AA

Zeitgenössisch und leistbar

"Gehobene Ansprüche ans Wohnen kosten Geld, deshalb steht Leistbarkeit auch für Kompromisse" (Carlo Baumschlager, Architekt)
"Gehobene Ansprüche ans Wohnen kosten Geld, deshalb steht Leistbarkeit auch für Kompromisse" (Carlo Baumschlager, Architekt) ©Roswitha Natter
Lauterach - Ein neues Wohnkonzept wird interdisziplinär gut durchdacht und es gelingt damit Kosten zu sparen, sowie hohe Qualität bei Architektur, Gebäude und Nachhaltigkeit zu gewährleisten.
Projekt RIVA: Bilder

Vielleicht hat man im Wohnbau bisher auf die Zielgruppe der 25- bis 35-Jährigen vergessen, andererseits ist „leistbares Wohnen“ in aller Munde. Also nimmt das interdisziplinäre Forschungsteam den Zeitgeist auf, wenn es mit RIVA home eine kostengünstige Systembauweise für Mehrfamilienhäuser entwickelt. Der Projektleiter für Baumschlager Hutter Partners, Architekt Oliver Baldauf, umreißt das Anliegen: „Es war erstaunlich, wie man durch Nachdenken wirklich noch Kosten im Wohnbau reduzieren kann!“ Zwar würden Bauträger grundsätzlich fordern, dass alles billiger werden sollte, das Anforderungsprofil zu ändern, um dies auch zu erreichen, brauche jedoch Risikobereitschaft. Denn etwas Neues auszuprobieren ist immer ein Wagnis.

Die Handlungsfelder beginnen planungsseitig mit Standardisierung. Bis jetzt wurden für RIVA home zwei Typologien entwickelt, eine mit quadratischem und eine mit längsausgerichtetem Baukörpergrundriss, für Grundstücke, die kleiner als 1200 m2 (auch ein Beitrag zur Nachverdichtung) sind. Außerdem werden die Kostentreiber weggelassen: Tiefgarage, Keller und große Balkone. „Dafür gibt es einen Carport mit zugeordneter Abstellhütte, ‚Kabane‘ genannt, und alle Wohnungen haben einen parifizierten Gartenanteil, im Erdgeschoß direkt angebunden, die anderen der eigenen Kabane zugeordnet, zusätzlich zum Minibalkon“, sagt der Architekt.

Gängige Standards wie Richtlinien zur Energieeffizienz und zum Umgang mit Normen werden ebenfalls kritisch hinterfragt. Es geht dabei nicht darum zu experimentieren, sondern mit der großen Erfahrung der Expertengruppe herauszufinden, was möglich und sinnvoll ist. Dabei ist auch bezüglich Ökologie die Verhältnismäßigkeit Maxime und man setzt auf das Niedrigenergiehaus nach Stand der Technik. Bei den Details, z. B. beim Bodenaufbau, wagt man sich in Grenzbereiche und erreicht doch bessere Schalldämmwerte, als von den Normen gefordert. Spannteppich am Boden ist unüblich, jedoch akustisch sehr wirksam und der insgesamt sparsame Aufbau kommt der Raumhöhe zugute. 2,50 Meter statt 2,40 machen viel aus.

Das großzügige Raumgefühl entsteht aber auch durch den gut durchdachten Grundriss: Die Erschließungsflächen sind reduziert, es gibt keine Gänge, die Räume verbinden. Man kommt mit nur einer Fensterausschnittsgröße aus, die variierend mit einer Glastür oder einer Kombination von Fensterflügel mit Fixverglasung ausgefüllt ist. Wieder große Wirkung, bei relativ kleiner Öffnungsfläche, man braucht nicht einmal einen außen liegenden Sonnenschutz. Unkonventionell sind sicher die unbehandelten Betondecken und die vorgeschlagenen Farbakzente. Hier merkt man, dass junge Leute die Zielgruppe sind.

Eine gewichtige Einspargröße war die Bauzeit von nur einem halben Jahr durch Vorfertigung und perfekt organisierten Ablauf. Insgesamt gelingt es bei diesem Referenzprojekt, die Baukosten tatsächlich um ein Drittel zu reduzieren. Entsprechend realistisch wird die Eigentumsschaffung auch für junge Leute. Dazu gibt es ein ausgeklügeltes Finanzierungskonzept. „Beim RIVA-Mietkaufmodell kann man mit der Hälfte des üblichen Eigenkapitals einsteigen, zahlt elf Jahre lang eine leistbare Miete und kauft dann zum heute festgelegten Fixpreis“, erläutert Pascal Kohlhaupt von smart home, der den Verkauf der RIVA-Wohnungen übernommen hat.

Da als Käufer(innen) vorwiegend junge Menschen erwartet werden, beschreitet man auch in der Hausverwaltung neue, digitale Wege. Eine App, die in Buschtrommelmanier funktioniert, ist Schnittstelle: Wenn Kleinigkeiten zu reparieren sind, kann man den „Job“ selber übernehmen und bekommt eine Gutschrift. Dass Schneeräumung, Stiegenhaus putzen und kehren gemeinschaftlich erledigt werden, gehört genauso zum Konzept. Wen wundert es, dass man sich so eine RIVA-Wohnung leisten kann?


Daten & Fakten

Objekt: RIVA Wälderstraße, Lauterach

Architektur: Baumschlager Hutter Partners, Dornbirn; office@bhp-dornbirn.com; Projektleitung Oliver Baldauf

Bauherr: RIVA Home, Lauterach

Fachplanung: Statik: Mader+Flatz, Bregenz; Vermessung: Klocker+Wahl, Bregenz; Haustechnik: gmi, Dornbirn Bauphysik: Lothar Künz, Hard

Planung: 2013
Ausführung: 04/2014–09/2014
Grundstück: 1184 m²
Nutzfläche: 558 m²
Bebaute Fläche: 202 m²
Umbauter Raum: 2447 m³

Wohneinheiten: 9 Drei-Zimmer-Wohnungen; davon drei 58 m² und sechs 66 m²

Besonderheit: Mietkauf; Eigentum nach 11 Jahren

Konstruktion: Mischbauweise; Gebäudehülle aus vorgefertigten Holzelementen, 24-cm-Dämmung, Holzverkleidung außen; innen Trockenbau

Energie: 34 kWh/m² im Jahr (Heizwärmebedarf)

Ausführung: Baumeister: Moosbrugger, Andelsbuch; Holzbau: Martin Holzbau, Dornbirn; Installationen: Intemann, Lauterach; Elektroinstallation: Elektro Willi, Andelsbuch; Spengler: Manfred Baldauf, Doren; Trockenbau: Team Gollner, Fußach; Fenster: Josef, Götzis; Türen: INBAU, Klaus; Maler: M3 Lustenau; Bodenleger: Room Elements, Dornbirn; Schlosser: Fleco, Altach


Quelle: VN/ Leben & Wohnen

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut

Architektur vor Ort 114
Am nächsten Freitag, 24. Oktober, ist das vorgestellte Objekt RIVA Wälderstraße Schauplatz der monatlichen Architekturführung des vai Vorarlberger Architektur Instituts. Bauherrschaft und Architekten erläutern Grundsätzliches zum Thema „Leistbares Wohnen“. Keine Anmeldung, Eintritt frei, Treffpunkt 17 Uhr; Lauterach, Wälderstraße 27; Info: www.v-a-i.at

Mit freundlicher Unterstützung durch Arch+Ing

  • VIENNA.AT
  • Lauterach
  • Zeitgenössisch und leistbar
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen