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Vorarlberg mit Vorreiterrolle bei Darmkrebsvorsorge

Besucher stehen in einem begehbaren Darmmodell in München. Es zeigt sehr anschaulich die Entwicklung vom "unauffälligen" Polypen bis zum Darmkrebs.
Besucher stehen in einem begehbaren Darmmodell in München. Es zeigt sehr anschaulich die Entwicklung vom "unauffälligen" Polypen bis zum Darmkrebs. ©dpa (Themenbild)
Bregenz, Wien. Dass Dickdarmkrebs durch rechtzeitige Maßnahmen in vielen Fällen verhindert bzw. erfolgreich behandelt werden kann, zeigt unter anderem die Statistik des Vorarlberger Darmkrebsvorsorgeprogramms. Und sie zeigt auch: Vorarlberger sind alles andere als "Vorsorge-Verweigerer". Im Gegenteil. Gerade in Sachen Darmkrebsvorsorge ist das westlichste Bundesland in Österreich führend.

In den Industrienationen zählt Darmkrebs zu den häufigsten und gefährlichsten Erkrankungen. In Österreich erkranken alljährlich zwischen 4.348 und 5.133 Personen (Quelle Statistik Austria) daran. Die Sterblichkeitsrate? Hoch. Zumindest vor Einführung der Darmkrebsvorsorgeuntersuchung. Etwa die Hälfte der Neuerkrankten kostete der Krebs das Leben. Dabei zeige gerade auch die Statistik des Vorarlberger Darmkrebsvorsorgeprogrammes sehr deutlich, dass Dickdarmkrebs durch rechtzeitige Maßnahmen in vielen Fällen verhindert beziehungsweise erfolgreich behandelt werden könne, berichten Gesundheitslandesrat Christian Bernhard, VKGG-Obmann Manfred Brunner und Dr. Michael Jonas, Präsident der Ärztekammer Vorarlberg, am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz. Den Betroffenen könne so ein langer Leidensweg erspart werden – bei gleichzeitiger Einsparung hoher Behandlungskosten, die anfallen, wenn die Krebserkrankung zu spät diagnostiziert werde.

Vorarlberg bei Darmkrebsvorsorge führend

Vor diesem Hintergrund führte Vorarlberg im Februar 2007 ein Darmkrebsvorsorgeprogramm ein. Ein Angebot, das seither von insgesamt 30.501 Personen in Vorarlberg in Anspruch genommen wurde. Berechnet auf die Zielgruppe der über 50-Jährigen (insgesamt 116.435 Personen in Vorarlberg; Anm.) sind das 26,2 Prozent. Das Ländle liegt damit österreichweit klar an den Spitze. Denn im Vergleich dazu seien in diesem Zeitraum in ganz Österreich nur 14 Prozent der Zielgruppe erreicht worden.

Sterbefälle reduziert

Vor Einführung des Vorsorgeprogramms erkrankten in Vorarlberg jährlich im Schnitt 124 Menschen an Darmkrebs. Durch die Vorsorge-Koloskopie und die folglich frühzeitige Erfassung von Krebsvorstufen kam es mit durchschnittlich 182 Neuerkrankungen pro Jahr (2010 bis 2012) einerseits zu einem deutlichen Anstieg der diagnostizierten Darmkrebsfälle. Andererseits sank die Darmkrebs-Sterblichkeit im selben Zeitraum – innerhalb von fünf Jahren konnte sie von 50 auf 40 Prozent gesenkt werden. Das erklärte Ziel: Die Neuerkrankungen bis 2017 um ein Drittel zu reduzieren. Dafür müssten jedoch vor allem auch die “Vorsorge-Verweigerer” erreicht werden – auch in Vorarlberg, wird betont.

»“Neben den statistischen Zahlen, die sich seit der Einführung dieses Vorsorgeprogrammes deutlich gebessert haben, konnte durch diese einfache Untersuchung viel menschliches Leid verhindert werden.” (LR Christian Bernhard)«

Investierte Kosten rechnen sich

Auch die investierten Kosten würden sich um ein Vielfaches rechnen, hob Ärztekammerpräsident Jonas am Dienstag hervor. Und rechnet vor: Jeder Darmkrebsfall mit Metastasierung verursache Kosten in Höhe von rund 235.693 Euro. Unter Berücksichtigung sämtlicher volkswirtschaftlicher Faktoren bedeute das für Vorarlberg entsprechend ökonomisch-wissenschaftlicher
Berechnungen innerhalb von zehn Jahren eine Kostenersparnis von 70 Millionen Euro.

