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14-Jähriger im Jugendgefängnis vergewaltigt: Prozess ohne Zuhörer

In dem Wiener Jugendgefängnis kam es zu einer Vergewaltigung
In dem Wiener Jugendgefängnis kam es zu einer Vergewaltigung ©dpa (Sujet)
Hinter weitgehend verschlossenen Türen hat am Dienstag in Wien  die Verhandlung um einen 14-jährigen Burschen stattgefunden, der im Mai 2013 im Jugendtrakt der Justizanstalt (JA) Wien-Josefstadt von einem 17 Jahre alten Mithäftling misshandelt und zuletzt vergewaltigt worden sein soll.
Prozessbeginn in Wien
Ergebnisse der Task Force
Task Force "Jugend U-Haft"
Karl-Rücktritt gefordert
Massive Kritik an Karl
Reaktionen auf die Vorfälle
14-Jähriger vergewaltigt

Richter Norbert Gerstberger schloss die Öffentlichkeit nach dem Vortrag der Anklage am Wiener Straflandesgericht aus.

Massive Kritik an Beatrix Karl

Der Fall hatte im vergangenen Sommer für heftige Diskussionen um den Jugendstrafvollzug gesorgt und der damaligen Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) herbe Kritik eingetragen. Diese richtete dem 14-Jährigen in einer ersten Reaktion auf die erlittene Misshandlung aus, der Strafvollzug wäre “kein Paradies” und schloss eine Entschädigungsmöglichkeit für den Burschen aus.

Erst Tage später ruderte Karl zurück und setzte eine Task Force ein, die Verbesserungen im Jugendstrafvollzug in die Wege leitete. Diese legte Mitte Dezember ihren Abschlussbericht vor. Seither ist die Unterbringung von minderjährigen Häftlingen in Zwei-Mann-Zellen obligatorisch. Generell soll U-Haft für Jugendliche vermieden bzw. verkürzt werden.

Zu viert in Jugendgefängnis-Zelle

Der 14-Jährige war im vergangenen Frühjahr mit drei deutlich älteren Burschen in einer Zelle gesessen. Probleme dürfte er vor allem mit einem im Oktober 1996 geborenen, ursprünglich aus Südamerika stammenden Burschen gehabt haben.

Wie Staatsanwalt Sebastian Kleibel zu Beginn der Verhandlung darlegte, versetzte der Ältere dem Burschen am 6. Mai, nachdem abends die Zelle geschlossen wurde, nach einer verbalen Auseinandersetzung zunächst mehrere Ohrfeigen und stieß ihn schließlich zu Boden. Gemeinsam mit einem weiteren, knapp 17-Jährigen Mithäftling soll er dem am Boden Liegenden Faustschläge in den Bauch versetzt und den Wehrlosen mit Füßen getreten haben.

Erst Schläge, dann Demütigungen

Nach Darstellung des Staatsanwalts hatte sich die Situation danach fast schon wieder beruhigt, als der 14-Jährige den dritten Mitgefangenen ansprach, der unbeteiligt zugesehen hatte. Das veranlasste den gebürtigen Südamerikaner, neuerlich auf den 14-Jährigen loszugehen. Er misshandelte ihn laut Anklage zunächst mit einem nassen Geschirrtuch, leerte dann einen Mistkübel am Boden aus und ließ den körperlich unterlegenen Burschen die Abfälle und Essensreste mit einem Löffel essen.

Vergewaltigung in der JA Wien-Josefstadt

Unter Androhung weiterer Schläge soll er den 14-Jährigen dann gezwungen haben, sich komplett nackt auszuziehen. Der Anklage zufolge musste sich der mittlerweile verängstigte und eingeschüchterte Jugendliche gegen die Wand stellen und wurde von seinem Peiniger mit einem Besenstiel malträtiert, wobei jener ihn noch besonders gedemütigt haben soll, indem er ihn aufforderte, laut zu stöhnen.

Obwohl der 14-Jährige – wie der Staatsanwalt ausführte – “vor Schmerzen geschrien hat”, kamen die zwei 17-Jährigen diesem nicht zu Hilfe. Weil sie den Täter nicht von seinem Treiben abhielten und es unterließen, über die Notruftaste die Justizwache zu verständigen, saßen die beiden nun wegen Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung ebenfalls auf der Anklagebank.

Angeklagter teils geständig

Der Hauptangeklagte bekannte sich zur Körperverletzung, Nötigung und gefährlichen Drohung – er hatte dem 14-Jährigen eingeschärft, den Vorfall nicht zu melden – schuldig. “Er bedauert es sehr, bestreitet aber den Vorfall der Vergewaltigung”, replizierte der Verteidiger des mittlerweile 17-Jährigen auf das Plädoyer des Staatsanwalts. Sein Mandant hat noch bis 2016 eine Strafe in der JA Gerasdorf zu verbüßen.

Vorwürfe gegen Mitangeklagte

Die Verteidiger der beiden Mitangeklagten, die sich inzwischen wieder auf freiem Fuß befinden und einer Beschäftigung nachgehen, wiesen den Vorwurf zurück, die Vergewaltigung nicht verhindert zu haben. Jener Bursch, der den 14-Jährigen zu Beginn ebenfalls geschlagen und getreten hatte, gab immerhin die Körperverletzung zu.

Die Rechtsvertreterin des Dritten meinte demgegenüber, ihr Mandant habe von dem Ganzen überhaupt nichts mitbekommen, weil er in seinem Bett geschlafen habe. Die gewalttätigen Szenen hatten sich nach 20.00 Uhr abgespielt.

Hätte sich 14-jähriger selbst helfen können?

“Er war zur falschen Zeit am falschen Ort”, meinte die Anwältin, die sich außerdem fragte, weshalb sich der 14-Jährige nicht selbst geholfen habe. “Es wäre leicht möglich gewesen, zu schreien, zu brüllen oder die Notfalltaste zu drücken”, meinte die Juristin.

Die Öffentlichkeit wird zur Urteilsverkündung wieder zugelassen. Die Verhandlung ist bis 13.00 Uhr ausgeschrieben. Die Angaben des 14-Jährigen, der im Ermittlungsverfahren eingehend kontradiktorisch vernommen wurde, sind auf einer DVD abgespeichert und stehen dem Schöffensenat zur Beweiswürdigung zur Verfügung. Dem Burschen blieb daher ein Zeugenauftritt bei Gericht erspart.

(apa/red)

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