Die Party ist vorbei: Selbst am Höhepunkt der Coronakrise hatte es sich der bisherige Wirtschafskammerpräsident Harald Mahrer (ÖVP) nicht nehmen lassen, sich mit einer Magnumflasche eines sterischen Weinguts fotografieren zu lassen und in einem Hochglanzmagazin dazu aufzurufen, das Leben zu genießen.
Okay, man könnte jetzt sagen, dass das damals als Ermunterung gemeint war, mehr zu konsumieren und so die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Es ist jedoch abgehoben, ja präpotent rübergekommen; stellte eine Zumutung für all die Menschen dar, die in existenziellen Nötigen steckten, ob Arbeitnehmer oder Unternehmer, denen so gar nicht nach Party zumute war.
Mahrer hat’s nicht kapiert, er hat die Jahre seither nicht dazu genützt, auf sie zuzugehen. Im Gegenteil, allein dass er sich anmaßte, als Präsident von Wirtschaftskammer, ÖVP-Wirtschafsbund und Generalrat der Nationalbank 28.500 Euro im Monat verdienen zu müssen, dass er glaubte, in Zeiten wie diesen seinen Mitarbeitern in der Kammer eine Gehaltserhöhung von 4,2 Prozent zugestehen zu müssen, ist unglaublich: Herr und Frau Österreicher wird von seinesgleichen mitgeteilt, dass sie sich bei Löhnen und Pensionen bescheiden müssten, weil sonst die Inflation weiter befeuert werden würde, aber in der Wirtschaftskammer soll alles anders sein.
Der Schaden, den Mahrer angerichtet hat, ist riesig. Typen wie er und ÖVP-Klubobmann August Wöginger besiegeln das Ende der Volkspartei: Wöginger steht dafür, dass Korruption im Sinne von Postenschacher „normal“ sein soll; für vollkommenes Unverständnis dafür, dass das Unverzeihlich ist gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.
Auch in seinem Fall geht es um Abgehobenheit, ja Präpotenz: Es wird auf Chancengleichheit aller, geschweigen denn Dinge wie Qualifikation oder Leistung gepfiffen. Das Einzige, was zählt, ist die Partei: Nur wer von ihr oder einem ihrer Vertreter als würdig bezeichnet wird, darf einen höheren Posten übernehmen.
Die ÖVP hätte Zeit gehabt, das zu korrigieren und dafür zu sorgen, dass das, was Mahrer und Wöginger verkörpern, verschwindet. Durch Sebastian Kurz hat sie jedoch nur versucht, darüber hinwegzutäuschen. Das rächt sich.
Jetzt ist es fünf nach zwölf: Auf Bundesebene und in der Steiermark ist sie bereits hinter die FPÖ zurückgefallen. Sie ist auf dem Weg zur Mittelpartei. Mit Christian Stocker als Obmann ohne Ambitionen für irgendetwas.
Typen wie Mahrer mögen ersetzt werden. Ihr Geist bleibt jedoch: Bei den Gagenerhöhungen in der Wirtschaftskammer zum Beispiel waren ja viele dabei; auch Landespräsidentinnen und -präsidenten, durchwegs Leute, die nicht zuletzt in der ÖVP sehr mächtig sind.
Gespür für Macht zeichnet ihresgleichen aus. Daher werden sie auch nicht mit der Partei untergehen, sondern versuchen, rechtzeitig abzuspringen. Und schauen, dass sie bei der kommenden Wahl zusammen mit Gleichgesinnten eine neue Liste bilden können. Mit einem Spitzenkandidaten vom Schlage eines Sebastian Kurz, der alles überstrahlt.
Das jedenfalls ist ein Szenario, das für die ÖVP jetzt verdammt realistisch geworden ist.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik