Der Staatsgast aus Eriwan wird Mittwochmittags im Inneren Burghof von seinem Gastgeber, Bundespräsident Fischer, mit militärischen Ehren willkommen geheißen. Die beiden Staatsoberhäupter waren zuletzt im April im Rahmen des Jubiläumstreffens der Östlichen Partnerschaft in Prag zusammengekommen. Nach dem Gespräch in der Präsidentschaftskanzlei stellen sich Sargsyan und Fischer der Presse.
Präsident auf Staatsbesuch in Österreich
Die Intensivierung der wirtschaftlichen Kooperation bildet einen Schwerpunkt der Visite. In der Hofburg erfolgt die Unterzeichnung mehrerer bilateraler Vereinbarungen. Eine “Erklärung über freundschaftliche Beziehungen und Partnerschaft” zwischen Österreich und Armenien wird von den Präsidenten unterzeichnet, ein Gemeinsamer Aktionsplan für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft vom armenischen Wirtschaftsminister Karen Chshmarityan und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, ein Luftverkehrsabkommen von Minister Chshmarityan und Verkehrsministerin Doris Bures.
Sargsyan im Wiener Rathaus
Am Nachmittag besucht der Präsident der Republik Armenien das Wiener Rathaus. Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Michael Häupl erfolgt die traditionelle Eintragung in das Goldene Buch der Stadt Wien. Nächster Programmpunkt ist eine Unterredung des armenischen Staatspräsidenten mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im Parlament.
Der Donnerstag steht wiederum im Zeichen der Wirtschaft. Die Präsidenten Sargsyan und Fischer wenden sich an die Teilnehmer des österreichisch-armenischen Wirtschaftsforums in der Wirtschaftskammer Österreich. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl wird das Forum eröffnen. Am Nachmittag wird zum Abschluss des armenischen Präsidentenbesuchs in Wien eine Unterredung zwischen Präsident Sargsyan und Bundeskanzler Faymann im Bundeskanzleramt stattfinden.
Armenien unterstreicht gute Beziehungen zu Russland
Die südkaukasischen Ex-Sowjet-Republiken stehen nicht zuletzt durch den Ukraine-Konflikt wieder im Fokus der regionalen Politik. Armenien rückte von der Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union ab und unterstreicht die guten Beziehungen zu Moskau. Das gasreiche Aserbaidschan hat sowieso kein Intereresse an einer EU-Assoziierung. Hingegen streben Georgien und Moldawien weiter eine solche an. Der französische Präsident Francois Hollande schlug bei einer Eriwan-Visite im Mai das Sondermodell einer EU-Assoziierung im Falle Armeniens vor, das nicht zu einem Bruch mit Moskau führen dürfe.
Konflikte in der Region
Andererseits plant Armenien einen Beitritt zu der von Russland und Kasachstan betriebenen Eurasischen Union. Die beiden Gründerstaaten sind bedeutende Ölproduzenten. Zusammen mit dem Gründungsmitglied Weißrussland zählt die Eurasische Wirtschaftsunion eine Bevölkerung von 170 Millionen. Der russische Präsident Wladimir Putin würde auch gerne die Ukraine in der Union sehen. Allerdings hat die neue Führung in Kiew nach der Präsidentenwahl die Westorientierung und das Pro-EU-Engagement der Ukraine bekräftigt.
Die Schweizer OSZE-Präsidentschaft hat den Südkaukasus zu einem Schwerpunkt ihres Vorsitzes in der europäischen Sicherheitsorganisation erklärt und einen Sonderbeauftragten ernannt. Der Konflikt um die Region Nagorny(Berg)-Karabach und das Schicksal tausender Flüchtlinge blieb nach der Waffenruhe von 1994 ungelöst. In der Sowjet-Ära war die Region mit armenischer Mehrheitsbevölkerung an Aserbaidschan angegliedert worden. Der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter besuchte vor kurzem Eriwan.
Gedenken an Völkermord
Im kommenden Jahr werden die Armenier in aller Welt des Völkermordes an ihren Landsleuten in der Türkei vor 100 Jahren gedenken. Dieses Thema birgt viel Konfliktstoff. Die Republik Armenien wies im April eine Beileidsbekundung des türkischen Regierungschefs Recep Tayyip Erdogan zurück. Ankara bleibe bei seiner Politik der Genozid-Leugnung, sagte Präsident Sargsyan. Das armenische Patriarchat in Istanbul und die USA sahen hingegen in der Erklärung einen ersten positiven Schritt. Armenien spricht von bis zu eineinhalb Millionen Toten im Zuge von Massakern und Todesmärschen ab April 1915, was die Türkei leugnet. (APA)