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Baby in Wiener Spital getötet: Jugendamt kannte die Familie vorher nicht

Ein Baby soll von der eigenen Mutter in Wien aus Verzweiflung getötet worden sein
Ein Baby soll von der eigenen Mutter in Wien aus Verzweiflung getötet worden sein ©Pixabay (Sujet)
Nach dem mutmaßlichen Missbrauch ihrer vierjährigen Tochter durch den Großvater steht eine 37-jährige Mutter im Verdacht, vergangene Woche den Bruder des Mädchens, einen acht Monate alten Säugling, in einem Wiener Spital erstickt zu haben. Die Familie war dem Jugendamt im Vorfeld nicht bekannt.
Großvater festgenommen
Mutter unter Mordverdacht

Nach Auffliegen des Missbrauchsverdachts wurde die Behörde jedoch vom Krankenhaus informiert. “Wir kümmern uns um das Mädchen und sind mit den Angehörigen in Kontakt”, sagte Jugendamtssprecherin Herta Staffa am Dienstag.

Großvater in U-Haft – Baby aus Verzweiflung getötet?

Der Großvater des Säuglings befindet sich wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs an der vierjährigen Schwester in U-Haft. Die Mutter soll vergangenen Mittwoch aus Verzweiflung den Buben getötet und einen Selbstmordversuch unternommen haben.

Wenn das Jugendamt von einer vermuteten Gefährdung eines Kindes erfährt, wird es zur Sicherung des Kindeswohls tätig. Aus dem Jahresbericht 2016 des Wiener Jugendamtes geht hervor, dass es in diesem Jahr 13.722 Gefährdungsmeldungen gab. Der Großteil stammte mit 28 Prozent von der Polizei, gefolgt von Schule oder Kindergarten (19 Prozent), anonymen Meldungen sowie Eigenwahrnehmung der Mitarbeiter (je neun Prozent). Fünf Prozent der Meldungen wurden von Spitälern oder Ärzten getätigt.

Wenn das Jugendamt Gefährdungsabklärungen durchführt

Insgesamt 10.649 Gefährdungsabklärungen führte das Jugendamt 2016 durch, mehr als die Hälfte betraf Vernachlässigungsgründe, 30 Prozent psychische und 15 Prozent körperliche Gewalt. 135 Mal gab es 2016 den Verdacht auf sexuelle Gewalt, das entspricht einem Prozent der Gefährdungsgründe.

“Wenn wir eine Gefährdungsmeldung bekommen, werden wir aktiv”, erläuterte Staffa. Wann die Behörde informiert wird, “entscheiden die Melder selbst”. “Wir bekommen nicht gleich den gesamten Sachverhalt auf den Tisch”, sagte die Sprecherin. Prinzipiell dauert es auch, “bis wir uns ein Bild von der Familie machen können”. Befinden sich Betroffene, wie im konkreten Fall, im Krankenhaus, ist keine akute Gefährdung gegeben. Dann kann es auch dauern, bis das Jugendamt eingeschaltet wird, sagte Staffa.

Sexuelle Gewalt primär im häuslichen Bereich

Sexuelle Gewalt wird nach wie vor zum überwiegenden Teil im häuslichen Bereich verübt. Das sagte der Wiener Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl erst vor wenigen Tagen im APA-Gespräch. Und es gebe, was schwere Sexualdelikte betrifft, keinen signifikanten Anstieg der Strafanzeigen.

Zuwachszahlen bei Sexualdelikten sind vor allem durch die Einführung neuer Bestimmungen wie den sogenannten “Pograpscher”-Paragrafen (Paragraf 218 Absatz 1a StGB, seit 1.1.2016 in Kraft, Anm.) zu verzeichnen, sagte Pürstl. “Außerdem hat sich sicher das Anzeigenverhalten verändert. Die Menschen sind grundsätzlich mehr sensibilisiert als früher.”

Pürstl: Niveau der Strafanzeigen bei schweren Sexualdelikten bleibt konstant

Prinzipiell sind Taten gegen die sexuelle Integrität in den weitaus meisten Fällen sogenannte Anzeigen-Delikte. Das bedeutet, die Strafverfolgungsbehörden sind darauf angewiesen, dass jemand eine solche Tat anzeigt, damit die Ermittler Kenntnis davon erhalten und aktiv werden können. Das ist der Unterschied zu sogenannten Kontrolldelikten, bei denen die Zahl der Fälle weitestgehend davon abhängt, wie viel Zeit und personellen Aufwand die Polizei in die Bekämpfung dieses Phänomens investiert. Ein klassisches Beispiel für ein Kontrolldelikt ist der Straßen-Drogenhandel.

(apa/red)

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