Da der aktuell in Mitteleuropa auftretende Erreger dem im Sommer gefundenen “sehr ähnele”, könne man davon ausgehen, dass er von dort über Wildvögel nach Westen gelangt sei. Der Vogelzug, bei dem Hunderttausende Vögel allwinterlich vor der Kälte im Osten und Norden Europas nach Westen fliehen, steht erst am Anfang. Ob mit der Westdrift von Zugvögeln in den kommenden Wochen mehr infizierte Wildvögel in Mittel- und Westeuropa gefunden werden, müsse abgewartet werden, sagte Mettenleiter. Die Situation könne sich noch verschärfen. Es sei aber auch durchaus möglich, dass es wie bei der Vogelgrippe-Epidemie von 2006 Phasen gebe, in denen die Infektionsdynamik wieder abebbe.
Hoher Infektionsdruck
Ende vergangener Woche war die Vogelgrippe in einem schleswig-holsteinischen Geflügelbetrieb ausgebrochen. 30.000 Hühner mussten getötet werden. “Bei dem aktuell hohen Infektionsdruck durch Wildvögel von außen sind vereinzelte Einträge in Nutzgeflügelbestände nicht zu hundert Prozent zu verhindern”, sagte Mettenleiter. Wie der Erreger in den abgeschlossenen Betrieb kam, ist weiter unklar. Die Experten des Friedrich-Loeffler-Instituts wollten am Montagabend ihre Untersuchungen vor Ort abgeschlossen haben. Danach sollte die Bewertung der Befunde beginnen.
Stallpflicht ausgeweitet
Zur Eindämmung der Vogelgrippe setzen die deutschen Behörden weiter auf ein koordiniertes Vorgehen. An diesem Dienstag soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe über mögliche einheitliche Maßnahmen für Risikogebiete beraten, wie es im deutschen Bundesagrarministerium hieß. Ressortchef Christian Schmidt (CSU) hat bereits einen zentralen Krisenstab eingerichtet. Die Länder sollen Stallpflicht in Gebieten anordnen, in denen die Wahrscheinlichkeit eines Virus-Eintrages hoch ist. Das Geschehen werde weiter intensiv beobachtet, hieß es. Schmidt hatte auch mit EU-Amtskollegen über die Vogelgrippe gesprochen.
Impfung nicht sinnvoll
Eine Schutzimpfung für Nutzgeflügelbestände ist aus Sicht der Forscher trotz der Infektionsgefahr nicht sinnvoll. Eine Impfung verhindere zwar klinische Erscheinungen, nicht aber die Infektion, sagte Mettenleiter. “Wir rennen dann in die Gefahr, dass sich unter der Impfdecke die Infektion weiter ausbreitet.” Impfungen sind derzeit auf Antrag für besonders seltene Rassen und Zoohaltungen möglich.
Säuger nicht betroffen
Neben Wildenten und Haubentauchern waren in den vergangenen Tagen auch aasfressende Möwen positiv getestet worden. Eine Vermutung der Forscher ist, dass sie sich über das Fressen an Kadavern angesteckt haben könnten. Dass sich auch aasfressende Säuger wie Katzen oder Füchse an infizierten Wildvögeln anstecken, ist nach Auskunft des auf der Insel Riems bei Greifswald ansässigen FLI unwahrscheinlich. “Es gibt bisher keine Hinweise darauf, dass H5N8 bei Säugern aufgetreten ist”, sagte Mettenleiter.
Parallelen zu 2006
Die Forscher gehen davon aus, dass die aktuelle epidemiologische Situation stark der Lage von 2006 ähnelt, als der Vogelgrippe-Erreger vom Typ H5N1 in Deutschland grassierte. “Wir haben eine Epidemie im Wildvogelbereich. Der Erreger breitet sich in Wildvogelpopulationen aus und wir haben vereinzelte Einträge in Nutzgeflügelbestände”, zog Mettenleiter Parallelen. Es gibt aber einen großen Unterschied: Anders als für H5N1 vor zehn Jahren sind für H5N8 keine Übertragungen auf den Menschen bekannt.
Bestätigung in Hard, Entwarnung in Möggers
In Vorarlberg ist nach wie vor ein einziger Betrieb von Vogelgrippe betroffen. In einem zweiten Fall hat sich die Befürchtung, dass der hochpathogene Erreger des Typs H5N8 in einem Hühnerhof auftrat, nicht bestätigt.
(APA/dpa)