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AK: Zufriedenheit der Arbeitnehmer so gering, wie noch nie

Das Einkommen ist laut AK der größte Unzufriedenheitsfaktor bei den Arbeitnehmern.
Das Einkommen ist laut AK der größte Unzufriedenheitsfaktor bei den Arbeitnehmern. ©Bilderbox
Das Wohlbefinden der Salzburger Arbeitnehmer ist 2011 in den Keller gerasselt. So schlecht war der allgemeine Arbeitsklima-Index in Salzburg mit einem aktuellen Wert von 107 seit Erhebungsbeginn noch nie. Vor allem die Themen Einkommen, Rolle als Arbeitnehmer in der Gesellschaft und steigender Zeitdruck machen den Menschen zunehmend Sorgen.

„Das wird sich kaum ändern, solange die Arbeitnehmer das Gefühl haben, immer und überall draufzuzahlen“, sagt AK-Präsident Pichler und fordert von der Politik endlich mehr Wertschätzung und Gerechtigkeit gegenüber den Beschäftigten. „Derzeit wird am falschen Eck gespart, die Arbeitnehmer werden über Gebühr belastet, aber Verursacher und Profiteure der jüngsten Krise bleiben fast ungeschoren!“     

AK erhebt Arbeitsklima regelmäßig seit 2004

Seit 2004 erhebt die Arbeiterkammer Salzburg in Zusammenarbeit mit IFES die Stimmung unter den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Das Ergebnis für 2011 ist ernüchternd: Das Wohlbefinden der Salzburger Beschäftigten befindet sich – nach einer leichten Erholung im Jahr 2010 – auf einem historischen Tiefstand. Die Zufriedenheit ist im Vergleich zu 2010 gleich um sieben Zähler auf 107 Indexpunkte gefallen. So ein niedriger Wert wurde seit Erhebungsbeginn vor acht Jahren überhaupt noch nie erreicht.

Nach den krisenbedingt schlechten Indexwerten der Jahre 2008 und 2009, hat sich die Stimmung 2010 wieder etwas gebessert – vermutlich korrelierend mit der Erholung am Salzburger Arbeitsmarkt. Seither sind aber nahezu alle Parameter rückläufig, in vielen Bereichen werden die schlechtesten Werte seit Erhebungsbeginn registriert. So etwa wie die Befragten ihre soziale Position in der Gesellschaft sehen, was Vereinbarkeit von Beruf und Familie betrifft, bei der Zufriedenheit mit dem Einkommen – Stichwort Bedürfnisdeckung oder das Empfinden über die Sicherheit des eigenen Jobs, wenn gleich die eigenen Chancen am Arbeitsmarkt wieder besser als zuletzt eingeschätzt werden.

Zufriedenheit mit Einkommen im Keller

Die Zufriedenheit mit dem Einkommen ging im Jahr 2011 stark zurück, es ist das schlechteste Ergebnis seit Erhebungsbeginn. So sinkt der Anteil der sehr und eher Zufriedenen auf 50 Prozent (2010: noch 62 Prozent). Das heißt, nur jeder zweite Salzburger Be¬schäftigte ist mit dem Einkommen zufrieden. Hingegen steigt der Anteil der wenig bis gar nicht Zufriedenen auf 26 Prozent (2010: 17 Prozent).

Für Siegfried Pichler liegen die Gründe für diese Entwicklung auf der Hand: „Die Gewerkschaften haben in den letzten Jahren zwar ihr Möglichstes getan und gut verhandelt – die Einkommen sind gestiegen. Doch leider nur auf dem Papier, denn die hohe Steuerbelastung und die Teuerung, speziell bei den Lebenshaltungskosten, haben die Einkommenszuwächse nicht nur komplett aufgefressen, sondern ein reales Minus in den Geldbörsen der Salzburgerinnen und Salzburger hinterlassen. Die von der Bundesregierung vorgelegten Sparpakete der kommenden Jahre werden kaum eine Trendumkehr bewirken“, fürchtet der AK-Präsident.  

