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Anzeichen für unmittelbar bevorstehende Kosovo-Unabhängigkeit

Zwei Tage vor der serbischen Präsidentenwahl mehren sich die Anzeichen für eine unmittelbar bevorstehende Unabhängigkeit der mehrheitlich von Albanern bewohnten südserbischen Provinz Kosovo.

Die EU-Botschafter kamen am Freitagnachmittag in Brüssel zu einer Sondersitzung zusammen, um über die Entsendung einer EU-Mission in den Kosovo zu beraten. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte zuvor in Berlin mitgeteilt, die Mission sei von den EU-Staaten bereits im Umlaufverfahren beschlossen worden. Die KFOR verlegte indes 40 Polizisten in den serbisch bewohnten Nordteil des Kosovo, der versuchen könnte, sich im Fall einer Unabhängigkeit der Provinz an Serbien anzuschließen.

Steinmeier sagte bei einer Pressekonferenz mit seinem schwedischen Außenminister Carl Bildt, die zivile Stabilisierungsmission im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) sei im Umlaufverfahren beschlossen worden. Das schriftliche Verfahren findet Anwendung bei Fragen, die dringend sind oder bei denen wegen der Einigkeit der Mitgliedsstaaten kein weiterer Diskussionsbedarf herrscht.

Mehrere EU-Diplomaten widersprachen den Angaben Steinmeiers. Vielmehr hieß es, die EU-Botschafter sollten um 15.00 Uhr zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um über die geplante Stabilisierungsmission der EU im Kosovo zu beraten. Die Botschafter sollen eine Einigung über die rechtlichen Grundlagen für die zivile EU-Krisenmission mit 1.800 Polizisten und Rechtsexperten finden, verlautete aus diplomatischen Kreisen in Brüssel. Der endgültige Beschluss könne durch EU-Außenminister, einen anderen Ministerrat oder im schriftlichen Umlaufverfahren getroffen werden. Dies bedeutet, dass die Kosovo-Mission noch vor der nächsten Sitzung der EU-Außenminister am 18. Februar beschlossen werden könnte.

Bisher hatte Zypern völkerrechtliche Bedenken gegen den Durchführungsbeschluss für die Mission geltend gemacht. Für Zypern ist die geltende UNO-Resolution 1244 keine ausreichende Rechtsgrundlage für das Vorgehen der EU. Serbien widersetzt sich der Mission, in der es eine Anerkennung der Unabhängigkeitspläne der Kosovo-Albaner erkennt.

Die UNO-Polizei hat indes 40 zusätzliche Polizisten im mehrheitlich von Serben bewohnten Norden des Kosovo stationiert. Zuvor hatte die internationale Schutztruppe KFOR angekündigt, am Montag 550 Soldaten in den Nordteil der Provinz verlegen zu wollen. Politische Beobachter rechnen damit, dass die serbische Bevölkerung des Nordkosovo unmittelbar nach der Unabhängigkeitserklärung den Anschluss der Region an Serbien verkünden wird. Als mögliches Datum der Unabhängigkeitserklärung wird der 6. Februar kolportiert, wenn das Kosovo-Parlament planmäßig zu seiner nächsten Sitzung zusammentritt.

Steinmeier betonte, die EU sei gut auf die Unabhängigkeitserklärung vorbereitet. Man brauche nicht viel Fantasie dafür, um vorherzusagen, wie die Reaktion der EU darauf ausfallen werde, deutete er eine Anerkennung an. Der rumänische Präsident Traian Basescu legte sich indes gegen eine Anerkennung fest. Davon gehe die falsche Botschaft an andere Länder mit Minderheiten aus, sagte er am Donnerstagabend bei einem Vortrag in Brüssel. Auch der slowakische Außenminister Jan Kubis bezog bei einem Treffen mit seinem serbischen Amtskollegen Vuk Jeremic am Freitag in Preßburg gegen eine Unabhängigkeit des Kosovo Stellung. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) hatte zum Jahreswechsel in einem APA-Interview auf die Frage nach der Unabhängigkeit des Kosovo gesagt, Österreich werde innerhalb der EU “mit Sicherheit zu jenen gehören, die hier klar Position beziehen und die Orientierung vorgeben”.

Der Kosovo steht seit den NATO-geführten Angriffen gegen Jugoslawien 1999 unter UNO-Verwaltung. Serbien lehnt eine Unabhängigkeit der Provinz ab und wird darin von Russland unterstützt. Die EU hat bei den Kosovo-Albanern erreicht, mit der Unabhängigkeitserklärung die serbische Präsidentenwahl am 3. Februar abzuwarten, um die Siegeschancen des pro-westlichen Amtsinhabers Boris Tadic nicht zu gefährden. Tadic liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem Nationalisten Tomislav Nikolic.

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