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Vienna’s Start-ups: Bilungsspecial Teil 2 – talentify.me

Gründer Bernhard Hoferbeim Social Impact Start 28.02.2014
Gründer Bernhard Hoferbeim Social Impact Start 28.02.2014 ©Michael Koschutnig
Bildung ist weiterhin ein heißes Thema in Österreich. Im 2. Teil des Vienna’s Start-ups Bildunsspecial stellen wir euch talentify.me vor – eine Lernhilfeplattform, von der alle profitieren.

 Von Stefanie Schmied, 1030 Innovation Consulting

talentify.me ein Projekt der talent 2 talent GmbH, einem Sozialunternehmen mit dem Ziel, eine Onlineplattform für SchülerInnen zu schaffen, die es ermöglicht, Nachhilfestunden einfach und schnell anzubieten und zu finden. Lernhilfe gibt es hier nur von SchülerInnen für SchülerInnen, von gratis bis maximal € 10,- pro Stunde. Vorteile ziehen daraus nicht nur jene SchülerInnen, die auf der Suche nach Unterstützung beim Lernen sind. Diejenigen, die ihre Hilfe anbieten, sammeln mit jeder gegebenen Nachhilfestunde Bonuspunkte, die sie für Workshops und andere Belohnungen einlösen können.

Screenshot-Collagewww.talentify.me, Foto by talentify.me

Die zündende Idee

Die Idee zu talentify.me basiert auf einem Schulprojekt von Gründer Bernhard Hofer. Schon damals kostete Lernhilfe im Durchschnitt € 30,- pro Stunde. Mit einigen HTL Kollegen bastelte Bernhard an einem Konzept, bei dem sich ältere SchülerInnen als Social Buddies um jüngere SchülerInnen kümmerten und Lernhilfe gaben. Für diejenigen, die es sich nicht leisten konnten, dafür zu bezahlen, war die Nachhilfe gratis. 10+ Jahre später ist Bernhard wieder über die Idee gestolpert und hat daraus ein Social Business gemacht.

Peer-to-Peer-Learning mit Vorteilen für beide Seiten

SchülerInnen lernen am besten von anderen SchülerInnen. Studien belegen, dass Kinder beim Lernen mit Gleichgesinnten 50% weniger Stresshormone produzieren. Das geringere Stressniveau führt zu besseren Lernerfolgen. „Für uns war klar, dass das Konzept des Peer-to-Peer Learnings extremes Potenzial hat.“, so Bernhard. Die Plattform verbindet außerdem Jugendliche, die ansonsten nie aufeinander treffen würden. Daraus entstehen Freundschaften und Vorbilder.

talentify-LernsessionLernhilfestunde, Foto by talentify.me

Diejenigen, die Nachhilfe anbieten, profitieren ebenfalls. In Fokusgruppen und persönlichen Interviews gaben SchülerInnen an, dass sie in der Schule Schlüsselkompetenzen für das spätere Leben, wie zum Beispiel Kommunikationsfähigkeit, Sozialkompetenzen, Kreativität, rechtliche Themen etc. nicht erlernen würden. Lernhilfe geben fordert und trainiert Kommunikationsfähigkeit und den Umgang mit Mitmenschen. Jede geleistete Lernhilfeeinheit bringt außerdem Bonuspunkte, die für Workshops zu gefragten Themen eingelöst werden können.

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Workshop für Bonuspunktesammler: Graphic Facilitation, Foto by talentify.me

Der Kreis schließt sich, wenn Lernhilfeempfänger später auch einmal Nachhilfe in den Bereichen geben, in denen sie selbst talentiert sind. Die SchülerInnen vereinbaren den Preis für ihre Lernhilfe-Einheiten selbst, maximal dürfen es 10 Euro pro Stunde sein. „Der Durchschnitt liegt etwa bei € 5,-. Verlangt man 5,- oder weniger, erhält man die doppelte Anzahl an Bonuspunkten. Der Markt reguliert sich sehr gut von alleine, für die SchülerInnen ist es ein zusätzliches Taschengeld.“, erklärt Bernhard.

Die Bildungsstatistiken kennt man ja mittlerweile aus den Medien. Die Schere zwischen Sonderschulen, NMS/Hauptschulen, Gymnasien und Privatschulen, die Unterschiede zwischen Stadt und Land; Dass bereits 26% der 15-Jährigen nicht mehr sinnerfassend lesen können (d.h. die Alphabetisierungsrate ist jetzt schlechter als vor 100 Jahren); dass in Gymnasien knapp 80% der Kinder aus Akademikerfamilien stammen und über 80% der Kinder in den Wiener NMS aus bildungsfernen Familien kommen. All diese Zahlen bestärken Bernhard und sein Team in ihrem Unterfangen. Bernhard ist sich sicher: „Bildung ist der Schlüssel zu allem. Deswegen sollten alle Kinder die gleichen Möglichkeiten haben.“ Für viele Familien sei die Finanzierung der Nachhilfe eine große Belastung. Bei durchschnittlichen € 30,- pro Stunde ist dies auch leicht nachvollziehbar. Mit talentify.me soll jeder Zugang zu Lernhilfe bekommen.

