.

Diese zeitraubende Arbeit hat Bandion-Ortner in der vergangenen Woche abgeschlossen, das Hauptverhandlungsprotokoll befindet sich nunmehr am aktuellen Stand. Um im Prozessfinale fit zu sein, gönnt sich die Richterin nun eine zumindest einwöchige Kur.

Der weitere Prozessfahrplan sieht folgendermaßen aus: Am 15. Jänner wird der Buchsachverständige Thomas Keppert ein Ergänzungsgutachten zu den BAWAG-Bilanzen vorlegen und erörtern, nachdem er Ende November mehrere Jahresabschlüsse der Bank als falsch eingestuft hatte. Am 16. Jänner sind ergänzende Fragen an die Angeklagten vorgesehen. Der 17. und 18. Jänner sind für den Wirtschaftsprüfer Fritz Kleiner “reserviert”: Er wird ein Gutachten zur Handelstätigkeit von Wolfgang Flöttl präsentieren, das genau nachvollziehen soll, wie der Spekulant das ihm überlassene Bankvermögen in den Sand setzte.

Am 21. Jänner wird sich der Schöffensenat wieder mit dem Geldgeschenk auseinandersetzen, das Elsner dem ehemaligen Konsum-Generaldirektor Hermann Gerharter nach dessen Darstellung in einer Tasche zukommen ließ. Rund 550.000 Euro sollen so in Elsners Büro den Besitzer gewechselt haben, was der frühere BAWAG-Chef jedoch entschieden abstreitet. Um abzuklären, was damals in den Räumlichkeiten der BAWAG vorgegangen ist, sollen nun mehrere Zeugen angehört werden.

Der 23. Jänner steht für weitere Fragen an die Angeklagten sowie allfällige zusätzliche Beweisanträge des Staatsanwalts und der Verteidigerriege zur Verfügung. Am 24. Jänner muss die dritte Geschäftsführerin der TTA Liechtenstein, Yvonne Nägele, in den Zeugenstand. Nach den ersten Flöttl-Verlusten hatte die BAWAG im Fürstentum Liechtenstein Stiftungen eingerichtet, um die erlittenen Vermögenseinbußen aus der Bilanz zu halten und somit zu verheimlichen.

Am 28. und 29. Jänner erhalten die Verteidiger Gelegenheit, ihre Fragen an den Sachverständigen Kleiner zu formulieren. Da dieser seine Expertise direkt in die Verhandlung mitbringen wird und diese den Anwälten nicht vorab übermittelt wird, ist davon auszugehen, dass die Juristen ausgiebig von ihrem Fragerecht Gebrauch machen werden. Am 30. Jänner schließlich stehen Verlesungen aus dem Akt auf dem Programm. Sollte es keine weiteren Beweisanträge geben, könnte das Beweisverfahren danach abgeschlossen werden.

Sollten diese optimistischen Prognosen “halten”, wäre ein Abschluss des BAWAG-Prozesses in erster Instanz Mitte Februar denkbar. Für die Schlussvorträge des Staatsanwalts und der Strafverteidiger wären ein bis zwei weitere Tage zu veranschlagen, die danach folgende Beratung des Schöffensenats über Schuld und Strafe dürfte jedenfalls mehrere Tage in Anspruch nehmen.

Die Anklage legt den ehemaligen BAWAG-Generaldirektoren Helmut Elsner und Johann Zwettler, dem früheren BAWAG-Aufsichtsratspräsidenten und ÖGB-Finanzchef Günter Weninger, dem Investmentbanker Wolfgang Flöttl, den ehemaligen BAWAG-Vorstandsmitgliedern Peter Nakowitz, Christian Büttner, Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker sowie dem Bilanzprüfer von der KPMG, Robert Reiter, der die Jahresabschlüsse der BAWAG geprüft hatte, in abgestufter Form Untreue und Bilanzfälschung zur Last. Das Strafgesetzbuch sieht dafür im Falle von Schuldsprüchen bis zu zehn Jahre Haft vor. Elsner muss sich zudem wegen schweren Betrugs verantworten. Ex-Konsum-Boss Gerharter ist wegen Beteiligung an Untreue angeklagt.

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