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Wien Museum ehrt Fotopionier Andreas Groll mit Ausstellung

Foto von Andreas Groll: Bau der Oper.
Foto von Andreas Groll: Bau der Oper. ©apa/Andreas Groll
Ab Mittwoch gibt das Wien Museum Einblicke in das Schaffen des Fotopioniers Andreas Groll. Etwa 200 Originale aus Mitte des 19. Jahrhunderts sind in der Schau von Neo-Direktor Matti Bunzl zu sehen. Darunter auch mehrere Aufnahmen des Stephansdom und der Industrieanlagen der Staatsbahnen im Banat.

Die Ausstellung, die bis zum 10. Jänner 2016 im ersten Stock des Hauses am Karlsplatz läuft, trägt den Untertitel “Wiens erster moderner Fotograf”. Modern war Groll insofern, als er sich als selbstständiger Fotograf nicht – wie seine frühen Berufskollegen – auf vor Atelierkulissen gefertigte Porträts spezialisierte, sondern sich an Originalschauplätzen einem breiten Themenspektrum widmete, erklärte Kuratorin Monika Faber am Dienstag bei einer Presseführung.

Andreas Grolls Weg zur Fotografie

Wobei Grolls Weg zur Fotografenprofession keineswegs vorgezeichnet war. Geboren 1812 in Wien und in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, verdingte er sich vorerst als Diener eines Arztes. Dieser dürfte sich für die Daguerrotypie interessiert und seinem Untergebenen erlaubt haben, ab 1842 erste Bilder zu machen – nur drei Jahre nach der Erfindung dieser fotografischen Urform. Einige Jahre später wechselte er als schwer arbeitender Hausknecht an das Polytechnische Institut, durfte dabei an Vorlesungen teilnehmen und sich so Physik- und Chemiekenntnisse aneignen – damals äußerst wichtig für das komplizierte Herstellungsverfahren von Fotos.

1853 wagte er schließlich den Sprung in die Selbstständigkeit und erfand gewissermaßen durch die Auftragsfotografie an authentischen Orten ein völlig neues Geschäftsfeld. Architekten, Denkmalpfleger und Kunstforscher schickten Groll in nahe und fernere Gebiete der Monarchie, um etwa Details von stilprägenden Gebäuden oder kunsthistorisch interessantes Dekor abzulichten. Neben dem Belvedere Prag, mittelalterlichen Bauten in Krakau oder dem Stift Klosterneuburg zeigt das Wien Museum zahlreiche Fotos des Stephansdoms. Diese hatte Friedrich von Schmidt geordert, nachdem er zum Leiter der Dom-Restaurierung ernannt worden war.

Gleichzeitig interessierte sich Groll für die Kathedralen der Moderne und hielt Bahnhöfe fest. In der zweiten Hälfte der 1850er-Jahre wurde er zudem von den k.u.k.-Staatsbahnen engagiert, im Vorfeld der Weltausstellung 1862 in London ins Banat zu reisen, wo er die dortigen Industrieanlagen der Bahn fotografieren und somit die Technikkompetenz des Unternehmens dokumentieren sollte. Lokomotiven, Grubenarbeiter, Fabrikgebäude und die Bewohner der Region rückte er dabei ins Licht.

Fotoausstellung im Wien Museum – 150 Kilo Ausrüstung

“Auf den Aufnahmen finden sich immer wieder Fehler”, verhehlte Kuratorin Faber vom Photoinstitut Bonartes, das die Schau in Kooperation mit dem Wien Museum sowie dem Technischen Museum auf die Beine gestellt hat, nicht: “Es gab ungeheure technische Schwierigkeiten zu überwinden.” So musste Groll sperrige Gerätschaften wie eine riesige Kamera und eine mobile Dunkelkammer – alles in allem bis zu 150 Kilo schwer – stets mit sich herumschleppen. Außerdem mussten die Bilder sofort entwickelt werden, wobei Wind, Hitze oder Kälte das technische Verfahren stören und somit sichtbare Schäden auf den Aufnahmen hinterlassen konnten. Um einen Eindruck vom großen Aufwand zu bekommen, werden Teile damaliger Fotoausrüstungen gezeigt.

Ab den 1860er-Jahren verbesserte sich die Technik, wobei der Fotopionier Groll mit den Innovationen nicht Schritt halten konnte. Deshalb wurde er zunehmend von der Konkurrenz verdrängt. Auch seine Veduten – eine Art Vorform touristischer Postkarten – aus Prag, Pilsen oder Salzburg sowie sein Werkkatalog, der auch Bilder von mittelalterlichen Möbeln, Schnitzwerken oder Bauwerksmodelle umfasste, konnten den wirtschaftlichen Niedergang nicht aufhalten. Groll starb 1871.

Laut Faber wurde das Groll’sche Oeuvre rasch verdrängt bzw. aus der Fotohistorie getilgt – nicht zuletzt deshalb, weil er sich um die Interessen der damals neu gegründeten Photographischen Gesellschaft wenig geschert und ohne Rücksicht auf Autorenrechte “Raubkopien” verbreitet habe: “Er wurde totgeschwiegen.” Die Ausstellung im Wien Museum lädt somit auch zur Wiederentdeckung eines lang Vergessenen ein.

(apa/red)

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