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Udo Proksch - Out of Control

Noch immer leuchten die Augen der Gesprächspartner, wenn sie über "den Udo" erzählen. Das ist vielleicht der größte Verdienst von "Out of Control", Robert Dornhelms Dokumentation über Udo Proksch (1934-2001), die am Freitag im Kino anläuft: Sie macht die Intensität des Charismas dieses in allen Farben schillernden Paradiesvogels noch in ihrer Nachwirkung deutlich.
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Und sie zeigt, wie leicht selbst höchste politische Repräsentanten auf einen mit Charme, Frechheit und Verführungskunst ausgestatteten Hochstapler und Manipulator hineinfallen. Eine klare Distanzierung zu dem 1990 wegen sechsfachen Mordes und Mordversuches Verurteilten will auch neun Jahre nach seinem von einer Herztransplantation verursachten Tod niemandem über die Lippen.

Ästhetisch erinnert Dornhelms Kinofilm an die Hochblüte des österreichischen Fernsehens, an Freiräume wie “Kunst-Stücke”, in denen sich Akribie, Aktualität und Experiment verbanden. Wie in einer Collage schiebt der Regisseur viele Ebenen übereinander, um dem ständig wechselnden Bild dieses Chamäleons zwischen Frauenfreund und Verbrecher, Freigeist und Militarist, Künstler und Erfinder gerecht zu werden. Die Kamera unternimmt eine Expedition in Prokschs Gehirn, ohne Aufklärung darüber bringen zu können, ob hier ein Genie oder ein Monster seine Ideen ausbrütete.

Unzählige Interviews mit ehemaligen Frauen, Freunden und Bekannten – von Erika Pluhar, Gerd Bacher, Helmut Zilk und Niki Lauda bis Karl Blecha, Karl Schwarzenberg, Teddy Podgorski und Peter Daimler – versuchen damalige Faszination und heutiges Wissen in Einklang zu bringen. Umfangreiches Archivmaterial belegt die an Größenwahn grenzende Selbstdarstellung von Proksch und seine Selbststilisierung zum Gesamtkunstwerk, Ausschnitte seiner Spielfilmversuche (wie “Simplicius Simplicissimus” mit Erika Pluhar, Marisa Mell und Kurt Kalb) zeigen künstlerischen Dilettantismus, mit Gefängnisaufnahmen und Bild-Montagen unterlegte Briefzitate einen sensiblen, verletzlichen Menschen. Mal sieht man Uniform-Fanatiker Proksch bei absurden, vom Österreichischen Bundesheer und dem damaligen Verteidigungsminister Karl Lütgendorf unterstützten Kriegsspielen, im nächsten Augenblick den selbst ernannten Designer bei der Arbeit.

Einen “innovativen Wahnsinnigen”, nennt ihn Niki Lauda, einen “bunten Hund” Erika Pluhar, ein “Schlitzohr” Karl Schranz. Doch jene Unternehmungen Prokschs, bei denen der bizarre Querdenker und Netzwerker Sprengsätze im politischen Establishment der Republik deponierte, der “Club 45” und der “Fall Lucona”, bleiben eher Randerscheinungen. Politiker begaben sich in dem seltsamen Herrenclub oberhalb des Demel offensichtlich nicht nur bereitwillig in Prokschs Fänge, sondern auch in verfängliche Situationen (die dabei entstandenen Erpresser-Fotos soll Prokschs Frau Daphne Wagner vernichtet haben). Dieselben Herren hatten später im Zuge der nie restlos aufgeklärten Schiffs-Versenkung reihenweise Mühe, nicht ebenfalls in die Tiefe gerissen zu werden. Das alles näher zu beleuchten, wäre möglicherweise ein anderer Film. Aber wohl der ungleich brisantere.

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