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„Ohrwaschl-Gutachten“ soll möglichen Justizirrtum klären

Mit einem biometrischen Gutachten soll jetzt ein möglicher Justizirrtum geklärt werden.

Ein 44-jähriger Wiener ist vor zwei Monaten vom Landesgericht Korneuburg wegen eines bewaffneten Bankraubs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Die Geschworenen erkannten ihn schuldig, am 24. Mai 2006 die Raika-Filiale in Sierndorf (Bezirk Korneuburg) überfallen zu haben, obwohl eine fotogrammetrische Expertise „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ keine Übereinstimmung zwischen dem seine Schuldlosigkeit beteuernden Angeklagten und dem von der Überwachungskamera abgebildeten vermummten Räuber festgestellt hatte, von dem nicht mehr als die Augenpartie und ein Ohr zu erkennen war.

„Er kann aber einfach nicht der Täter sein“, betonte Thomas Nirk, der Verteidiger des Mannes, am Montagnachmittag im Gespräch mit der APA. Der Sachverständige habe in der Hauptverhandlung „objektive Zweifel“ angemeldet, dennoch hätte das Gericht mehreren Tatzeugen geglaubt, die überzeugt waren, in seinem Mandanten den Räuber vor sich zu haben. Dieser sei darauf hin trotz des Grundsatzes „Im Zweifel für den Angeklagten“ abgeurteilt worden.

Der Anwalt glaubt allerdings, nunmehr über handfeste Beweise zu verfügen, die die Unschuldsbeteuerungen seines Mannes stützen. Vor wenigen Tagen wurde in der Bundeshauptstadt ein Banküberfall verübt, wobei der Täter ebenfalls von der Überwachungskamera „geblitzt“ und die Bilder als Fahndungsfotos in Zeitungen publiziert wurden. Für Nirk besteht kein Zweifel, dass der diesmal unmaskiert aufgetretene Räuber und jener Mann, der im Vorjahr die Bank in Sierndorf ausgeraubt hat, ident sind.

„Die Größe der Täter stimmt völlig überein. Es tragen auch beide Schirmmützen. Ich werde im Hinblick darauf ein Privatgutachten in Auftrag geben, mit dem anhand der Ohren festgestellt werden soll, dass es sich um ein und denselben Mann handelt“, bestätigte Nirk einen entsprechenden Bericht des ORF.on.

Sollte das Gutachten seine Vermutung stützen, wird der Verteidiger beim Landesgericht Korneuburg eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen, da in der österreichischen Rechtsordnung neue Beweismittel nicht in einem offenen Rechtsmittelverfahren – gegen die Verurteilung ist eine Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung beim Obersten Gerichtshof (OGH) anhängig – vorgelegt werden können.

Dass der 44-jährige Mann kein Bankräuber ist, zeigt sich für seinen Anwalt vor allem auch daran, dass sich dieser freiwillig dem Prozess gestellt habe, um seine Schuldlosigkeit zu beweisen. „Er war ja auf freiem Fuß, weil es schon im Vorverfahren erhebliche Zweifel an seiner Täterschaft gegeben hat. Als dann die Verhandlung anberaumt wurde, war er schon längst bei seiner neuen Freundin in Weißrussland. Er ist jedoch auf meine telefonische Bitte zurück gekommen.“

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