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"Alle hatten sie plötzlich Uniformen"

Lustenau - Albert Holzer weiß noch, wie es damals war. Ganz genau. "Als die Nazis die Macht übernahmen, da krochen sie auch bei uns aus den Löchern."

Sofort hatten sie alle Uniformen an. Und Leute, mit denen du vorher ein normales Verhältnis hattest, standen dir plötzlich feindselig gegenüber“, erinnert sich Albert Holzer.

Die Angst

Noch am Dienstag, drei Tage vor dem Anschluss, arbeitete der Lustenauer in Lindau bei einer Baufirma. „Dort sagte man mir. Komm nicht mehr. Da ist etwas im Busch.“ Am Mittwoch marschierte in Lustenau die Heimwehr noch einmal auf. Letzte Beschwörungen des Staates Österreich. Dann war alles aus. „Ich hatte Angst“, sagt der heute alte Mann. Und dieses Gefühl spiegelt sich noch heute in seinen Augen, wenn er über damals spricht. Leibhaftig erinnert er sich an bedrohliche Begebenheiten. Als ihn ein Bekannter drohend mit „Heil Hitler“ grüßte, als ihn ein anderer Nazi beim Singen von braunen Liedern einen Fußtritt versetzte. „Weil ich nicht rechtzeitig aufgestanden war.“

Unvergessen

Aber am Schlimmsten für ihn war, wie die Nazis, lange nach dem vollzogenen Anschluss, seine Mutter behandelten. Eine Denunziantin hatte ihr vorgeworfen, „Feind“-Radio zu hören. Der bloße Verdacht reichte, sie zu verurteilen und einzusperren. „Und nach dem Krieg kniete diese Frau bei uns am Boden und bat um Verzeihung. Wir haben sie in Ruhe gelassen. Aber vergessen kannst du so etwas nie.“ Albert Holzer wandelte sich nach dem Krieg zu einem überzeugten Sozialdemokraten, kannte Bruno Kreisky sehr gut. Resolut vertrat er als „politischer Exote“ im nicht unbedingt roten Lustenau seine politische Haltung.

Das Radikale bleibt

Und doch blieben für ihn Begriffe wie Versöhnung und Ausgleich immer oberste Prinzipien. Lehren auch aus dem Anschluss. Genauso wie die Erkenntnis, dass Leute, die einmal radikal waren, das immer irgendwie in sich tragen. „Auch wenn sie zuerst glauben machen, sie hätten sich geändert. Diese Erfahrung musste ich nach dem Krieg machen.“

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