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Wiener Rechtsanwalt als Testamentsfälscher vor Gericht: Prozessauftakt

Der Wiener Rechtsanwalt muss sich wegen des Verdachts der Testamentsfälschung vor Gericht verantworten.
Der Wiener Rechtsanwalt muss sich wegen des Verdachts der Testamentsfälschung vor Gericht verantworten. ©Pixabay.com (Sujet)
Wegen versuchten schweren Betrugs wurde am Mitwoch ein Prozess gegen einen Wiener Rechtsanwalt am Landesgericht für Strafsachen eröffnet. Der Jurist soll laut Anklage versucht haben, sich mit zwei gefälschten Testamenten in den Besitz von über 3,7 Millionen Euro zu bringen. "Ich hab subjektiv nicht an Betrug gedacht. Ich wollt' nicht erbschleichen", meinte der Angeklagte.
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Zum einen geht es in dem Verfahren um das Vermögen, das ein im August 2011 im 88. Lebensjahr verstorbener Ex-Diplomat hinterließ. Allein das Wertpapierkonto des ehemaligen Botschafters in Athen belief sich auf 1,24 Millionen Euro. In einem Testament, das in weiterer Folge vorgelegt wurde, wurden neben der Witwe die Ehefrau sowie die ehemalige Sekretärin und Ex-Geliebte des Anwalts mit je einem Drittel bedacht.

Testamente gefälscht

Laut Anklage soll es sich bei dem Testament um eine glatte Fälschung handeln. Der Erblasser soll zum Zeitpunkt, als er es vorgeblich unterschrieben hatte, hochgradig dement und nach Einschätzung eines von der Staatsanwaltschaft beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen zur Unterschriftleistung höchstwahrscheinlich gar nicht mehr in der Lage gewesen sein. Das stellte der Angeklagte entschieden in Abrede: “Er war völlig klar bei Verstand bis zum Schluss. Er war ein lieber, netter alter Herr.” Dessen Unterschrift sei unter Garantie nicht “manipuliert”, der Ex-Diplomat habe vor seinen Augen das Dokument unterfertigt. Auf Vorhalt von Staatsanwältin Ursula Schrall-Kropiunig, dass der 87-Jährige zuletzt nur mehr zittrig schreiben konnte, die Unterschrift am Testament aber “wie von einem Schüler der ersten Klasse wirkt”, meinte der Rechtsanwalt: “Jeder bemüht sich, bei einem Testament ordentlich zu unterschreiben. Niemand macht dort a Krax’n oder eine Paraphe.”

Der Jurist gab allerdings zu, dass die drei Zeugen, die das rechtmäßige Zustandekommen des von ihm vorgefertigten, dem Letzten Willen des Erblassers entsprechenden Testaments bezeugt hatten, erst nachträglich unterschrieben hatten. Er habe die Bekannten – eine Immobilienmaklerin, einen Gewerbetreibenden und einen früheren Klienten – um diesen “Gefallen” gebeten. Als die Sache zu Gericht ging – die Witwe wusste von einem Testament-Entwurf, demzufolge sie 80 Prozent der insgesamt 1,7 Millionen und der Anwalt nur Möbelstücke und die Orden des verstorbenen Diplomaten bekommen hätte, weshalb sie das prozessgegenständliche Testament zivilrechtlich bekämpft – hätten die drei auf sein Betreiben hin die Unwahrheit gesagt, indem sie bezeugten, der betagte Mann habe sie im Schlafrock in seiner Wohnung empfangen und vor ihren Augen das Testament unterschrieben.

“Es ist darum gegangen, dem Letzten Willen des Mannes zum Durchbruch zu verhelfen”, behauptete der Anwalt, der von der Standesvertretung bis zur Klärung der gegen ihn gerichteten Vorwürfe mit einem Berufsverbot belegt wurde. Er habe überhaupt erst auf ausdrücklichen Wunsch des früheren Diplomaten hin “Testamentszeugen gesucht”.

