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Ungeliebte Ehefrau in Wien malträtiert: Prozess gegen Mann und Eltern

Der Prozess in Wien wurde vertagt
Der Prozess in Wien wurde vertagt ©APA (Sujet)
Weil er seine ungeliebte Ehefrau monatelang gequält, eingesperrt und ihr gemeinsam mit seinen Eltern Gewalt angetan haben soll, ist am Dienstag ein 23-Jähriger in Wien vor Gericht gestanden.

Der Mann soll die damals 18-Jährige auch vergewaltigt haben. Der Prozess wurde vertagt.

Arrangierte Ehe mit Cousine aus der Türkei

Als der junge Mann 20 Jahre alt wurde, hatte er laut Anklage eine Freundin, die den türkischen Eltern gar nicht zusagte. Also reiste die Familie in ihr Heimatland und arrangierte eine Ehe mit der Cousine des Burschen. Nach der standesamtlichen Hochzeit im Sommer 2012 kehrte der Sohn zunächst ohne seine frisch Angetraute zurück nach Österreich. Im Februar 2013 kam die junge Ehefrau nach, im Mai wurde die rituelle Hochzeit mit 1.000 Gästen gefeiert.

Martyrium der Ehefrau durch Mann und seine Eltern

Von da an durfte die Ehefrau die Wohnung der Schwiegereltern, in der das Paar lebte, nicht mehr verlassen. Sie gab bei der Polizei an, in ihrem Zimmer eingesperrt worden zu sein, kein Essen bekommen zu haben und regelmäßig geschlagen worden zu sein. Nachdem ihr Ehemann in der Hochzeitsnacht laut Staatsanwältin Sabine Rudas-Tschinkel “die Ehe nicht vollzogen” habe, soll ihn die Mutter dazu gedrängt haben. Wenige Wochen nach der Trauung kam er laut Anklage in das Zimmer der beiden, legte eine Decke über den Kopf seiner Frau und vergewaltigte sie. Dabei soll die Mutter in der Tür gestanden sein und das Geschehen beobachtet haben.

Demütigungen und Gewalt führten schließlich zu Anzeige

In den Monaten danach soll es immer wieder zu Demütigungen gekommen sein. Die Familie nahm der Frau den bei der Hochzeit geschenkten Goldschmuck – eine Kette und zehn Armreifen – gewaltsam wieder ab, berichtete die Staatsanwältin. Die Schwiegermutter soll sie drangsaliert haben, indem sie versucht habe, sie mit einem Wischmob zu vergewaltigen. Nach einem längeren Aufenthalt in der Türkei im Sommer 2014 vertraute sich die junge Frau ihrer in Wien lebenden Schwester an. Die beiden gingen im Oktober 2014 zur Polizei und erstatteten Anzeige.

Umfassende Anklageschrift

Neben Vergewaltigung, versuchter Vergewaltigung, Nötigung und Raub wurden die Angeklagten der fortgesetzten Gewaltausübung beschuldigt. Alle drei bekannten sich nicht schuldig und konnten sich die Anschuldigung der Schwiegertochter nicht erklären. Der 23-jährige Sohn sprach davon, dass seine Frau möglicherweise an einer psychischen Krankheit leide. “Sie war körperlich da, aber geistig nicht”, sagte er dem Schöffensenatsvorsitzenden Norbert Gerstberger. Allerdings habe ein Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Karl Dantendorfer ergeben, dass keine Erkrankung vorliege, sagte die Privatbeteiligtenvertreterin.

Gutachter: Opfer “psychiatrisch gesund”

Laut dem Gutachten des gerichtspsychiatrischen Sachverständigen Karl Dantendorfer sei das Opfer “psychiatrisch gesund”. Es sei der jungen Frau zwar bei der etwa zweistündigen Begutachtung psychisch nicht gut gegangen – sie war “weinerlich und verzagt” -, aber eine Erkrankung habe nicht vorgelegen, wie Dantendorfer vor Gericht ausführte.

Die Familie hat nämlich behauptet, dass die Schwiegertochter die Anschuldigungen aufgrund einer psychischen Erkrankung erfunden habe. Dantendorfer wurde dazu auch ein übersetzter Befund eines Psychiaters aus der Türkei übermittelt, der aus dem April 2014 stammt. Dort sei von Klagewehen, Vergesslichkeit, Willenlosigkeit, Angstgefühlen, Schüchternheit und einem “Schlafverfall bei einfachem Sitzenbleiben” die Rede, wie Dantendorfer zitierte.

“Keine psychische Erkrankung”

Eine Diagnose wurde in dem Schriftstück – der österreichische Gutachter geht von einem Ambulanzdeckblatt aus einem Istanbuler Krankenhaus aus – nicht gestellt. “Aus diesem Befund schließe ich keinen Grund für eine psychische Erkrankung”. Es seien damals auch keine Medikamente verordnet worden.

Prozess in Wien wurde vertagt

Der Fall wird das Gericht noch länger beschäftigten. Die angeklagte Mutter wollte mit einem medizinischem Attest widerlegen, der Schwiegertochter mit einem Wischmopp Gewalt angetan zu haben. Zum inkriminierten Tatzeitpunkt litt sie an einer Schulterprellung und wäre zu solchen Gewalttätigkeiten nicht fähig gewesen. Nach mehreren Zeugenaussagen am Nachmittag wurde am Dienstag der Prozess vertagt. Richter Norbert Gerstberger kündigte an, noch “mindestens zwei Verhandlungstage” zu benötigen.

(apa/red)

 

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