“Das ist keine Schlechterstellung zum bisherigen Recht”, sagte Nahles. Dies sei gängige Praxis gewesen bis zu Urteilen des Bundessozialgerichts im Dezember. Nahles sprach von einer Maßnahme, “um ein Schlupfloch, das potenziell da wäre, rechtzeitig zu schließen”. Die Richter hatten zwar bestätigt, dass arbeitslose EU-Bürger von Hartz IV ausgeschlossen werden dürfen. Nach sechs Monaten Aufenthalt hätten sie aber Anspruch auf die ähnlich hohe Sozialhilfe. Dadurch sei “Unklarheit reingekommen” in die geltende Praxis, sagte Nahles. Diese wolle sie beseitigen. Angesichts der großen Unterschiede beim Sozialhilfeniveau in den EU-Staaten könne es kein Recht geben, “den Ort der Auszahlung der Sozialhilfe frei aussuchen zu können”. In Deutschland gebe es niedrige Schwellen, um sich aus der Erwerbslosigkeit heraus zu bewegen. Bereits mit einem Minijob hätten auch EU-Ausländer Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen.
Dem von Nahles am Donnerstag an das Kanzleramt übermittelten Gesetzentwurf zufolge sollen EU-Bürger Anspruch auf staatliche Unterstützung erst dann haben, wenn sich ihr Aufenthalt nach fünf Jahren verfestigt hat. Sie sollen nach ihrer Ankunft aber für höchstens vier Wochen einen neuen Anspruch auf einmalige Überbrückungsleistungen für Essen und Unterkunft wie auch ein Darlehen für die Rückreisekosten in ihr Heimatland erhalten. An der geltenden Rechtslage, dass arbeitende EU-Bürger Ansprüche auf Hartz-IV-Leistungen erwerben, ist keine Änderung geplant.
Das Urteil des Bundessozialgerichts hatte zu einem Aufschrei der Kommunen geführt. Der Deutsche Landkreistag sah auf sie Mehrkosten von etwa 800 Millionen Euro zukommen. Das Urteil hatte überrascht, weil zuvor der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigt hatte, dass jobsuchende EU-Ausländer in Deutschland keinen Anspruch auf Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV) geltend machen können.
Die Linksfraktion warf Nahles vor, sie schwenke auf rechtspopulistische Parolen ein. “Offenbar folgt auf die Entsozialdemokratisierung der SPD nun die Seehoferisierung”, erklärte Vizefraktionschef Jan Korte in Berlin.