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Zum Kinostart des österreichischen Action-Thrillers "Die Hölle": Interview mit Stefan Ruzowitzky

Regisseur Stefan Ruzowitzky zu seinem neuen Film "Die Hölle" im Interview
Regisseur Stefan Ruzowitzky zu seinem neuen Film "Die Hölle" im Interview ©Allegro Film, Petro Domenigg
Demnächst startet "Die Hölle" in den heimischen Kinos, der neue Film von Oscarpreisträger Stefan Ruzowitzky ("Die Fälscher") mit Violetta Schurawlow und Tobias Moretti.

Mit einer düsteren Inszenierung samt spannungsgeladener Verfolgungsjagden wagt sich der Filmemacher in das hierzulande eher spärlich besiedelte Actiongenre vor. Im Interview erzählt er wie er zur Filmidee kam und wie es zu einer weiblichen Protagonistin in der Erzählung kam.

APA: Mit “Die Hölle” wollten Sie den actionreichsten Thriller Österreichs machen. Wie nah sind Sie dem gekommen?

Stefan Ruzowitzky: Oh (lacht). Diese ganzen Superlative kann man ja diskutieren. Aber so viele Actionfilme gibt es nicht in Österreich. Darunter versteht man eher das Urbane mit Autos und Explosionen, und da fällt mir überhaupt nichts ein. Da ist es ja eigentlich nicht schwer, der Actionreichste zu sein. Es ist tragisch, dass es sehr wenig gibt – gerade auf einem internationalen Level.

Ist das Budget der vorrangige Grund dafür?

Nein, das hat schon auch mit einer kulturellen Tradition zu tun. Wir haben ja auch nicht so viel Geld gehabt. Es geht schon um den Erzählstil, der bei einem Actionfilm sehr dicht ist. Natürlich: Bei Superheldenfilmen, wo mittels CGI halb Chicago dem Erdboden gleich gemacht wird, brauchst du viel Geld. Aber bei Kampf- oder Autosequenzen, wie wir sie gemacht haben, ist es nicht in erster Linie eine Geldsache. Viel mehr ist es durch die neuen Techniken leichter geworden, so etwas auch mit begrenzten Budgets zu realisieren.

Wie ist es ursprünglich zur Idee von “Die Hölle” gekommen?

Das Ganze ist sozusagen der Kreuzzug von Helmut Grasser (Produzent und Geschäftsführer von Allegro Film, Anm.), der zeigen will, dass man Genrefilme auch in Österreich erfolgreich machen kann. Das hat er mit “In 3 Tagen bist du tot” und “Das finstere Tal” begonnen und jetzt steht eben das Kapitel “Urbaner Actionthriller” an. Es ist ein Kampf, der es wert ist, geführt zu werden. Was fehlt und was für mich filmhistorisch die Brutstätte für neue Techniken und Ästhetik ist, ist der Genrebereich: Science-Fiction, Action, Horror. Ganz viele tolle Filmemacher haben so angefangen. Das ist bei uns ein bisschen unterbelichtet. Es ist tragisch, dass eine junge Generation damit aufwächst, dass gutes Entertainment aus Amerika kommt.

Ein Genrefilm lebt natürlich auch von bestimmten Konventionen. Wie schwierig war es, die Balance zu halten und nicht zu stark Klischees zu bedienen?

Es ist schwierig, aber auch das Um und Auf, da die Balance zu finden. Der Trick ist, das Publikum in Sicherheit zu wiegen: Das kennst du, das kennst du und das kennst du – und dann kommt plötzlich etwas anderes. Nur so schreckt man sich. Natürlich fühlt man sich manchmal als Genrefilmmacher von Kritikern teils unverstanden, wenn die sagen: “Das habe ich schon oft gesehen.” Ja, aber das ist Teil des Spiels! Sind es nur Dinge, die man schon oft gesehen hat, dann wird es wirklich ein Problem. Du hast dieses Regelwerk und das Publikum will, dass dieses Regelwerk intelligent durchbrochen und erweitert wird – aber nicht mit Stumpf und Stängel neu erfunden.

Mit Violetta Schurawlow hat “Die Hölle” eine weibliche Heldin, was immer noch recht untypisch im Actionsegment ist.

Ich bin ein großer Fan von Heldinnen, gerade in Actionfilmen. Und ich habe da mit “Anatomie” und eigentlich auch “Hexe Lilli” gute Erfahrungen gemacht. Dramaturgisch ist es interessanter, weil Frauen zwischendurch auch emotionaler werden dürfen. Es kommt immer das Mann-Frau-Verhältnis rein: Von einer Frau besiegt zu werden, ist für einen Mann härter, als von einem Mann besiegt zu werden. Und an der Kinokasse ist es auch eine sehr gute Sache, weil die Freundinnen letztendlich entscheiden, in welchen Film man geht. Die interessiert das mehr und Männer stört es nicht, die schauen sich auch gerne eine Ripley in “Alien” an. Die gegenteilige Annahme ist ja ein falscher Mythos in Hollywood.

Abseits des Kinos stehen Sie als einer von drei Regisseuren für die Sky-Produktion “Acht Tage” fest. Was können Sie darüber bereits erzählen?

Ich habe noch nie Fernsehen gemacht. Das war ja lange der etwas harmlosere, ältere Bruder vom Kino. (lacht) Ich mag das Opernhafte. Aber bei den neuen Formaten hat sich das wahnsinnig verändert. Auch für “Acht Tage” wollen sie, dass das sehr kinomäßig daherkommt. Die Geschichte fand ich reizvoll: Es sind die letzten acht Tage vor einem Meteoriteneinschlag in Deutschland. Und du erzählst dann von Figuren bzw. von einer Gesellschaft, die völlig zerbricht. Jeder ist in einer absoluten Extremsituation, nichts funktioniert mehr. Da gibt es dann mehrere parallele Storylines, die sich alle treffen. Eigentlich ist das ein klassisches Kinomotiv, das Sinn macht, es über mehrere Folgen abzuarbeiten. Beim Kino liebe ich aber immer noch diese Reduktion und Essenz – das war auch bei der “Hölle” so. Am Schluss will ich, dass mein Publikum hechelnd im Stuhl sitzt und sagt: Was war das? Was ist da über mich gekommen? (lacht)

>> Zur Filmkritik von “Die Hölle”

(Das Gespräch führte Christoph Griessner /APA / Red.)

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