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Umfrage: Interesse von Jugendlichen an Politik schwindet

Erschreckend: 85 Prozent aller befragten gaben an, wenig bis gar nicht an Politik interessiert zu sein. 750 Jugendliche im Alter von 12 bis 19 Jahren wurden befragt.

Nur ein verschwindend geringer Teil der österreichischen Jugendlichen ist politikinteressiert. 85 Prozent gaben an, wenig bis gar nicht an Politik interessiert zu sein. Das geht aus einer österreichweiten Fessel-Umfrage im Auftrag des Zweiten Nationalratspräsidenten Michael Spindelegger (V) hervor. 1996 hatten noch 28 Prozent angegeben, an politischen Vorgängen eher stark bis stark interessiert zu sein. Zudem stellte die Studie eine Zunahme des politischen „Entfremdungsgefühls“ zwischen Jugendlichen und politischen Vertretern fest.

Nur mehr 14 Prozent der Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren gaben an, eher stark bis sehr stark an Politik interessiert zu sein. Das ist ein signifikanter Rückgang gegenüber den Vergleichszahlen aus den Jahren 1980 bis 2000. Der Ersteller der Studie, Meinungsforscher Peter Ulram, wies bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Wien darauf hin, dass es in den 80er und 90er Jahren zu einem starken Anstieg des politischen Interesses gekommen war, das nun abflaue. Die Jugendlichen würden heute nur mehr wenig konkrete Verbindungen zwischen ihrer Lebenswelt und der Politik sehen.

Damals, vermutete Ulram, war es zu einem verstärkten „Ablöseprozess von den Eltern“ in Österreich gekommen. Zudem machten das Fernsehen als Massenmedium, neue Jugendzeitschriften mit politischen Inhalten und das Aufbrechen des Zwei-Parteien-Systems Politik zu dieser Zeit attraktiv. Diese Phase ist laut den Daten der Studie vorbei. Hier sei ein „Gewöhnungseffekt“ eingetreten, erklärte der Politikforscher. Zudem fördere das Internet nicht unbedingt das politische Interesse der Jugendlichen. Während man beim Fernsehen „zwangsläufig irgendwann auf politische Inhalte stoße“, können im Internet „auf den ersten Blick uninteressante Inhalte“ leicht mit einem Mausklick weggeschoben werden.

Der Politikforscher verband den deutlichen Interessensschwund auch mit dem Erstarken eines politischen Zynismus. 54 Prozent der Befragten gaben laut der Studie an, „eigentlich nichts von den Parteien“ zu haben. Außerdem zeigten die Daten der Studie deutlich, dass den Parteien am wenigsten Vertrauen im Vergleich mit anderen Institutionen entgegen gebracht wird. Während 62 Prozent der Jugendlichen der Polizei vertrauen, ist laut Ulram ein eindeutiges Misstrauen gegenüber Regierung, Kirche und Parteien zu konstatieren. Nur 18 Prozent vertrauen den Parteien, demgegenüber stehen 50 Prozent, die den Parteien misstrauen.

Ulram wies anhand der Daten auf eine Unzufriedenheit mit der Politik aufgrund der „Streitereien im Parlament“ hin und erklärte das als „Kritik am Populismus“. Allerdings, so zeige die Studie, schlägt die Aversion gegen die Parteien nicht auf das „Gesamtsystem Demokratie“ durch. 65 Prozent der Jugendlichen sind „froh“, in einer Demokratie zu leben, 1996 waren das 68 Prozent.

Der Zweite Nationalratspräsident findet das schwindende Vertrauen der Jugendlichen in die Politik „erschreckend“. Er selbst hatte im Rahmen eines schon im Februar präsentierten “12-Punkte-Programm gegen die Politikverdrossenheit“ die Studie beim GfK in Auftrag gegeben. Seine Schlüsse aus der Studie: Die Jugendlichen müssten in der eigenen Gemeinde aktiv in Entscheidungsprozesse einbezogen werden; der Bund habe sich verstärkt jugendpolitische Themen zu widmen; und das e-voting könne die Wahlbeteiligung bei Jugendwählern heben.

Markus Beyer, Vertreter der Industriellenvereinigung, die die Studie finanziert hatte, forderte die Förderung eines „neuen Idealismus“ in der Jugend. Eine breit angelegte „Wertediskussion“ müsse die Jugendlichen stärker in Politik und Wirtschaft einbinden. Mehr Aufmerksamkeit müsste Menschen aus „bildungsfernen Schichten“ oder mit Migrationshintergrund entgegen kommen.

Das GfK-Austria führte für diese Umfrage zwischen dem 23. Juli und 18. August 2007 durch. Mit 750 Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren in ganz Österreich wurden persönliche Interviews durchgeführt.

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