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Wiens Luft geht es zu gut: Stadt erhält definitiv keine Umweltzonen

Wegen den zu guten Luftwerten in Wien wird es keine Umweltzonen geben.
Wegen den zu guten Luftwerten in Wien wird es keine Umweltzonen geben. ©APA (Sujet)
In Wien wird es definitiv keine Umweltzonen geben. Nachdem der grüne Koalitionspartner immer wieder Fahrverbote für schadstoffreiche Autos forcierte, erteilte Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ) der Überlegung eine endgültige Absage. Als Begründung wurden am Mittwoch die guten Feinstaub- und Stickoxidwerte im Stadtgebiet genannt, durch die es gar keine gesetzliche Grundlage für die Einführung von Umweltzonen gebe.

“Wiens Luft ist seit vielen Jahren im Aufwind”, zog die Ressortchefin vor Journalisten wortspielerisch Bilanz. Die Messergebnisse 2017 schon miteinberechnet, sei es der Stadt zum sechsten Mal in Folge gelungen, die von der EU vorgegebenen Grenzwerte einzuhalten. Der Jahresmittelwert lag bei 19 Mikrogramm pro Kubikmeter, erlaubt sind 40 Mikrogramm.

Werte der Wiener Luft zu gut – oder nicht?

Darüber hinaus schreibt die EU vor, dass der Wert von 50 Mikrogramm im Tagesmittel an höchstens 35 Tagen pro Jahr überschritten werden darf. Hier lag Wien bei der schlechtesten Messstelle zuletzt bei 23 Tagen.

Positive Zahlen konnte Sima auch in Sachen Stickoxidbelastung präsentieren. Diese sei in den vergangenen Jahren ebenfalls deutlich gesunken. Allerdings: Bei einer von 16 Messstellen – jener am Hietzinger Kai (Westeinfahrt) – liegt man trotz abnehmender Tendenz immer noch über dem erlaubten EU-Maximum von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. 2017 waren es 44 Mikrogramm.

Diesen Ausreißer dürfte Wien aber ebenfalls in absehbarer Zeit in den Griff bekommen, wie eine Studie des Umweltbundesamts (UBA) ergab. Demnach wird man auch hier in etwa ab 2021 unter den Vorgaben liegen. Wobei dieses Ziel schon längst erreicht worden wäre, wie UBA-Luftgüteexperte Jürgen Schneider erklärte. Nämlich dann, wenn die Abgaswerte bei Diesel-Fahrzeugen nur jene Emissionen auf der Straße verursachen würden, die sie im Labor erreichen. Allerdings wurde hier von zahlreichen Herstellern bekanntlich getrickst.

Auch bei “Problemkind” Westeinfahrt sieht Sima keinen Bedarf

Nichtsdestotrotz: Dank der guten Zahlen und des absehbaren Rücklaufs auch beim letzten “Problemkind” Westeinfahrt sieht Sima keinen Bedarf für Umweltzonen. “Sie haben keinen Sinn und es gäbe auch keine gesetzliche Grundlage, um welche zu verordnen”, versicherte sie. Denn für Fahrbeschränkungen, die bei einer gerichtlichen Anfechtung halten sollen, brauche es Daten, die eine schlechte Luftqualität belegen. Derlei Probleme habe man aber in Wien Gott sei Dank nicht.

“Für mich ist die Diskussion somit vom Tisch”, richtete die Umweltstadträtin somit nicht zuletzt den Grünen aus. Der Koalitionspartner hatte wiederholt und zuletzt nach dem öffentlich gewordenen Dieselskandal Umweltzonen für Wien gefordert und dazu sogar eine Machbarkeitsstudie in Aussicht gestellt. “Möglicherweise ist das immer noch der politische Wunsch der Grünen, aber es gibt eben keine gesetzliche Grundlage”, unterstrich Sima.

Dass es keine Fahrverbote braucht, sei ja nicht zuletzt das Verdienst gemeinsamer Arbeit von Rot-Grün, verwies die Ressortchefin auf die Ausweitung des Parkpickerls, den Öffi-Ausbau oder den feinstaubärmeren Winterdienst. Was nun aus der Studie wird, konnte Sima nicht beantworten: “Das weiß ich nicht. Die haben wir (das Umweltressort, Anm.) nicht beauftragt.”

Umweltzonen: ÖAMTC erfreut über Absage von Ulli Sima

Die von Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ) am Mittwoch erteilte Absage an Umweltzonen für Wien sorgt für Freude beim ÖAMTC. “Für rund 520.000 Dieselfahrer in Wien und den umgebenden Bezirken ist das eine sehr gute Nachricht”, meinte Bernhard Wiesinger vom Autofahrerclub per Aussendung. Die Effektivität von Fahrverboten sei sowieso zweifelhaft, hieß es.

“Die Untersuchung des Umweltbundesamtes zeigt ganz klar, dass der Großteil des Feinstaubes in Wien nicht vom lokalen Verkehr stammt, sondern durch den Wind in die Stadt getragen wird. Fahrverbote wären daher nahezu wirkungslos”, so das Argument des ÖAMTC. Dass der Straßenverkehr seinen Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität leisten müsse, stehe aber außer Frage. Allerdings ließen sich Schadstoffe auch durch eine “Verflüssigung” des Verkehrs senken, verwies man etwa auf eine Optimierung von Ampelschaltungen zwecks “Grüner Welle”.

Verkehrsclub Österreich fordert Maßnahmen

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) interpretierte die von Sima präsentierten Zahlen etwas anders und forderte andere Maßnahmen. Er bezog sich vor allem auf die Berechnungen des Umweltbundesamts, wonach die noch vorhandenen Grenzwertüberschreitungen auf den höher als angegebenen Stickoxidausstoß von Dieselfahrzeugen zurückzuführen seien. Neben der Nachrüstung von Herstellern brauche es verstärkte Bemühungen der Stadt, um den Autopendelverkehr zu reduzieren. “Dafür braucht es mehr S-Bahnverbindungen sowie ein Netz an Radschnellwegen aus dem Umland in die Stadt”, forderte VCÖ-Expertin Ulla Rasmussen.

Umweltzonen hatten in den vergangenen Jahren vor allem die Grünen wiederholt gefordert. Zur heutigen Absage Simas wollte der Koalitionspartner auf Nachfrage nicht Stellung nehmen.

(APA/Red)

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