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74-Jährige mit Meißel niedergestochen: Prozess um Mordversuch in Wien

Eine Meißelattacke auf eine ältere Dame war am Dienstag Gegenstand eines Prozesses in Wien
Eine Meißelattacke auf eine ältere Dame war am Dienstag Gegenstand eines Prozesses in Wien ©APA (Sujet)
Ein versuchter Mord an einer betagten Passantin war am Dienstag Gegenstand eines Prozesses in Wien. Am 13. Oktober 2013 hatte ein Obdachloser in Wien-Ottakring ohne ersichtlichen Grund eine ihm völlig fremde Pensionistin mit einem Meißel attackiert.
Meißel-Attacke in Ottakring

“Ich hab’ so einen Hass gehabt auf mein Leben, so wie es gelaufen ist”: Mit diesen Worten hat ein 34-jähriger Mann am Dienstag einem Wiener Schwurgericht zu erklären versucht, weshalb er am 13. Oktober 2013 zu einem Meißel gegriffen hatte. Er habe sich das Leben nehmen wollen, behauptete der Mann. Stattdessen stieß er das metallene Werkzeug allerdings einer ihm völlig fremden Frau in den Rücken.

Meißel-Attacke in Ottakring

Die 73 Jahre alte Pensionistin wartete an einer Haltestelle auf der Wattgasse in Wien-Ottakring auf den Bus, als sie einen Stoß verspürte. “Auf einmal bin ich da gelegen”, schilderte sie als Zeugin dem Gericht (Vorsitz: Ulrich Nachtlberger). Sie habe zunächst gar nicht kapiert, was ihr widerfahren war, bis ihr ein Passant erklärte: “Sie haben was im Rücken stecken.”

Unklar, ob Opfer überlebt

Die Pensionistin wurde umgehend ins Spital gebracht, wo der Meißel entfernt und die Patientin fünf Stunden operiert wurde. “Sie haben nicht gewusst, ob ich durchkomme”, stellte die Frau fest. Hätte sie nicht drei Kleidungsschichten – darunter eine dicke, gefütterte Lederjacke – getragen, hätte sie kaum überlebt, vermutete die Zeugin.

“Habe niemanden töten wollen”

Der Täter, dem die Anklage versuchten Mord anlastete, versicherte, er habe “niemanden töten wollen”. Er konnte allerdings nicht plausibel machen, weshalb aus dem geplanten Suizid eine Attacke auf eine ihm völlig fremde Passatin wurde: “Ich kann es mir nicht erklären, weshalb ich derartig ausgezuckt bin.” Er habe “Substanzen” genommen gehabt. Die drei Joints, die er an diesem Morgen konsumiert hatte, wären “die stärkste Mischung, die ich je geraucht habe” gewesen. Er vermute daher, dass es sich dabei nicht um Cannabis, sondern einen wesentlich härteren Wirkstoff gehandelt habe.

Vorfall in Ottakring unter Drogen-Einfluss

Der Verteidiger bemerkte, sein Mandant, den er seit 20 Jahren aus gemeinsamen Schulzeiten kenne, habe infolge der unbekannten Substanz “die Kontrolle verloren” und sei “in einen die Trance vergleichbaren Zustand” geraten.

Bei dem Cannabis, das der 34-Jährige bei seiner Festnahme bei sich hatte, wurden laut einem chemischen Gutachten aber keine verdächtigen Bestandteile entdeckt. Es handelte sich um gewöhnliches “Gras”.

Obdachloser gestand Tat

Der Angeklagte hatte im Mai 2013 seine Wohnung verloren und die Monate danach auf der Donauinsel bzw. bei Bekannten geschlafen. Seine Wertgegenstände deponierte er in einem Self Storage-Lager auf der Wattgasse, wo er sich ein kleines Abteil angemietet hatte. Fallweise nächtigte er dort auch. Dort sollen ihm immer wieder Sachen gestohlen worden sein. Wenige Minuten vor der Meißel-Attacke hatte er nach eigenen Angaben bemerkt, dass ihm sein Staatsbürgerschaftsnachweis abhandengekommen war.

Mit den Worten “Ich habe eine Frau niedergestochen, bitte nehmt mich fest” hatte er nach der Tat mit seinem Mobiltelefon die Polizei verständigt. Zusätzlich zu einer Verurteilung beantragte die Staatsanwaltschaft die Unterbringung des an sich zurechnungsfähigen Mannes im Maßnahmevollzug.

Täter mit Persönlichkeitsstörung

Laut Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer soll er an einer Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Zügen, einer geringen Frustrationstoleranz und einer wiederkehrenden Neigung zu Gewalt leiden, die ihn derart gefährlich macht, dass dem Gutachter im Fall eines Schuldspruchs die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher geboten scheint.

Die Wahrscheinlichkeit, dass der Mann ohne entsprechende therapeutische Begleitmaßnahmen neuerlich eine Straftat mit schweren Folgen begehen wird, bezifferte Dantendorfer mit 55 Prozent.

Mit dem Urteil war am späten Nachmittag zu rechnen.

(apa/red)

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