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Weniger Herzdruckmassagen für Frauen - Forscher rätseln über Gründe

Eine schnelle Herzdruckmassage kann Menschenleben retten.
Eine schnelle Herzdruckmassage kann Menschenleben retten. ©Österreichisches Rotes Kreuz
Wenn Frauen auf offener Straße einen plötzlichen Herzstillstand erleiden, wird ihnen seltener mit einer lebensrettenden Herzdruckmassage geholfen als Männern. Dafür ist das Risiko für Männer in einer anderen Situation wesentlich größer.

Bei einem plötzlichen Herzstillstand auf offener Straße sollte man männlich sein. Die Chancen, zu überleben, sind dann einer neuen US-Studie zufolge deutlich größer. Auch sind mehr Passanten bereit, Männer zu reanimieren als Frauen.

Eine schnelle Herzdruckmassage kann Menschenleben retten. Aber viele zögern, die Erste-Hilfe-Maßnahme anzuwenden, wie die Studie ergab, die nun bei einem Treffen des Amerikanischen Herzverbandes in Anaheim in Kalifornien vorgestellt wurde. Vor allem bei Frauen. Hier erhielten 39 Prozent derer, die in der Öffentlichkeit einen Herzstillstand erlitten, eine Herz-Lungen-Wiederbelebung. Bei den Männern waren es 45 Prozent, die Überlebenschance insgesamt war um 23 Prozent höher.

Möglicherweise hemme Scheu, die Brust einer Frau zu berühren, die schnelle Hilfsbereitschaft, vermuten Experten. “Es kann einschüchternd sein, wenn man sich vorstellt, hart und schnell mitten auf eine Frauenbrust zu drücken”, sagt auch Studien-Autorin Audrey Blewer von der University of Pennsylvania. “So mancher mag Angst haben, sie zu verletzen.”

Angst, Brust zu berühren? Forscher: “Richtige Stelle zwischen Brüsten”

Vielleicht hätten die Passanten auch Bedenken, die Kleidung einer Frau anzuheben, um besser an die richtige Druckstelle zu kommen, oder die Brüste zu berühren, sagt Blewers Kollege Benjamin Abella. Bei richtiger Anwendung passiere dies aber gar nicht. “Man legt seine Hände aufs Brustbein, welches in der Mitte der Brust ist. Theoretisch berührt man also die Stelle zwischen den Brüsten.”

Forscher: Zögern ist tödlich!

Dabei könne jedes Zögern tödlich sein, mahnen die Wissenschaftler. “Es ist keine Zeit, zimperlich zu sein, weil es um Leben und Tod geht”, betont Abella. Beim Herzstillstand hat das Herz aufgehört zu pumpen, oft wegen eines Rhythmusproblems. Mehr als 350 000 Amerikaner erleiden jedes Jahr einen solchen Herzstillstand außerhalb eines Krankenhauses. Rund 90 Prozent sterben, eine Herz-Lungen-Wiederbelebung kann aber die Überlebenschancen deutlich steigern.

Zuhause ist Situation anders

Die Untersuchung, finanziert vom Herzverband und den US-Gesundheitsbehörden, umfasst knapp 20 000 Fälle. Über die Helfer, deren Motivation zum Eingreifen oder warum sie zögerten, liefert sie keine Informationen. In anderen Erhebungen, bei denen die Patienten in häuslicher Umgebung einen Herzstillstand hatten, fanden die Forscher keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Ob dies damit zusammenhängt, dass im heimischen Umfeld der Helfer mit Patient oder Patientin vertraut ist und damit die Scheu sinkt, bleibt eine Vermutung.

Den Experten ist indessen klar: dass Aufklärung und Ausbildung verbessert werden müssen. Selbst bei den Übungspuppen, bemerkt Blewer, gibt es ein Ungleichgewicht zugunsten der Männer. In der Regel werde an männlichen Dummys geübt.

Experte: Geschlechterfrage muss gestellt werden

Der Herzexperte Roger White von der Mayo-Klinik in Rochester im US-Staat Minnesota fordert, alle sollten sich in diesem Zusammenhang der Geschlechterfrage stellen. Er habe schon länger die Sorge, dass große Brüste möglicherweise den Einsatz eines Defibrillators erschweren könnten, wenn eine Frau eine solche Schock-Anwendung brauche, um den normalen Herzrhythmus wiederherzustellen.

Eine andere Studie, die die Herzspezialisten auf ihrer Konferenz diskutierten, sieht hingegen Männer im Nachteil: Sie haben häufiger als Frauen einen Herzstillstand beim Sex oder kurz danach. Die Gefahr insgesamt sehen die Forscher aber als sehr gering an.

In ihrer Datensammlung liegen 4500 Fälle von plötzlichem Herzstillstand vor, die im Laufe von 13 Jahren in der Region Portland registriert wurden. Nur 34 davon ereigneten sich während des Beischlafs oder in der Stunde danach, und die meisten Betroffenen waren schon zuvor wegen einer Herzschwäche in Behandlung. Ihr Risiko war also ohnehin größer, heißt es in der Studie, veröffentlicht im “Journal of the American College of Cardiology”. Für Frauen zusätzlich beruhigend ist das Ergebnis, dass unter den 34 Fällen fast nur Männer waren – nämlich 32.

(AP/Red.)

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