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Alarmstufe rot

Die Ibiza-Affäre hat auch SPÖ und ÖVP erreicht.
Die Ibiza-Affäre hat auch SPÖ und ÖVP erreicht. ©APA/ROBERT JAEGER
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Folgen der Ibiza-Affäre werden zunehmend auch für die Wiener SPÖ von Bürgermeister Michael Ludwig bedrohlich.

So schnell geht’s. Zunächst hat die Ibiza-Affäre ausschließlich der FPÖ zu schaffen gemacht. Andere Parteien schienen nur davon profitieren zu können. Zum Beispiel die Neue ÖVP von Ex-Kanzler Sebastian Kurz: Bei ihr hatte man fast schon auf einen historischen Wahlerfolg bei der Nationalratswahl im September wetten können. Oder bei der Wiener SPÖ von Bürgermeister Michael Ludwig: Zumindest ihre Sorgen, die Führung über die Stadt an Heinz-Christian Strache zu verlieren, waren verflogen.

Mittlerweile ist jedoch allerhand in Bewegung gekommen. Und zwar auch zum Nachteil dieser beiden Parteien: Sie sind eher nur noch mit Schadensbegrenzung in Sachen Parteienfinanzierung beschäftigt; Vereine in ihrem Umfeld sind gemeinsam mit FPÖ-nahen Organisationen ins Visier der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geraten.

Dass die Ibiza-Affäre nicht blau geblieben, sondern ein bisschen auch türkis-schwarz und rot geworden ist, ist ziemlich einfach zu erklären: Strache hatte in dem Video ausgeführt, wie Spenden an der Öffentlichkeit vorbei an die Freiheitlichen geschleust werden könnten; über einen Verein nämlich. Das hat Aufmerksamkeit erregt; Parteifinanzen werden seither ausgeleuchtet, so gut es geht. Und zwar naheliegenderweise auch jene von ÖVP und SPÖ; auch dort existieren schließlich Vereine, über die man sich nur wundern kann.

Womit wir zur Wiener SPÖ überleiten können: Einer dieser Vereine ist das „Wiener Kulturservice“. Gemeinsam mit der Partei organisiert er das Donauinselfest. Von der SPÖ-geführten Stadt werde er jährlich mit 1,8 Millionen Euro gefördert, so ORF.AT. Laut einem Rechnungshof-Rohbericht habe er wiederum Gelder für SPÖ-Werbung verwendet. Sie kennen sich nicht mehr aus? Genau das ist der Punkt: Hier existiert keine nachvollziehbare Trennung zwischen Stadt, Verein und Partei mehr. Alles ist irgendwie eins.

Vergleichbare Dinge gibt es offensichtlich auch bei der ÖVP, ganz besonders bei der SPÖ reichen sie in Wien jedoch weiter und werden nun zur großen Belastung für sie: Es existieren ja auch noch die Unternehmensbeteiligungen. Ein Beispiel: Die Partei ist den Angaben zufolge, die sie selbst gegenüber dem Rechnungshof gemacht hat, an der Sozialbau AG beteiligt, die nicht zuletzt Geschäfte mit der Stadt macht, die politisch eben von der Partei geführt wird. Das ist genau genommen eine klassische Unvereinbarkeit. Selbst wenn es hier um gemeinnützige Wohnungen geht und alles in allem gut gemeint sein mag: Warum kann die Partei nicht einfach nur dafür sorgen, dass die Stadt genügend Gemeindebauten errichtet und allenfalls auch parteifreie Akteure einspringen, um dabei mitzuwirken? Die Wahrscheinlichkeit, dass das in den nächsten Wochen und Monaten noch eingehender diskutiert wird, ist groß.

Für Michael Ludwig ist das im Hinblick auf die Gemeinderatswahl im kommenden Jahr brandgefährlich: Hier gerät ein System ans Licht, dass in Ermangelung zeitgenössischer Transparenzbestimmungen zu lange nur ansatzweise sichtbar war und im Übrigen im Dunkeln blieb. Damit sind keine Wahlen zu gewinnen, im Jahr 2019 ist so etwas nicht mehr populär. Im Gegenteil.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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