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Verblendung

Wo Hollywood drauf steht, ist meist eine ordentliche Portion Bombast drinnen: Auch im Falle von Stieg Larssons Roman "Verblendung" bietet die am Freitag in den heimischen Kinos startende US-Adaption der schwedischen Erstverfilmung in Sachen Opulenz, Detailtreue und optischer Finesse alle Anzeichen einer etliche Millionen Dollar schweren Umsetzung. Hier geht's zum Trailer Alle Spielzeiten auf einen Blick

Dennoch muss man Regisseur David Fincher zugutehalten, dass er mit Daniel Craig und Rooney Mara nicht nur zwei hervorragende Hauptdarsteller gefunden, sondern mehr als einen kurzweiligen Hingucker für triste Sonntagabende geliefert hat.

Wien. Das liegt natürlich auch an der zigfach verkauften Romanvorlage des 2004 verstorbenen Autors und Journalisten Larsson, die vor verschachtelter Familienbande, brutaler Frauenmorde und düsterer Atmosphäre nur so strotzt. Der Journalist Mikael Blomkvist (Craig), eben erst einer Falschinformation aufgesessen und öffentlich bloßgestellt, wird vom Großindustriellen Henrik Vanger (ein gewohnt solider Christopher Plummer) beauftragt, eine lange zurückliegende Familiengeschichte zu klären. Auf der Suche nach der verschwundenen Großnichte Vangers kommt Blomkvist dabei nicht nur einer mysteriösen Mordserie auf die Spur, sondern auch der exzentrischen Lisbeth Salander (Mara) näher.

Wie schon bei Noomi Rapace im schwedischen Original liegt auch im US-Remake eine ordentliche Last auf den Schultern der Jungschauspielerin Rooney Mara, die als Salander mit gebleichten Augenbrauen, etlichen Piercings und Irokesen-Frisur nicht nur im Film die Blicke auf sich zieht. Ob sie die großen Fußstapfen ausfüllen könne, wurde vor Veröffentlichung des Films skeptisch gefragt. Die Antwort: Auf ihre eigene Art und Weise schafft es Mara, der Figur neue Aspekte abzugewinnen, ohne Fans der Trilogie – egal ob in Buch- oder Filmform – vor den Kopf zu stoßen. Als starke Frau inmitten undurchsichtiger Verstrickungen und meist schwächerer Männer obliegt es ihr, Blomkvist weiter zu helfen und entscheidende Hinweise zu liefern.

Daniel Craig kann sich zwar optisch als investigativer Journalist mit Brille und einem Faible für zugelaufene Katzen nur Millimeter von seinem “James Bond”-Image entfernen, gefällt aber als leicht tollpatschiger und liebenswürdiger Detektiv mit unerschütterlichem Ego. Auch der restliche Cast ist mit u.a. Robin Wright, Stellan Skarsgard oder einem zutiefst abscheulichen und seiner Rolle somit konsequent entsprechenden Yorick Van Wageningen exzellent besetzt, die stimmige musikalische Untermalung von Trent Reznor und Atticus Ross, die schon für den Fincher-Film “The Social Network” den Oscar-prämierten Soundtrack lieferten, tut das Restliche, um in verschneiten schwedischen Landschaften kein Quäntchen Optimismus oder Sicherheit aufkommen zu lassen.

Fincher bleibt dabei ganz seiner Linie treu, ebenso wie Drehbuchautor Steven Zaillian der Romanvorlage großteils treubleibt und die teils recht unüberschaubare Geschichte ebenso rasant wie nachvollziehbar aufdröselt. Einziges Manko an der vielleicht teils zu stylischen Umsetzung ist der etwas langatmige Einstieg, der bei insgesamt über zweieinhalb Stunden Thriller-Genuss aber leicht zu verschmerzen ist. Mit einem Gespür für das richtige Timing kann speziell die zweite Hälfte des Films das Tempo hochhalten, ohne dabei auf Details und abwechslungsreiche Zwischentöne zu verzichten. Und auch die Chemie zwischen Craig und Mara versprüht an den richtigen Stellen Situationskomik und ein Knistern.

Sieht man sich brutalen Vergewaltigungen und einer gegen Ende immer dichter werdenden Beweislage gegenüber, ist man angekommen im Universum Stieg Larssons und vergisst schnell das Hier und Jetzt. Finchers “Verblendung” präsentiert sich als Adaption, die sich jedenfalls gelohnt hat, auch wenn der 49-jährige Regisseur bis dato mit einer Zusage für die zwei ausstehenden Teile “Verdammnis” und “Vergebung” noch etwas zögert. Zu wünschen wäre es den Fans der “Millennium”-Trilogie allemal.

(APA)

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