“Ich vermute, Sie alle haben ambivalente Gefühle gegenüber Österreich” – mit diesen Worten hat sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen beim Empfang des Jewish Welcome Service an die Überlebenden des Holocaust und deren Nachkommen gerichtet. Dennoch freue er sich, seine Gäste in einem “anderen Österreich” willkommen heißen zu dürfen, so der Bundespräsident am Mittwoch in der Hofburg.
Gegen jeglichen Antisemitismus
Van der Bellen erinnerte in seiner Rede daran, dass Österreich sich “seiner Geschichte lange – zu lange – nicht gestellt” habe. Heute, betonte der Bundespräsident auch, bestehe jedoch ein “breiter Konsens in den Medien, in der Politik, in der Gesellschaft insgesamt, “sich jeglichem Antisemitismus “vehement entgegenzustellen”.
Wie jedes Jahr lud der Jewish Welcome Service auch im Gedenkjahr 2018 aus Österreich vertriebene Juden und deren Nachkommen nach Wien ein. Die Stadt wolle damit die Anerkennung des Leides der Holocaust-Überlebenden und deren Familien zum Ausdruck bringen, so die Generalsekretärin der Organisation, Susanne Trauneck, in einer Aussendung. Die diesjährigen Gäste kommen aus den USA, Israel sowie Großbritannien und sind überwiegend Nachkommen österreichischer Juden in zweiter Generation. Ein Gast, Alice Malcolm aus Glasgow, hat die Vertreibung noch selbst erlebt. Sie wurde 1924 in Wien geboren und ist erstmals seit ihrer Flucht wieder in der Stadt ihrer Kindheit.
Aus Geschichte lernen
In Hinblick auf erstarkende Rechtsparteien in Europa mahnte Hannah Lessing, die Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus, zu anhaltendem Geschichtsbewusstsein: “Gerade wenn die Demokratie fragil und verletzlich erscheint, ist es extrem wichtig, aus der Geschichte zu lernen.”, so Lessing, deren Großmutter in Auschwitz ermordet wurde.
Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, erinnerte an die Opfer antisemitischer Angriffe in Frankreich und Deutschland aus der jüngsten Vergangenheit: “Es sind nicht nur die Politiker, die gegen Antisemitismus aufstehen müssen. Jeder Einzelne ist gefragt, die gesamte Zivilgesellschaft. Wir können etwas verändern, wir können etwas bewirken”, so Deutsch.
(APA/red)