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Wiener Neustädter Schlepper-Prozess: Dolmetscher am 6. Tag befragt

Schlepper-Prozess in Wiener Neustadt fortgesetzt.
Schlepper-Prozess in Wiener Neustadt fortgesetzt. ©APA
Der Wiener Neustädter Prozess gegen acht der Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung Angeklagte ist am Dienstag nach gut einmonatiger Pause fortgesetzt worden. Ursprünglich war bereits das Urteil geplant gewesen, stattdessen wurden als erste Zeugen von der Polizei bei den Telefonüberwachungen eingesetzte Dolmetscher befragt - und von der Verteidigung teilweise "zerpflückt".
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Zunächst begann die Verhandlung mit zweistündiger Verspätung, weil nur sieben Beschuldigte eingetroffen waren. Der achte erschien den ganzen Tag über nicht. Die übrigen Angeklagten, von denen einige als Asyl-Aktivisten 2012/2013 bei der Besetzung der Wiener Votivkirche mitgemacht hatten und dann im Servitenkloster lebten, blieben bei ihren bisherigen Angaben.

Diese lauteten sinngemäß so: Man habe Landsleuten aus Pakistan und Afghanistan “geholfen”, sie “weitergeschickt” oder irgendwo “abgeholt”, aber die meisten Anklagefakten ließ man nicht gelten.

Übersetzerin verfügte nicht über Ausbildung

Die Verteidigung sowie die aus Afghanistan, Indien und Pakistan stammenden Angeklagten hatten im Lauf des Mitte März begonnenen Verfahrens Zweifel an der Richtigkeit der protokollierten Gespräche angezeigt. Eine Übersetzerin musste nun eingestehen, dass sie über keine Dolmetsch- bzw. Übersetzer-Ausbildung verfügt. “Aber die Gespräche, die ich übersetzt habe, waren in meiner Muttersprache.” Ihr ebenfalls eingesetzter Bruder konnte eine Rechtsbelehrung, wie er sie jedem der Angeklagten im Vorverfahren hätte erteilen müssen, nicht in deren Sprache bzw. Dialekte übersetzen.

Zweifel an seiner Qualifikation kamen da sogar bei der Staatsanwältin hoch: “Natürlich haben sie Probleme beim Übersetzen”, sagte sie dem aus Afghanistan stammenden Mann auf den Kopf zu. Die Verteidigung nahm ihn ordentlich in die Mangel und man erfuhr: Mit dem Rechtsgrundsatz “im Zweifel für den Angeklagten” wusste der Übersetzer nichts anzufangen. Wie er zu seinem Job als vielfach eingesetzter Dolmetscher in dem Ermittlungsverfahren gekommen war, konnte er auch nicht wirklich erklären.

Protokolle “eigenmächtig” interpretiert

Der Zeuge musste auch zugeben, dass er bei der Protokollierung von Telefonmitschnitten eigenmächtig Einfügungen und Interpretationen hatte einfließen lassen. So war zum Beispiel im Original zu hören “sag’ ihnen, dass er der Schlepper ist” – hier setzte der Übersetzer eigenmächtig einen Namen aus dem Akt ein. Gerügt wurde auch, dass in den Telefonüberwachungsprotokollen die Bezeichnung “Schleppungswilliger” vorkommt, dieses Wort aber tatsächlich in den heute abgespielten Mitschnitten nie gefallen war, wie die anwesenden drei gerichtlich beeideten Dolmetscher bestätigten.

Aufgrund der Zeitverzögerung konnten für heute geladene Beamte nicht gehört werden. Der Prozess wird am Mittwoch mit der Einvernahme weiterer Übersetzer fortgesetzt.

(APA)

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