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Streitpunkt Flüchtlinge: Kurz-Biograph diskutierte mit Bundeskanzler in Wien

Bundeskanzler Kurz (l.) und Journalist Paul Ronzheimer diskutierten zur neu erschienenen Kurz-Biographie.
Bundeskanzler Kurz (l.) und Journalist Paul Ronzheimer diskutierten zur neu erschienenen Kurz-Biographie. ©APA/HANS PUNZ
"Bild"-Journalist Paul Ronzheimer und Kanzler Sebastian Kurz sorgten am Mittwochabend für eine volle "Thalia"-Filiale in Wien-Landstraße. Ronzheimers Biographie über Bundeskanzler Sebastian Kurz wurde dort kontrovers diskutiert - vor allem, weil sich der Autor nicht mit der Flüchtlingslösung von Kurz anfreunden kann.

“So voll ist es hier nicht immer”, freute sich der Filialleiter der “Thalia”-Dependance Landstraße. Unter den zahlreichen Gästen waren nicht nur österreichische und deutsche Journalisten, sondern offensichtlich auch etliche Kurz-Fans, die dessen Aussagen laut beklatschten.

Ronzheimer lernte Kurz, ein Jahr jünger als er selbst, als Kriegsreporter in der Ukraine kennen: “Da fiel er mir schon auf.” Man blieb in Kontakt und als er ihn Jahre später, gerade aus Idomeni zurück in Berlin traf, entspann sich eine lebhafte Diskussion über die Flüchtlingskrise. Und die setzten sie am Mittwochabend fort.

Schließung der Balkanroute

Der nunmehrige Bundeskanzler bekräftigte in der Podiumsdiskussion seine bekannten Positionen in der Flüchtlingskrise und verteidigte das Schließen der Balkan-Route. Dies sei notwendig gewesen, denn anderenfalls würden nur noch mehr Menschen zur Reise nach Mitteleuropa aufbrechen. Ronzheimer hingegen kritisierte die Situation an der mazedonischen Grenze scharf. Kurz meinte generell, ihn störe an der Migrationsdebatte, dass über Verteilung von Flüchtlingen in Europa sowie über Familiennachzug diskutiert werde. Dies allein löse die Probleme aber nicht. Einmal mehr sprach sich der ÖVP-Chef dafür aus, dass Flüchtlinge in Nachbarländern fliehen sollten und sie sich nicht gezielt ein Land aussuchen. Davon würden nur Schlepper profitieren.

Kernressorts in FPÖ-Hand

Der Kanzler verteidigte auch, dass die beiden Ressorts Inneres und Verteidigung in FPÖ-Verantwortung liegen. Eine Berichtspflicht der Geheimdienste an den Bundeskanzler und den Vizekanzler sei jedenfalls nichts Außergewöhnliches und habe auch damit nichts zu tun. Kritik an der Russland-Nähe der FPÖ konnte er nicht nachvollziehen. Zwar gebe es eine Vereinbarung der FPÖ mit der führenden Partei Russlands, aber auch die hundertprozentige Zusicherung, dass keine sensiblen Daten aus Österreich weitergegeben werden – dies wäre sonst eine Straftat, so Kurz.

Auch Liederbuchaffäre thematisiert

Auch die jüngste Nazi-Liederbuchaffäre wurde in der Podiumsdiskussion thematisiert. “Wir hatten mehrere Fälle von widerwärtigem Antisemitismus in Österreich”, dies sei widerwärtig und ein Imageschaden für Österreich, so Kurz. Es sei richtig, dass derartige Fälle auffliegen und er zeigte sich beruhigt darüber, dass dies empört.

Kurz wurde auch um eine Stellungnahme zur Koalitionseinigung in Deutschland gebeten. “Gott sei Dank”, seien die Verhandlungen nun abgeschlossen, sei es doch gut, dass es im wichtigsten EU-Land stabile Verhältnisse gibt, meinte er dazu. Inhaltlich wollte er die Einigung nicht bewerten, Koalitionsverhandlungen seien immer schwierig, stellte Kurz fest: “Es gibt lustigere Dinge als Koalitionsverhandlungen.” Auf die Frage, welche Koalition länger halten wird, verwies der österreichische Kanzler auf die Legislaturperioden, in Deutschland dauere diese vier, in Österreich fünf Jahre: “Insofern würd’ ich mal auf Österreich tippen.”

Kurz: Keine Angst zu scheitern

Angst zu scheitern hat Kurz, der das Buch laut eigenen Angaben noch nicht ganz gelesen hat, offenbar nicht: Zwar gebe es immer Themen, die schwierig zu lösen sind. Er und das Team würden aber jeden Tag versuchen, das Beste zu geben und er habe gelernt, dass man es nicht allen recht machen kann: “Soll man auch nicht.”

Ronzheimer will beobachten, wie es mit Kurz’ Karriere weitergeht und weiter mit ihm “streiten”. “Er ist eben ein besonderer 31-Jähriger”, begründete er die Biografie über einen so jungen Politiker. Sein Buch könne nur eine Bestandsaufnahme sein, denn die wahre Prüfung stehe Kurz noch bevor. Sei jemand derart beliebt, sei die Gefahr auch groß, dass die Umfragewerte runter gehen. Dies sah wiederum Kurz gelassen, würde in Medien doch ständig über seine erste große Prüfung oder seinen ersten großen Fehler berichtet.

(APA/red)

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