Salzburger finden kein Auskommen mit ihrem Einkommen

Ein wesentlicher Einflussfaktor darauf, wie zufrieden die Beschäftigten mit ihrem Einkommen sind, ist, ob das Einkommen zur Bedürfnisdeckung ausreicht. Das Ergebnis der aktuellen Befragung fasst Studienautorin Ines Grössenberger wie folgt zusammen: „Umgemünzt auf Noten von 1 bis 4 (1=ich kann sehr gut von meinem Einkommen leben; 4=Einkommen reicht nicht aus), geben 55 Prozent der Befragten an, sehr gut oder ausreichend davon leben zu können und 32 Prozent sagen, es reicht gerade noch aus. Erschreckend ist, dass beinahe jeder Siebente (14 Prozent) kein Auslangen mit seinem Einkommen findet.“

„Dramatisch ist, dass sich der Anteil jener Beschäftigten, welchen das Einkommen nicht ausreicht, von 2010 auf 2011 verdoppelt hat“, sagt Pichler. Von den Arbeitern gibt keiner an, sehr gut vom Ein¬kommen leben zu können, bei An¬gestellten lediglich 15 Prozent. Für 40 Prozent der Arbeiterinnen und Arbeiter reicht das Einkommen gerade, für jeden Dritten (33 Prozent) reicht es gar nicht zum Leben aus.

 „Die aktuellen Ergebnisse in Sachen Einkommen bestätigen eine unsere zentralen Forderungen nachdrücklich“, so der AK-Präsident, „das trotz Verbesserungen nach wie vor ungerechte Steuersystem muss endlich beseitigt werden! Nach wie vor werden in diesem Land Arbeitseinkommen höher besteuert als Einkommen aus Vermögen und Besitz – auch die kleineren gesetzlichen Änderungen im Zuge der aktuellen Sparmaßnahmen haben daran im Grunde nichts geändert. Für mehr Verteilungsgerechtigkeit und gegen die Teuerung zu kämpfen bleibt nach wie vor das Ziel der AK auf dem Weg zu einer besseren und gerechteren (Arbeits-)Welt.“

Zufriedenheit mit gesellschaftlicher Position sinkt

Die Bewertung des gesellschaftlichen Status, also der Zufriedenheit mit der sozialen Position als Arbeitnehmer in der Gesellschaft sowie den Rechten als Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber sinkt 2011 auf den niedrigsten Wert seit Erhebungsbeginn im Jahr 2004. 61 Prozent sind sehr oder eher zufrieden (2004 noch 80 Prozent), sechs Prozent wenig zufrieden. Im Längsschnitt betrachtet lässt sich eine kontinuierliche Abnahme in der Zufriedenheit beobachten, vor allem der Anteil der Indifferenten (Note 3) vergrößert sich über die Jahre immer weiter.

„Ähnlich wie bei der Zufriedenheit mit dem sozialen Status entwickelt sich die Zufriedenheit mit den Rechten als Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitgebern“, berichtet die Studienautorin. 57 Prozent der Beschäftigten sind sehr oder eher zufrieden (2010: 69 Prozent), wenig zufrieden sind sechs Prozent der Befragten (2010: sieben Prozent). Auch hinsichtlich dieses Aspekts lässt sich im Längsschnitt eine kontinuierliche Abnahme in der Zufriedenheit beobachten, auch hier vergrößert sich der Anteil der Indifferenten (Note 3) über die Jahre.

AK-Präsident Siegfried Pichler: „Den Beschäftigten muss wieder mehr Wertschätzung entgegengebracht werden, denn sie haben über Jahrzehnte unseren Wohlstand erwirtschaftet und  – nicht zu vergessen – die Zeche für die Krise gezahlt. Darum braucht es mehr denn je ein Zeichen, dass ihre Leistung geschätzt und gebraucht wird. Die Reichen wieder davonkommen zu lassen und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erneut in die Taschen zu greifen, ist das falsche Signal“, so Pichler in Richtung Bundesregierung. „In der Arbeiterkammer haben die Beschäftigten eine starke Lobby, die Ungerechtigkeiten vehement aufzeigt und bekämpft. Die Menschen können sich auf uns verlassen!“
Außerdem: Die Zufriedenheit mit den Rechten als Dienstnehmer hängt eng mit der Betriebs¬größe und dem Vorhandensein eines Betriebsrates zusammen. „Je größer der Betrieb ist, desto zufriedener sind die Beschäftigten mit ihren Rechten, was wiederum im gewerkschaftlichen Organisationsgrad mitbegründet ist“, erklärt der AK-Präsident. Die Zahlen bestätigen: 71 Prozent der Beschäftigten, die in ihrem Unternehmen einen Betriebsrat haben, sind sehr oder eher zufrieden mit ihren Rechten, in Betrieben ohne Betriebsrat sind es 56 Prozent.