Mit einem weiteren Testament soll der Jurist versucht haben, sich ein Zinshaus in Hernals im Wert von rund zwei Millionen Euro unter den Nagel zu reißen. Als der Eigentümer – ein 58-jähriger Mann – im August 2013 tot in seiner Wohnung gefunden wurde, tauchte plötzlich ein Testament auf, in dem der Anwalt als Alleinerbe aufschien. Auch diesbezüglich hat die Staatsanwältin erhebliche Zweifel, dass dabei alles mit rechten Dingen zuging. Das Testament hatten wiederum die mit dem Anwalt bekannte Immobilienmaklerin sowie zwei Bedienstete eines Lokals unterschrieben, in dem der Anwalt und der Erblasser regelmäßig zu Mittag aßen.

Neben dem Anwalt müssen sich sämtliche Testamentszeugen als Beitragstäter zum versuchten Millionen-Betrug sowie wegen falscher Zeugenaussage verantworten. Dem Hauptangeklagten wird auch Bestimmung zur Falschaussage angekreidet.

Wiener Rechtsanwalt: “Bin denen nicht nachg’rannt”

In Bezug auf den verstorbenen 58-Jährigen, dem er das Zinshaus verdanke, behauptete der Rechtsanwalt, dieser habe mit aller Gewalt verhindern wollen, dass seine Tante nach seinem Ableben in den Besitz des Gebäudes kommt. Mit dieser – seiner einzigen noch lebenden Verwandten – sei der Erblasser “spinnefeind und über Kreuz” gewesen.

Um den Bekannten, den er in einem Wirtshaus in der Vorstadt kennen und mit der Zeit zu schätzen lernte, behilflich zu sein, habe er ihm beschieden: “Wenn dir gar keiner einfällt, kannst ja mich oder meine Tochter ins Testament nehmen.” Dass der Hausbesitzer dies tatsächlich umsetzte, habe er erst nach dessen Ableben erfahren, “als mich der Notar angerufen hat”. Er sei “baff” gewesen, so der angeklagte Jurist: “Ich hab’ ihm beim Mittagessen nur einen Entwurf gegeben, den Fisch gegessen und bin dann wieder gesaust.”

Die mittlerweile 93 Jahre alte Tante bekämpft dieses Testament zivilrechtlich, so dass dem Anwalt auch in diesem Anklagefaktum nur versuchter Betrug vorgeworfen wird. Wie der Rechtsvertreter der alten Dame, die sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschossen hat, ausführte, habe der Verstorbene schon Jahre vor seinem Ableben an schwerer Arthritis gelitten, was sich an seinem Schriftbild gezeigt hätte. Er wäre gar nicht mehr in der Lage gewesen, in gestochen scharfer Schrift ein Testament zu unterschreiben, machte der Privatbeteiligtenvertreter geltend. Außerdem hätte der Erblasser größten Wert auf seinen akademischen Grad gelegt: “Er hätte gerade beim Unterschreiben eines Testaments niemals ‘Magister’ abgekürzt, sondern ausgeschrieben.”

Der unter Betrugsverdacht stehende Anwalt wurde immer ungehaltener, als das Zustandekommen der Testamente hinterfragt wurde. “Ich bin denen nicht nachg’rannt, dass ich was erb’!”, rief er. Mit dem Hausbesitzer habe ihn eine gute Bekanntschaft verbunden, immer wieder habe er diesem Tipps und Rechtsauskünfte erteilt. Dem Diplomaten wiederum sei er “in jahrelanger Freundschaft” verbunden gewesen: “Wir haben Weihnachten, Geburtstage, den Osterhasen gemeinsam gefeiert.” Der alte Herr hätte nur drei Bezugspersonen gehabt: “Meine ehemalige Sekretärin und Lebensgefährtin, mich und die philippinische Haushälterin, die er dann geheiratet hat.” Mehr als ein Drittel des Vermögens hätte diese nie vom Erbe bekommen sollen, behauptete der Angeklagte: “Sein Wunsch war, dass ich und meine Sekretärin bedacht werden.” Er habe den vermögenden Mann daraufhin gebeten, ob er an seiner Stelle seine Ehefrau ins Testament nehmen dürfe, schilderte der Angeklagte dem Schöffensenat (Vorsitz: Michael Tolstiuk): “Sie ist jung, intelligent, gebildet.” Der Diplomat sei von dieser Idee ganz begeistert gewesen und hätte mit den Worten “Die drei Mädln werden sich freuen” zugestimmt.

Die Verhandlung wird morgen, Donnerstag, fortgesetzt.

(APA/Red)

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