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Vorwärts, Genossen!

©APA (Sujet)
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Wiener SPÖ muss die Häupl-Nachfolge jetzt aber wirklich klären. Und zwar auch im Sinne der Stadt und ihrer Bewohner.

Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) darf sich zumindest darüber freuen, dass sein Intimfeind, Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ), im Rennen um seine Nachfolge massiv geschwächt ist: Auf dem Landesparteitag Ende April hat dieser ein noch schlechteres Wahlergebnis erzielt als er persönlich; die 67,8 Prozent sind zwar eine Mehrheit, aber keine Grundlage für einen Karrieresprung. Ganz im Gegenteil, sie bringen viel eher zum Ausdruck, wie gespalten die SPÖ ist: Zwei Drittel dürften ziemlich genau dem Gewicht des rechten Flügels entsprechen, dem Ludwig ja vorsteht. Und das heißt im Umkehrschluss, dass er vom verbleibenden Drittel kategorisch abgelehnt wird; wobei es sich um den linken Flügel handelt.

Das ist natürlich stark vereinfacht, aber ein Signal: Orientiert man sich am Ergebnis der letzten Gemeinderatswahl, kann man sich ausrechnen, dass der rechte Flügel als eigenständige Partei etwas kleiner wäre als die FPÖ und der linke ungefähr gleich groß wie die Grünen. Was sämtlichen Genossen eine Warnung sein müsste: Kommt es zur Spaltung, stellen sie in der Stadtregierung im besten Fall noch den Stellvertreter eines Bürgermeisters Heinz-Christian Strache (FPÖ); ansonsten drücken sie die Oppositionsbank.

Dieses Szenario sollte ihnen ein Ansporn sein, die Häupl-Nachfolge nicht nur zu diskutieren, sondern jetzt aber wirklich auch zu vollziehen: Auf die Zeit nach der Nationalratswahl zu warten, die aus heutiger Sicht wohl erst im Herbst 2018 stattfinden wird, ist undenkbar. Das wäre weder im Sinne der Partei noch der 1,9 Millionen Wienerinnen und Wiener: In der Partei würden sich die Grabenkämpfe schier endlos weiterziehen, bis eine Spaltung mit den erwähnten Folgen unausweichlich wäre. Und in der Stadtregierung würde aufgrund einer handlungsfähigen Sozialdemokratie auch in den kommenden eineinhalb Jahren nichts weitergehen. Was angesichts der vielen Herausforderungen, die von der Integration (Mindestsicherung) über den Verkehr (Lobautunnel) bis zur Gesundheit (Krankenhaus Nord) warten, schlicht und ergreifend fahrlässig wäre.

Bei alledem kommt es für die SPÖ natürlich ganz entscheidend darauf an, wer sie künftig führen wird: Man ist geneigt, von einem Wunderwuzzi zu sprechen; also einem, der es in den eigenen Reihen allen recht macht und im Übrigen vor allem auch einen ordentlich Plan für Wien hat. Man sollte jedoch realistisch bleiben. Es genügt schon, wenn Häupl es den wichtigsten Flügelvertretern überlässt, sich mit einem Mediator zusammenzusetzen und zu sondieren, wer für sie gemeinsam am ehesten tragbar wäre; der- oder diejenige sollte dann noch heuer zum Zug kommen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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