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"Aida" wurde in der Tat klargewaschen

Es ging sich trotz Nässe nur bis kurz vor Schluss aus: Wiederaufnahme-Saison von „Aida“ verlief gestern Abend regenreich.
Bilder von der Vorstellung
Eröffnung: Das Beste der Liveübertragung

Die knapp 7.000 Premierenbesucher erlebten ein feuchtes Open-Air-Spektakel, das nach rund 90 Minuten mitten im dritten Akt wegen anhaltendem Regen abgebrochen werden musste. Die glücklichen Besitzer von “Hauskarten” übersiedelten in das Festspielhaus und erlebten dort den Schluss der Oper in der vergleichsweise schlichten Indoor-Version.

Der Steg, auf dem König Ramses (bzw. Bradley Garvin mit viel Power) singt, klappt auch heuer aus dem Wasser hoch in die Luft und entpuppt sich als Fackelarm der Freiheitsstatue. Feldherr Radames zieht wieder mit einer in Gold gefassten Kanone in den Krieg und kehrt siegreich auf einem Elefanten mit hochgerecktem Rüssel zurück. Die Frauen verteidigen derweil wieder ihre Bodenhaftung. Während sich Pharaonentochter Amneris Sklaven wie Hunde hält, verrichtet das gefangene Königskind Aida, der Maria José Siri ihre warme Stimmer verleiht, tapfer Putzarbeiten. Schon Giuseppe Verdi hat die Rollen in seinem 1871 uraufgeführten, berühmt gewordenen Werk „Aida“ unmissverständlich verteilt.

Farben und Stimmen leuchten

Der Regie obliegt es, Schattierungen zwischen Gut und Böse sowie Wandlungen plausibel zu machen. Radames verliebt sich in das Feindeskind (Arnold Rawls gibt stimmlich dafür alles), widersetzt sich wuchtig den Werbungen der ungemein sicheren Amneris der Iano Tamar, begeht politische Fehler und hat keine Chance, dem ungerechten Todesurteil zu entkommen. Nicht in antiker Vorzeit und nicht heute. Diese Tatsache hüllen Regisseur Graham Vick und sein Bühnenbildner Paul Brown in das Bild der umgestürzten Siegesstatue, aus dessen Trümmern rasch wieder das Zeichen eines neuen Regimes erwachsen könnte. Dass eine Freiheitsstatue, wie sie hier akzentuiert wird, nicht symbolisiert, dass ein Leben in Freiheit möglich ist, müssen die Zuschauer selbst weiter denken. Mit Priester- bzw. Bischofsmützen, die immer noch wie Kanonen aussehen, mit viel Spektakel und Kriegsspielzeug fällt das nicht sonderlich schwer. Allzu starke Abu Ghraib-Anklänge sind während des Winters im Bodensee versickert. Das ist auch gut so. Man gewinnt den Eindruck, dass da und dort an den Kostümen gearbeitet wurde. Die Farben treten etwas stärker zu Tage bzw. leuchten in die Nacht hinaus, die Kräne als Bestandteil der Inszenierung sind dafür etwas leiser geworden.

Akustik aufpoliert

Man will es nicht verschreien, aber bei der gestrigen Premiere der „Aida“ am See kam man zum Ergebnis, dass die Festspiele ihr Akustik-System sehr zum Vorteil der Wiener Symphoniker unter Carlo Rizzi weiter aufpoliert haben. Das Grelle wird zum Glanzvollen und kann so exakt wahrgenommen werden, dass das Premierenpublikum immer wieder Szenen- bzw. Auftrittsapplaus spendet. Er gilt vor allem Aida, aber etwa auch den Duett- und Quartett-Leistungen. Dass das Publikum sie überhaupt würdigen kann, bestätigt die gute Seebühnen-Akustik Mit sehr schöner, klarer Sprache agieren Quinn Kelsey als Amonasro, die Priesterin (Elisabetta Martorana) und Tigran Martirossian als Oberpriester.

Konzentriert

Es gibt nach wie vor viel Show, aber „Aida“ verkommt nicht zu dieser. Selten hat ein Regie-Team den See derart genutzt wie Graham Vick und Paul Brown. Schön, dass nun auch noch etwas stärker zum Tragen kommt, dass ein Ort der eigentlichen Handlung das Nilufer ist. Dort regnet es seltener, aber etwas Nässe von oben halten in Bregenz bekanntlich Künstler wie das Publikum aus. Gestern jedenfalls, bis die Aufführung am See kurz vor Schluss abgebrochen werden musste.

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