Berufszufriedenheit am deutlichsten gefallen

Am stärksten rückläufig ist der Teilindex Arbeit, welcher den relevantesten Teilbereich des Arbeitsklimaindex darstellt, da es sich hier um die unmittelbaren Bereiche des Arbeits¬umfeldes und unterschiedliche Belastungs¬formen am Arbeitsplatz handelt. Besonders groß ist die Unzufriedenheit mit der Zeiteinteilung, also mit der Arbeitszeit¬regelung und den Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben. Grössenberger: „Der Anteil an Überstundenleistenden beträgt aktuell 39 Prozent, dies bedeutet einen Anstieg um zwölf Prozentpunkte zum Vorjahr (2010: 27 Prozent), seit dem Krisenjahr 2009 erhöht sich der Anteil an Beschäftigten, die Überstunden leisten kontinuierlich.“

Die Zufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sinkt noch stärker als die Zufriedenheit mit der Arbeitszeitregelung und erreicht 2011 den schlechtes¬ten Wert seit Erhebungsbeginn. Nur gut jeder dritte Vollzeitbeschäftigte (37 Prozent) und 43 Prozent der Teilzeitbeschäftigten sind sehr zufrieden mit der Vereinbarkeit. Überstunden beeinflussen die Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Interessen und Verpflichtungen stark. So gibt nur jeder Vierte (24 Prozent) Beschäftigte, der Überstunden leistet, eine sehr gute Vereinbarkeit an, bei Beschäftigten die keine Überstunden machen, ist es jeder Zweite (48 Prozent).

Der AK-Präsident: „Daraus lässt sich ablesen, dass sich immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Sicherheit ihres Jobs quasi mit einer erhöhten Überstundenleistung und mehr Belastung – zu Ungunsten von familiären Verpflichtungen – erkaufen müssen“, so Pichler.

AK: Druck auf Dienstnehmer steigt

In allen Belastungsformen des Arbeitsklimaindex lässt sich in der aktuellen Erhebung ein Anstieg beobachten, wobei der Zeitdruck am Arbeitsplatz am stärksten zunimmt, gefolgt von Innovationsstress, also die Belastung durch technische und organisa¬torische Veränderungen oder den ständigen Wechsel der Arbeitsabläufe: Jeder zweite Beschäftigte (50 Prozent) fühlt sich stark oder eher stark durch Zeitdruck am Arbeitsplatz belastet.

Eckdaten: Was ist der Arbeitsklima-Index?

Der Arbeitsklima-Index ist ein Stimmungsbarometer, mit dem man das gegenwärtige Arbeitsklima und das Wohlbefinden der Arbeitnehmer messen und Trends in der Arbeitswelt erkennen kann. Er wurde im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich von IFES (Institut für empirische Sozialforschung) und SORA (institute for social research and analysis) entwickelt und ist in Salzburg seit 2004 das Instrument zur Beobachtung und Überprüfung der Arbeitsqualität und des Wohlbefindens der Beschäftigten.

Die Erhebung und Eingabe der Daten sowie die Berechnung der Indexwerte erfolgt durch IFES, die Auswertung und Analyse der Ergebnisse durch das Zentrum für Zukunftsstudien (ZfZ) der Fachhochschule Salzburg in Kooperation mit der Arbeiterkammer Salzburg.

Aber nicht nur die Stimmung unter den Salzburger Beschäftigten wird jährlich von der AK erfasst. Jährlich werden auch einzelne Branchen genau unter die Lupe genommen. 2008 waren das Banken und Versicherungen, Lehrlinge, atypisch Beschäftigte und Freie Dienstnehmer sowie geringfügig Beschäftigte. 2009 erhob man einen detaillierten Index über die Stimmung in der Baubranche, 2010 im Handel sowie bei Kulturbetrieben und im Vorjahr im Tourismus. Heuer findet die Folgebefragung unter den Lehrlingen statt und erstmals wird ein eigener Index für freiberufliche Dienstnehmer erhoben.

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