Jonas fordert Vorarlberger Vorzeigemodell in allen Bundesländern

Natürlich auch zur Freude der Vorarlberger Gebietskrankenkasse: „Das (gemeint ist die Heilungswahrscheinlichkeit von 100 Prozent bei Früherkennung in einem Vor- oder Frühstadium; Anm.) erspart Betroffenen einen mitunter langen Leidensweg und wir bestreiten nicht, dass Verhinderung bzw. Früherkennung von Darmkrebs angesichts hoher Behandlungskosten im Falle einer Erkrankung finanziell ein Vorteil für die soziale Krankenversicherung ist”, merkt VGKK-Obmann Manfred Brunner am Dienstag an.

Überreif sei die Zeit, “das Vorarlberger Vorzeigemodell in allen Bundesländern als nationales Darmkrebsvorsorgeprogramm zu etablieren”, meinte indes Ärztekammer-Präsident Jonas abschließend.

Fragen und Antworten zur Darmkrebsvorsorge in Vorarlberg

Wie läuft eine Darmkrebsvorsorgeuntersuchung ab?

Bei der Darmkrebsvorsorgeuntersuchung, auch Darmspiegelung oder Koloskopie genannt, wird der gesamte Dickdarm mit Hilfe einer kleinfingerdicken biegsamen Sonde, an deren Ende sich eine Kamera befindet, bildlich dargestellt. Anschließend werden allfällige Polypen, die sich in Krebs verwandeln können, entfernt.

Was ist das Untersuchungsziel? 

Das Untersuchungsziel ist die Entfernung von Krebsvorstufen, bei Vorliegen einer Krebserkrankung die Diagnose möglichst früh zu stellen.

Was zeigt uns die Statistik in Vorarlberg?

Ein Ziel, das in Vorarlberg bislang erreicht worden sei. Die Statistik zeigt:

  • Seit Februar 2007 wurde bei 387 Personen Darmkrebs im Vorstadium erkannt und durch die Entfernung von Polypen geheilt.
  • Bei 109 Personen wurde Darmkrebs in einem frühen Stadium erkannt. Durch eine Polypenabtragung während der Vorsorgedarmspiegelung oder durch eine Operation konnte dieser geheilt werden.
  • Bei 28 Patienten wurde ein bereits etwas weiter fortgeschrittenes Krebsstadium diagnostiziert, sodass zusätzlich eine Chemotherapie erforderlich war. Dadurch wiederum stiegen die Heilungschancen enorm.
  • In 13 Fällen war die Erkrankung bei der Diagnose bereits so fortgeschritten, dass sich Metastasen in anderen Organen gebildet hatten; eine sehr belastende, aufwändige und teure Behandlung wurde notwendig.

Wo in Vorarlberg kann ich eine Vorsorgeuntersuchung durchführen lassen?

Folgende FachärztInnen für Innere Medizin führen Vorsorgekoloskopie durch:

  • Dr. Christern Hans-Albrecht, Gerbe 1144, Egg
  • Dr. Dertinger Stephan, Am Postplatz 2, Bludenz
  • Dr. Diem Gerhard, Bahnhofstraße 39, Bregenz
  • Dr. Erhart Kurt, Kornmarktstraße 20, Bregenz
  • Dr. Flatz Thomas, Sägenplatz 1, Hard
  • Dr. Walter Frey, Kirchstrasse 17, Hard
  • Dr. Kopf Alexander, Am Kehlerpark 2, Dornbirn
  • Dr. Michael Malin, Schillerstraße 13, Dornbirn
  • Dr. Mayr Burkhard, Waldfriedgasse 2, Feldkirch
  • Dr. Franz Reichsöllner, Montfortstraße 17, Götzis
  • Univ.-Doz. Dr. Sagmeister Markus, Kornmarktstraße 2, Bregenz
  • Dr. Scheier Michael, Kaiser-Franz-Josefstr. 4, Lustenau
  • Dr. Stark Harald, Bahnhofplatz 1a, Bludenz
  • Dr. Sturn Michael, Bahnhofstraße 16, Rankweil
  • Dr. Werle Andreas, Austraße 30, Sulz
  • Dr. Wilhelm Oliver, Am Garnmarkt 3, Götzis

Literaturtipp: Giulia Enders: “Darm mit Charme” – Die junge österreichische Wissenschafterin hat mit ihrem Erstlingswerk, in dem sie die Geheimnisse des Darms ergründet, einen Bestseller gelandet. Vergnüglich erklärt sie darin, welch hochkomplexes und wunderbares Organ der Darm ist. Er ist der Schlüssel zu Körper und Geist und eröffnet uns einen ganz neuen Blick durch die Hintertür. Zum Buchtipp 

(red-jim)

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