 Wer steckt hinter talentify.me?

Gründer Bernhard Hofer hat Wirtschaftsinformatik studiert, im Bereich Online Marketing gearbeitet und zuletzt ein Software-Unternehmen geleitet. Nachdem aus den Fokusgruppen und Interviews so viel positives Feedback kam, kündigte Bernhard seinen Job und stürzte sich voll und ganz auf sein Projekt. Bernhard: „Mir hat mein Job immer Spaß gemacht, aber die Selbstständigkeit jetzt ist etwas anderes. Es macht unglaublich Freude, ich stehe 200% dahinter und ich habe das Gefühl, in der Gesellschaft etwas bewirken zu können!“ Bernhards Frau Doris Hofer ist ebenfalls mit an Bord und kümmert sich primär um das Workshopangebot für die teilnehmenden Schüler/Innen.

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Gründerteam Bernhard und Doris Hofer, Fotos by talentify.me

Seit August 2014 verstärkt die ehemalige teach for austria Teilnehmerin Clarissa Böck das Team. Eine Masterstudentin unterstützt talentify.me 1-2x pro Woche ehrenamtlich und nutzt die Zeit auch, ihre Masterarbeit im Bereich Bildungspolitik zu schreiben. Weitere Unterstützung bekommt das Startup von einem Finanzspezialisten, einem Grafiker, einem Marketinspezialisten und einem Webdeveloper. Das Advisory Board umfasst den Geschäftsführer des WIFI Tirols, eine Strategiemitarbeiterin der Boston Consulting Group, eine Mentorin von SAP, sowie eine Schuldirektorin und LehrerInnen. Alles in allem tragen ca. 15 Personen zu talentify bei.

Talentify.me – Puls 4 Beitrag, Oktober 2014

Woher kommt dann das Geld?

Anfangs finanzierte Bernhard Hofer seine Idee aus eigener Tasche. Nach der Gründung der GmbH bekam das Startup eine Förderung und wurde außerdem in den Technologieinkubator des accent Gründerservice, dem Niederösterreichischen AplusB Zentrum aufgenommen. Ein Social Business zielt darauf ab, sich selbst zu erhalten. Deswegen arbeitet das Startup mit verschiedensten Unternehmen zusammen. Die SchülerInnen von heute sind die Berufseinsteiger von morgen. Für Unternehmen wird es aber zusehends schwieriger, die richtigen jungen Menschen anzusprechen und in Folge für bestimmte Berufsbilder und Lehrberufe zu begeistern. Die Zusammenarbeit erfolgt auf verschiedenen Ebenen:

  1. Workshops: Unterstützende Unternehmen bieten Workshops an, an denen Bonuspunktesammler von talentify teilnehmen können. HR-Profis helfen beim Bewerbungstraining, SAP zeigt, was man mit Design Thinking alles machen kann, etc. So lernen junge Menschen Unternehmen von einer ganz anderen Perspektive kennen.
  2. Hat man als SchülerIn einmal genügend Bonuspunkte gesammelt, hat man auch eine Chance auf attraktive Praktikumsplätze bei den Partnerunternehmen.
  3. Unternehmen belohnen SchülerInnen dafür, dass sie etwas Gutes tun und ihren Mitschülern helfen. Die Bonuspunkte können zB auch gegen Konzerttickets, Rabatte in Sportgeschäften oder andere Produkte eingetauscht werden.

Neben den Unternehmenskooperationen bietet das Team Consulting für Unternehmen, um diese jugendfit zu machen und moderne, unternehmenskulturelle Ansätze anzuwenden.

Und wie geht es weiter?

Die talentify.me Plattform wird kontinuierlich und primär basierend auf den Rückmeldungen und Vorschlägen der SchülerInnen weiterentwickelt und verbessert. Neue Funktionen werden laufend getestet. Die Private Beta Version von talentify.me ist seit Oktober 2014 online und war bisher nur für 16 ausgewählte Schulen zugänglich. Etwa 200 SchülerInnen betätigen sich seither aktiv auf der Plattform. Im März startet die Public Beta Version für alle Schulen in Wien, Niederösterreich, Burgenland und Tirol. Das Angebot an Workshops wird außerdem mit Hilfe von Managern, Privatpersonen, Unternehmen und Erwachsenenbildnern laufend erweitert.

 

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