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Von Winter-Schanigärten bis zum Wahlrecht: Ein Jahr Rot-Grün II in Wien

Die Bilanz nach einem Jahr Rot-Grün II in der Wiener Stadtregierung
Die Bilanz nach einem Jahr Rot-Grün II in der Wiener Stadtregierung ©APA
Am 24. November jährt sich der Amtsantritt der Rot-Grünen Wiener Stadtregierung zum ersten Mal in der neuen Legislaturperiode. Trotz eines vergleichsweise unglücklichen Starts kann die Koalition auf einige veritable Erfolge, die gemeinsam umgesetzt wurden, zurückblicken.
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Der seit Monaten innerhalb der Wiener SPÖ schwelende Richtungsstreit wirkte sich bisher kaum auf den innerkoalitionären Frieden aus.

Die Bilanz: Ein Jahr Rot-Grüne II in Wien

Wien. Nach der Wien-Wahl im Oktober des Vorjahres war man vor allem aus roter Sicht noch einmal mit dem Schrecken davon gekommen. Schien für die FPÖ im Vorfeld sogar der Bürgermeistersessel in Griffweite, retteten die Sozialdemokraten am Wahlabend doch deutlich den ersten Platz ins Ziel. Danach standen die Zeichen recht schnell auf eine Fortsetzung der Koalition mit den Grünen, mit denen die Roten seit 2010 regieren. Am 14. November wurde der neue Koalitionspakt vorgestellt, am 24. November stand die Angelobung der Regierungstruppe im Gemeinderat am Programm.

Unglücklicher Start in die neue Amtsperiode

Der Start von Rot-Grün II geriet allerdings alles andere als geglückt. Denn der Großteil der Ressortchefs konnte bei ihrer geheimen Wahl der Abgeordneten nur ein äußerst mageres Ergebnis einfahren: Nicht einmal alle Mandatare aus den eigenen Reihen stimmten für die Stadträte. Und anders als bei der rot-grünen Premiere 2010 ließ man auch die Euphorie vermissen. Schließlich brachte man die vergangene Legislaturperiode dank Wahlrechtszank äußerst verstimmt zu Ende.

Um das Konfliktthema aus der Welt zu schaffen, beschloss man noch vor Jahresende 2015 einen Kompromiss, der die mandatsmäßige Begünstigung der Mehrheitsfraktion – also der SPÖ – etwas minimierte. Auch ansonsten brachte man einige Dinge auf den Weg. So wurden das Wettgesetz – Stichwort Live-Wetten-Verbot – und das Fiakergesetz verschärft, die Bauordnung im Hinblick auf die Flüchtlingsbewegung gelockert, die Einführung der Winter-Schanigärten ermöglicht oder die Vergnügungssteuer abgeschafft. Und auch eine Erhöhung der Müll-, Wasser- und Parkgebühren, die mit Anfang 2017 in Kraft tritt, wurde beschlossen. Die Kürzung des städtischen Inseratenbudgets und der schrittweise Ausstieg aus den Frankenkrediten wurden ebenfalls eingeleitet.

Keine großen Würfe, keine großen Konflikte

Große Würfe – vergleichbar etwa mit der 365-Euro-Jahreskarte in der ersten gemeinsamen Periode – blieben bisher aus. Auf schwerwiegende Konflikte hat man bisher aber ebenfalls vergeblich gewartet, wobei Meinungsverschiedenheiten freilich immer wieder aufblitzen. Dass die Grünen den Lobautunnel anders als die SPÖ ablehnen, ist bekannt. Nicht gerade begeistert zeigt sich der kleine Koalitionspartner auch von roten Ideen, nach dem vorläufigen Scheitern der Bundesregelung eine Wartefrist für Mindestsicherungsbezieher, die aus anderen Bundesländern in die Stadt ziehen, einzuführen.

Ein anderes Match zwischen SPÖ und Grünen wurde in der Leopoldstadt ausgetragen. Dort musste im September die Bezirksvertretungswahl nochmals ausgetragen werden, nachdem der Verfassungsgerichtshof eine Wiederholung dank Wahlkartenunstimmigkeiten angeordnet hatte. Überraschend luchsten die Grünen der SPÖ den ersten Platz und damit den Bezirksvorsteherposten ab – was Wasser auf die Mühlen der SPÖ-internen Rot-Grün-Kritiker war.

Zustand der Wiener SPÖ als Thema

Apropos Kritiker: Verlässlich für kommunalpolitische Schlagzeilen sorgte in den vergangenen Monaten aber sowieso ein außerkoalitionäres Thema – der Zustand der Wiener SPÖ. Infolge der Flüchtlingsdebatte wurde der Riss innerhalb Roten immer deutlicher – nämlich zwischen Vertretern einer ausgeprägten Willkommenskultur und den Verfechtern eines strikteren Kurses, wie ihn auch der vormalige Kanzler und SPÖ-Bundeschef Werner Faymann vertreten hat. Dessen Abgang nahm ebenfalls in Wien seinen Ausgang und war nach lautstarken Protesten der eigenen Genossen am 1. Mai nicht mehr zu vermeiden.

Trotz wiederholter Beteuerungen der Spitze, es gebe keine Spaltung in der Bürgermeisterpartei, richten sich die beiden Lager seither in wechselnder Intensität öffentlich Unfreundlichkeiten aus. In den vergangenen Tagen hatten die roten Reibereien gerade wieder einmal Hochkonjunktur: Vertreter der Flächenbezirke, die sich damals auch auf die Seite Faymanns gestellt haben, forderten von Häupl lautstark Reformen und eine Personaldebatte ein.

Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely im Kreuzfeuer

Hatte es unter Rot-Grün I die grüne Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou dank Parkpickerl und Mariahilfer Straße alles andere als leicht, steht nun seit Monaten vor allem Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) im Kreuzfeuer. Einerseits schoss sich die Opposition wegen des Kostenanstiegs beim Krankenhaus Nord, des angeblichen Kontrollversagens bei sogenannten islamischen Kindergärten und des finanziellen Mehrbedarfs in Sachen Mindestsicherung voll auf Wehsely ein. Andererseits war und ist die Stadträtin immer wieder Zielscheibe der parteiinternen Kritik, gilt sie doch als eine der Führungsfiguren des Willkommenskultur-Lagers.

Zusätzlich musste und muss Wehsely sich mit wütenden Ärzten in den Gemeindespitälern herumschlagen. Wegen hoher Unzufriedenheit mit dem neuen Arbeitszeitgesetz organisierte die Ärztekammer im September gar einen Warnstreik. Derzeit berät man in der Stadtregierung – als Teil der eingeleiteten Verwaltungsreform – über die Umwandlung des KAV in ein eigenständiges Unternehmen.

(APA/Red.)

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