Urteil gegen 14-Jährigen nach Attacken auf Schwester wegen Kopftuch
Am letzten Tag vor den Sommerferien beschloss die 16-Jährige, ihr Kopftuch abzulegen. Dies wurde von ihrem Bruder nicht akzeptiert. Er wurde gewalttätig und drohte ihr mehrfach mit dem Tod, falls sie ihre Haare nicht verhüllen würde. Darüber hinaus beschränkte er sie allgemein in ihrer Lebensweise.
Schwester legte Kopftuch ab, 14-Jähriger bedrohte und attackierte sie
Der ursprünglich aus dem Irak stammende, äußerlich fast noch kindlich wirkende Jugendliche verbat der 16-Jährigen etwa den Umgang mit ihrer besten Freundin, weil diese einen fixen Freund hatte. Er untersagte ihr auch Treffen mit ihren männlichen Schulfreunden, wobei die Schwester den Kontakt zu sämtlichen männlichen Bezugspersonen tatsächlich abbrach, wie sie der Richterin offenbarte. Sie hatte demnach Angst, "dass er mich vor ihnen schlägt."
Sie musste auch Bilder auf Instagram löschen und andere Social-Media-Accounts tilgen. Ihre Haare wieder zu bedecken, kam für die Jugendliche allerdings nicht in Betracht. "Das war meine endgültige Entscheidung. Er konnte nichts dagegen tun", bekräftigte sie in ihrer Zeugenbefragung im Grauen Haus. Selbst als der 14-Jährige sie mit einem Messer bedrohte, wich sie von ihrem Entschluss nicht mehr ab. Sie nahm auch Faustschläge gegen den Oberarm und Beleidigungen und Beschimpfungen in Kauf.
Schwester schloss sich vorsorglich nachts in ihrem Zimmer ein
Vorsorglich schloss sie sich jedoch nachts in ihrem Zimmer ein: "Meine Mutter hat mir gesagt, dass ich die Türe zusperren soll. Dass er nicht zu mir kommt und mir die Haare abschneidet oder mich absticht." Die Mutter der Geschwister, die vom Angeklagten ebenfalls bedroht und eingeschüchtert worden war, weil sie die Entscheidung ihrer Tochter unterstützte, wandte sich schließlich hilfesuchend ans Jugendamt. Dieses schaltete die Polizei ein. Der bisher unbescholtene 14-Jährige wurde am 18. Oktober auf Antrag der Staatsanwaltschaft wegen Tatbegehungsgefahr in U-Haft genommen.
Vor Gericht präsentierte sich der Schüler, der von der Justizwache in Handschellen zur Verhandlung eskortiert wurde, nun eher kleinlaut und weinerlich. "Ich bin glaube ich teilweise schuldig", meinte er zu Beginn seiner Einvernahme. Als die Richterin mit der Befragung starten wollte, begann er zu weinen, woraufhin sein Verteidiger den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragte. Es befänden sich zu viele Menschen im Gerichtssaal, sein Mandant könne sich unter diesen Umständen "nicht öffnen", argumentierte der Anwalt und hatte damit Erfolg. Der Angeklagte wurde hinter verschlossenen Türen vernommen.
Verteidiger: "Hatte Angst um den Ruf der Familie"
Der Verteidiger bezeichnete den 14-Jährigen als "unreifen Jugendlichen". Dieser habe sich "in der Rolle des Bruders und einzigen Mannes im Haushalt" gesehen. Der Vater des Burschen lebt in Australien. "Er hatte schlichtweg Angst um den Ruf der Familie", erklärte der Verteidiger die Tathandlungen des Angeklagten.
Der 14-Jährige wurde wegen Körperverletzung, gefährlicher Drohung und Nötigung schuldig gesprochen. Neben der Bewährungsstrafe wurde der Bursch per Weisung verpflichtet, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen. Außerdem wurde Bewährungshilfe angeordnet.
Nach der Urteilsverkündung wurde der 14-Jährige enthaftet. Zu seiner Familie dürfte er vorerst nicht zurückkehren. Seine Mutter hat gegen den Burschen eine einstweilige Verfügung erwirkt, die ihm das Betreten der Wohnung untersagt. "Dass er entfernt ist, damit es zu keinen Problemen kommt", wie die Mutter dem Gericht darlegte.
(APA/Red)