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Afghanistan: Christ bereits in Italien

Der zum Christentum übergetretene Afghane Abdul Rahman befindet sich nach Angaben des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi bereits in Italien.

Die Regierung in Rom hat dem 40-jährigen Christen Asyl angeboten. Wegen seines Übertritts vom Islam zum Christentum drohte Rahman in Afghanistan zeitweilig die Todesstrafe.

Das Verfahren gegen Rahman erregte internationales Aufsehen. Verbündete Afghanistans wie Deutschland rügten, dass in der noch jungen Demokratie das Recht auf Religionsfreiheit verletzt werde. Rahman hatte vor seiner Rückkehr nach Afghanistan zeitweise auch in Deutschland gelebt. Er war vor 15 Jahren zum Christentum übergetreten.

Vorbericht: Streit um Ausreise

Parlamentssprecher Yunus Qanooni sagte am Mittwoch in der afghanischen Hauptstadt, die Freilassung Rahmans aus der Haft habe gegen geltende Gesetze verstoßen. Abgeordnete forderten, der Konvertit dürfe nicht ausreisen. Das Außenministerium in Kabul teilte unterdessen mit, Rahman habe sein Heimatland bereits verlassen.

Die Parlamentarierin Safia Seddiqi sagte der dpa: „Die meisten Abgeordneten bestehen auf einer Hinrichtung (Rahmans), weil er nach unserer Religion nicht am Leben sein sollte.“ Die fundamentalistischen Taliban haben zur Tötung Rahmans aufgerufen, der wegen Apostasie in Haft genommen worden war.

Nach massivem Druck aus dem Westen war der wegen Abkehr vom islamischen Glauben mit der Todesstrafe bedrohte Rahman am Montagabend aus einem Hochsicherheitsgefängnis in Kabul entlassen worden. Rahmans Aufenthaltsort war am Mittwoch unklar. Er hatte unmittelbar nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft über die Vereinten Nationen um Asyl in einem Land außerhalb Afghanistans gebeten. Aus Italien und auch aus Deutschland waren Angebote gekommen, den Konvertiten aufzunehmen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich am Mittwoch erleichtert über die Freilassung Rahmans. Im Bundestag dankte sie allen, die dies ermöglicht haben. Qanooni sagte, das afghanische Parlament wolle vom Verfassungsgericht und dem Generalstaatsanwalt Auskunft darüber, warum Rahman aus dem Gefängnis entlassen wurde. Abgeordnete würden außerdem auf das Innenministerium einwirken, Rahmans Ausreise zu verhindern.

Das italienische Kabinett stimmte am Mittwoch dem Vorschlag zu, Rahman Asyl zu gewähren. Das Kabinett habe sich hinter den Vorschlag von Ministerpräsident Silvio Berlusconi gestellt, erklärte Sozialminister Roberto Maroni am Mittwoch. Außenminister Gianfranco Fini hatte bereits am Dienstag erklärt, sein Land wolle Rahman aufnehmen. Justizminister Roberto Castelli betonte gleichzeitig, es sei „seltsam, dass ein Land wie Afghanistan – das dank des Eingreifens des Westens demokratisch geworden ist – den Westen in einem solchen Fall um politisches Asyl bitten muss“.

Die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik hatte im Namen der EU-Ratspräsidentschaft scharfe Kritik an dem Prozess gegen den Afghanen geübt. Es könne „nicht angehen, dass jemand für ein grundlegendes Menschenrecht wie die Religionsfreiheit vor Gericht steht und mit der Todesstrafe bedroht wird“.

Der afghanische Vize-Generalstaatsanwalt Mohammed Eshak Aloko hatte am Dienstag gesagt, Rahman gelte zunächst als unzurechnungsfähig. Sollten weitere Untersuchungen ergeben, dass Rahman doch zurechnungsfähig ist, könnten die afghanischen Behörden ihn nach einer Ausreise in ein anderes Land „durch Interpol wieder nach Afghanistan bringen“ lassen und erneut vor Gericht stellen. Beobachter halten das allerdings für ausgeschlossen.

Unter anderem Deutschland, Italien, die EU und die USA hatten die afghanische Regierung gedrängt, für eine Rettung des Afghanen zu sorgen. Auch Papst Benedikt XVI. hatte um Gnade für den Konvertierten gebeten. Rahman war vor rund 15 Jahren zum Christentum übergetreten, als er in Pakistan für eine Hilfsorganisation arbeitete, die afghanische Flüchtlinge unterstützte. Rahman weigert sich, wie von der Staatsanwaltschaft ursprünglich gefordert, zum Islam zurückzukehren. Er lebte vor seiner Rückkehr nach Afghanistan in Deutschland und in Belgien.

Nach der Sharia, der islamischen Rechtsordnung, auf der das afghanische Rechtssystem basiert, steht auf die Abkehr vom islamischen Glauben die Todesstrafe. Das gilt aber nur, wenn der Konvertit im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte ist.

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