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1.000 Luigi Nono-CDs gestohlen

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Aus dem „col legno“-Lager in Wien Alsergrund wurden zwischen 800 und 1.000 CDs gestohlen. Das Diebesgut: ein sperriges Werk in hoher Qualität. Selbst die "col legno"-Geschäftsführerin sagt: „Das klingt wie erfunden“.

Neue Musik gilt Vielen als schwer bekömmlich und nicht eben als großer Reißer am CD-Markt. Nicht so für einen Einbrecher, der in das Lager des Musikvertriebs „col-legno“ in Wien-Alsergrund eingedrungen ist: Dieser hat nichts anderes als 800 bis 1.000 Super Audio-Doppel-CDs mit einer Aufnahme von „Prometeo“ des italienischen Avantgarde-Komponisten Luigi Nono (1924 bis 1990) mitgehen lassen. Und das keineswegs zufällig: Um an die anspruchsvolle Ware zu kommen, hat er nach Angaben von „col legno“ extra ein Schloss aufgebrochen und andere CDs beiseite geschoben.

Vom kurzen Hineinhören her wird sich der diebische Nono-Freund jedenfalls nicht für „Prometeo“ entschieden haben: In der aufwendig gestalteten CD wird im Booklet die komplexe Verbindung der einzelnen Werks-Bereiche in einer Hörpartitur mit Farbcodes erklärt, in der „Tragödie des Hörens“ versuchen vier Orchestergruppen, Chor, Sprecher, zwei Dirigenten und fünf Gesangssolisten nicht weniger als die Erschaffung einer neuen Utopie aus den Trümmern der Kulturgeschichte, wie es heißt. Nicht eben ein schneller Hit, der sich leicht am Schwarzmarkt absetzen ließe.

Dennoch hatte es der Dieb auf die „Tragedia dell’ascolto“ abgesehen – andere Kartons im Lager waren zwar durchsucht, aber unbehelligt gelassen worden. Jedoch hat er auch 222 Stück einer weiteren Nono-Aufnahme mitgehen lassen.

Der Diebstahl ausgerechnet dieses sperrigen Werkes „klingt wie erfunden“, sagte auch „col legno“-Geschäftsführerin Stefanie Schurich zur APA. „Ich habe überhaupt keine Erklärung.“ Am Tatort habe man DNA-Spuren gefunden, die Polizei wolle am Donnerstag die Ermittlungen aufnehmen.

Der Verkaufswert der Doppel-CDs betrage 30 bis 40 Euro pro Stück. Von bisher 2.000 produzierten Exemplaren der am 19. Oktober in den Handel gekommenen SWR-Aufnahme mit Musikern aus Freiburger Orchestern (Philharmonisches Orchester Freiburg, SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg) und Chören sowie Peter Hirsch und Kwame Ryan an den Pulten sind 1.000 bis 1.200 im Handel oder in einem anderen Lager, so Schurich. Die aufwendige Produktion in einem Experimental-Studio des SWR sei schwierig gewesen, die Veröffentlichung habe im Vorfeld Verzögerungen erfahren und sei dann von den neuen „col legno“-Eigentümern doch noch durchgesetzt worden.

Trost für fanatische Nono-Fans findet sich auch beim Neue Musik-Festival „Wien Modern“ nicht, das heuer keinen Nono im Programm hat. Bis 12. November will „col legno“ die entwendeten Exemplare jedoch nachproduzieren lassen.

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