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Warum Faymann jetzt gehen muss

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Gastkommentar von Johannes Huber: Wie die ÖVP, hat auch die SPÖ keine Zeit mehr, mit einem Obmann-Wechsel zuzuwarten: Im Hinblick auf Neuwahlen muss sie sich dringend neu aufstellen.

Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann klammert sich noch an seine Posten, seinem Stellvertreter in der Regierung, ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner, ist dagegen anzumerken, dass er weiß, dass seine Zeit in der Politik abgelaufen ist; er liefert nicht einmal mehr eine Show ab. Zu heftig war die Niederlage bei der Präsidentenwahl. Faymanns Kandidat, Ex-Sozialminister Rudolf Hundstorfer, wurde ebenso von nicht einmal jedem Achten gewählt, wie Mitterlehners Erwin-Pröll-Ersatzmann, Ex-Seniorenvertreter Andreas Khol. Das kann nicht ohne Folgen bleiben; die Rücktrittsgründe sind bereits da.

Natürlich weiß man das auch in den ehemaligen Großparteien. Alle vernünftigen Funktionäre reden bereits über den „Neubeginn“, der eigentlich kein solcher ist: Wie bei einer Pleitefirma geht es vielmehr um eine ordentliche Abwicklung. Im besten Fall gibt es da und dort noch ein paar Assets zu verwerten; und vielleicht lässt sich aus dem einen oder anderen Teil sogar etwas Erfolgversprechendes machen. Aber die Marken „SPÖ“ und „ÖVP“ sind verloren.

Für Dramatik sorgt der Umstand, dass sich beide Parteien bereits für die nächsten Nationalratswahlen rüsten und das großkoalitionäre Endspiel längst eröffnet ist. Wiens Bürgermeister Michael Häupl rechnet damit, dass die SPÖ die ÖVP so lange provoziert, dass der Urnengang um ein Jahr auf 2017 vorgezogen wird. Folglich bleibt den beiden Parteien möglicherweise nur ein Jahr, sich so weit herzurichten, dass sie sich wieder vor die Wähler trauen können. Das ist nicht viel Zeit.

Das Spannende ist, wer den ersten Schritt setzt: Geht man davon aus, dass die ÖVP Außenminister Sebastian Kurz zu ihrem Spitzenkandidaten küren wird, kann sie noch etwas zuwarten. Man kennt ihn schließlich schon. Auf der anderen Seite wird aber auch er die Parteizentrale und die Regierungsmannschaft nach seinen Vorstellungen umgestalten müssen. Ein halbes Jahr braucht er dafür allemal.

Schon schwerer ist es für die SPÖ: Die beiden aussichtsreichsten Nachfolgekandidaten für Faymann, ÖBB-Chef Christian Kern und Medienmanager Gerhard Zeiler, müssen sich als Politiker erst profilieren (und im Übrigen ebenfalls Parteizentrale und Regierungsmannschaft umbauen). Sie brauchen dafür wohl ein Jahr, womit ihre Kür bald fällig wird.

Schonfristen wird es für die Generation nach Faymann und Mitterlehner mit Sicherheit keine geben. Eine solche werden sie schon einander nicht gönnen. Grund: Die FPÖ wird die künftige Nummer eins und damit sehr wahrscheinlich auch Kanzlerpartei sein. Die ÖVP, aber auch Teile der SPÖ, werden versuchen, sich als Koalitionspartner anzudienen. Die bessere Ausgangslage dafür hat, wer bei der Nationalratswahl auf den zweiten Platz kommt. Also wird die Volkspartei einem Kern oder Zeiler von allem Anfang an das Leben schwer machen. Und umgekehrt.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Hintergründe und Analysen zur österreichischen Politik.”

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