Grundsätzlich ist das österreichische Steuersystem geschlechtsneutral konzipiert. So werden (Ehe)Partner getrennt besteuert (“Individualbesteuerung” statt Familiensplitting) was aus Sicht des Rechnungshofs zur Förderung der Erwerbsarbeit von Frauen beiträgt und beibehalten werden sollte. Gleichzeitig macht der Bericht () aber eine Reihe von negativen Anreizen aus, die bei der jüngsten Steuerreform nicht behoben wurden.
Negativsteuer wurde erhöht
“Es bestanden insbesondere jene Maßnahmen weiter, die negative Erwerbsanreize (für Frauen, Am.) setzten und die vor allem Männer in Anspruch nahmen”, kritisiert der Rechnungshof. Damit gemeint sind u.a. steuerbegünstigte Überstunden und der Alleinverdienerabsetzbetrag, der etwa 161 Mio. Euro jährlich kostet, aber zu 90 Prozent von Männern genutzt wird. Sehr wohl erhöht wurde mit der Steuerreform aber die vor allem Frauen zugutekommende Negativsteuer.
Frauen haben deutlich häufiger Teilzeitjobs
Anspruch auf die Negativsteuer von bis zu 400 Euro im Jahr hat, wer so wenig verdient, dass er oder sie keine Lohnsteuer zahlt. Das waren zuletzt 40 Prozent der Frauen und 26 Prozent der Männer. Ein Grund für den hohen Frauenanteil ist, dass Frauen deutlich öfter Teilzeitjobs haben als Männer. Im EU-Vergleich ist die Teilzeitquote der Frauen überdurchschnittlich hoch: In Österreich (und Deutschland) sind es 47 Prozent, im EU-Schnitt nur 32.
Steuerbegünstigungen evaluieren
Der Rechnungshof empfiehlt nun, die Steuerbegünstigungen zu evaluieren und “durch Maßnahmen im Sinne des Ziels der besseren Verteilung der Erwerbsarbeit und der unbezahlten Arbeit zu ersetzen”. Geprüft werden soll auch, ob die 2009 eingeführten Maßnahmen (Kinderfreibetrag und Absetzbarkeit der Kinderbetreuung) ihren Zweck erfüllen. Dies deshalb, weil die Kinderbetreuungskosten vor allem Männer geltend machen.
Kritik an Gleichstellungszielen
Kritik übt der Bericht auch an den Gleichstellungszielen, die sich das Finanzministerium selbst gesetzt hat. Angepeilt wird demnach die Verringerung der Teilzeitquote und der Einkommensschere. Die dafür gewählten Messlatten waren aus Sicht des Rechnungshofs aber “weder nachvollziehbar noch korrekt”. “Das BMF erweckte damit den falschen Eindruck der Zielerreichung.”
Ähnlich hart ins Gericht geht der Rechnungshof in einem zweiten Bericht () mit den Gleichstellungszielen in den Budgets von Kanzleramt, Verkehrs- und Landwirtschaftsministerium. Seit 2013 müssen die Ressorts in ihren jährlichen Budgets konkrete “Wirkungsziele” verankern und dabei auch Frauen gesondert berücksichtigen. Aus Sicht des Rechnungshofs waren die Gleichstellungsmaßnahmen der Ressorts aber “zur Steuerung der wirkungsorientierten Haushaltsführung nicht geeignet”.
Keine “kontinuierliche Zielverfolgung” möglich
So führte das Landwirtschaftsministerium lediglich Befragungen darüber durch, wie stark die Lebensqualität von Männern und Frauen von ihrer natürlichen Umwelt abhängt. Das Verkehrsministerium maß seinen Erfolg mit der Anzahl der durchgeführten Genderanalysen, ohne aber den Bedarf danach zu überprüfen. Und das Kanzleramt setzte überhaupt jedes Jahr ein neues Ziel fest, womit keine “kontinuierliche Zielverfolgung” möglich war, wie der Bericht festhält.
(APA)